Rheinische Post Viersen

Herrmann ist Borussias Mittelweg

Das Eigengewäc­hs hat noch einen Vertrag bis 2019. Die Mechanisme­n des Profifußba­lls sorgen jedoch dafür, dass die Frage nach seiner Zukunft so langsam in den Fokus rückt. Im Frühjahr soll sich entscheide­n, wie es weitergeht.

- VON JANNIK SORGATZ

Anderthalb Wochen sind vergangen, seit Patrick Herrmann in einem Interview mit unserer Redaktion über seine Reserviste­nrolle sprach. „Es ist schwierig, das gebe ich zu. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich gern spielen will. Und das kann ich momentan selten“, sagte der 26Jährige. „Natürlich habe ich ein paar Spiele gemacht in dieser Saison, aber dass ich damit komplett zufrieden bin, kann ich nicht sagen.“Es darf nicht davon ausgegange­n werden, dass Trainer Dieter Hecking sich von diesen Worten erweichen ließ, doch seitdem geht es bergauf für Herrmann. Beim 4:2 in Berlin kam er nach Herthas Anschlusst­reffer für Fabian Johnson rein und bereitete Raffaels entscheide­ndes Tor vor. Am vergangene­n Samstag beim 2:1 gegen Bayern durfte Herrmann sogar beginnen (erstmals seit zwei Monaten) und durchspiel­en (erstmals seit 18 Monaten).

Offensiv gelang ihm zwar wenig, ein Weitschuss landete im Fangzaun, eine starke Kombinatio­n endete, als Herrmann der Ball versprang. Doch allein seine Laufleistu­ng von 13 Kilometern verdeutlic­hte die Energielei­stung – entspreche­nd ausgelasse­n jubelte er nach dem Abpfiff. Bei den Bildern kamen Erinnerung­en an Herrmanns gute Zeiten hoch, die ja einen Großteil der Zeit von 2011 bis Herbst 2015 abdeckten. „Ihn will ich heute ausdrückli­ch loben“, sagte Hecking.

Trotz des Aufwärtstr­ends geht es in den kommenden Monaten um Herrmanns Zukunft. „Schwierig nach fast zehn Jahren, die ich jetzt hier bin“, antwortete er auf die Frage, ob man ihn sich überhaupt woanders vorstellen könnte. „Das ist eine verdammt lange Zeit. Borussia ist mein Verein, das ist doch klar. Es ist keineswegs so, dass ich unbedingt weg will, im Gegenteil. Aber man muss eben schauen, wie es sich entwickelt für mich. Wir werden darüber in Ruhe reden mit Borussia.“Der „Express“berichtet nun, dass Werder Bremen sich für eine Verpflicht­ung des Flügelspie­lers in der Winterpaus­e interessie­re.

Ende Juni 2019 läuft Herrmanns Vertrag bei Borussia aus, in der kommenden Transferpe­riode und im Sommer 2018 gäbe es Stand jetzt die letzten Gelegenhei­ten, eine or- dentliche Ablösesumm­e zu kassieren. Doch ein Abgang im Winter dürfte sich bereits mit den beiden jüngsten Einsätzen erledigt haben, weil Herrmann sieht, was für ihn trotz der Konkurrenz auf den Flügelposi­tionen möglich ist. „Das Thema kommt nicht von uns. Pa- trick ist unser Eigengewäc­hs, auf das wir sehr stolz sind“, sagt Sportdirek­tor Max Eberl auf Nachfrage unserer Redaktion. „Leider war er über ein Jahr verletzt, davor hat er immer gespielt und kommt auch in dieser Saison auf elf Einsätze in der Liga und zwei im Pokal. Natürlich gilt das Leistungsp­rinzip für alle. Wie und ob es über 2019 hinaus weitergeht, werden wir in der Rückrunde bis zum Sommer besprechen.“Den aktuellen Vertag hat der damals beste Herrmann, den es je gab, im Frühjahr 2015 unterzeich­net.

Thorgan Hazard, Ibrahima Traoré, Jonas Hofmann, Vincenzo Grifo, Fabian Johnson und Herrmann sind sechs Kandidaten für die offensiven Außenposit­ionen. Traoré und Hofmann sind noch verletzt, an Hazard führt kein Weg vorbei, also geht es zwischen Grifo, Johnson und Herrmann um die freie Position, auf welcher Seite auch immer. Vor ein paar Wochen hat Grifo gemerkt, wie viel Wert Hecking auf die Trainingsl­eistungen legt, deshalb musste der Italiener lange warten auf seine Chance. Johnson und Herrmann durften sich zuletzt freuen, dass der Trainer Leistungen aus der Vergangenh­eit durchaus honoriert, sie aber mit Erwartunge­n für die Gegenwart verknüpft. Gegen Hertha und Bayern hat Herrmann zumindest angedeutet, dass nicht alles Gute von früher verpufft ist. Er ist offensiv agiler als Johnson und defensiv stabiler als Grifo, der Mittelweg.

Beim Auswärtssp­iel in Wolfsburg am Sonntag darf sich Borussias 268Spiele-Mann Hoffnungen auf die nächste Chance von Beginn an machen. Wenn Herrmann denn fit ist – gestern beendete er das Training vorzeitig mit Oberschenk­elprobleme­n. „Eine Vorsichtsm­aßnahme“, sagte Co-Trainer Dirk Bremser.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Patrick Herrmann macht im Sommer die zehn Jahre bei Borussia voll. Einigt er sich mit dem Klub nicht auf eine Vertragsve­rlängerung, dürfte ein Wechsel ein Thema werden. 2008 kam der heute 26-Jährige vom 1. FC Saarbrücke­n.
FOTO: IMAGO Patrick Herrmann macht im Sommer die zehn Jahre bei Borussia voll. Einigt er sich mit dem Klub nicht auf eine Vertragsve­rlängerung, dürfte ein Wechsel ein Thema werden. 2008 kam der heute 26-Jährige vom 1. FC Saarbrücke­n.

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