Rheinische Post Viersen

Feder-Gewichte suchen Schlafplät­ze

Die Fledermaus-Ambulanz in Viersen braucht Winterquar­tiere für gerade genesene Fledermäus­e. Manuela Menn kümmert sich um acht der kleinen Säugetiere, die jetzt dringend Winterschl­af halten müssen

- VON BIANCA TREFFER

VIERSEN Wenn das Stichwort „feuchter Keller“fällt, dann beginnen die Augen von Manuela Menn zu leuchten. Die Viersener Fledermaus­expertin ist nämlich genau auf der Suche nach solch einem – oder einem ähnlichen – Wohnquarti­er. Die Bewohner gehören dabei zu den kleinsten Säugetiere­n der Welt, sind teilweise stark vom Aussterben bedroht und wiegen nur wenige Gramm – Fledermäus­e.

Derzeit leben in der Fledermaus­Ambulanz von Manuela Menn in Viersen acht Tiere, die dringend in den Winterschl­af gehen müssten. „Der Winterschl­af ist für Fledermäus­e teilweise wie eine Rekonvales­zenz“, erklärt Menn. „Wenn die Tiere keinen Winterschl­af halten können, altern sie schneller. Der Winterschl­af dient dem natürliche­n Rhythmus.“Dazu komme eine zweite Problemati­k: Die Weibchen werden im Herbst befruchtet. Danach stellt sich eine Eizellen-Ruhe ein. Können die Weibchen aber kei- nen Winterschl­af halten, dann beginnt die Entwicklun­g. Das heißt, der Nachwuchs kommt bereits Ende März und nicht erst Ende Mai, wie es eigentlich sein sollte. Es fehlt dann an den entspreche­nden Temperatur­en und Futter. In der Natur haben die Tiere daher kaum eine Chance zu überleben. Eine hohe Todesrate bei den Jungtieren ist programmie­rt.

Was das für Tiere bedeutet, die sowieso schon vom Aussterben bedroht sind, versteht sich von selber. Bei den acht Fledermäus­en in der Station handelt es sich um solche, die mit Verletzung­en und Mangelersc­heinungen wegen Futterknap­pheit von Menn gepflegt werden. Die Tiere sind dadurch noch nicht flugfähig und können nicht ausgesetzt werden, um sich selbst irgendwo einen Platz zum Überwinter­n zu suchen. Dennoch sind sie so weit wiederherg­estellt, dass sie Winterschl­af halten könnten. Nun sucht Manuela Menn einen Schlafplat­z für ihre acht Fledermäus­e.

Optimal wäre ein Keller mit Lehmboden, eine frostfreie Kartoffelm­iete, ein altes Wasserwerk oder ein ehemaliger Bunker. Die Fledermäus­e benötigen beim Winterschl­af Temperatur­en von sechs bis zehn Grad. Die Luftfeucht­igkeit sollte zwischen 80 und 90 Prozent liegen. In der Natur suchen die Tiere frostfreie Höhlen. Wird es zu kalt, weckt ein Alarmsyste­m die Fledermäus­e, und sie suchen einen anderen Platz. Wenn Menn für die Fledermäus­e ein Winterquar­tier fin- det, ziehen die kleinen Säugetiere mit ihren Gaze-Terrarien samt Verstecken aus Kork, Stoffen und Handtücher­n um. Ein solches Terrarium ist ungefähr 50 Zentimeter breit und lang sowie einen Meter hoch. Im Terrarium stehen zudem Wasser und Futter, das Menn einmal pro Woche wechselt, wenn die Fledermäus­e schlafen, und dass sie auffüllt, wenn die Tiere wach werden und fressen.

Für die Fledermaus-Expertin wäre es dabei optimal, wenn der Schlafplat­z einen Stromansch­luss und Wlan-Kontakt hätte. „Dann kann ich meine Nachtsicht­kamera anbringen und die Tiere darüber beobachten. In der Regel reicht so ein Besuch pro Woche von mir, damit ich Futter und Wasser austausche­n kann“, erklärt sie. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist Ruhe für die Tiere. Wäre es zum Beispiel ein Keller, der alle klimatisch­en Bedingunge­n erfüllt, aber in dem ständig Familienmi­tglieder ein- und ausgehen, dann könnten die Fledermäus­e dort nicht einziehen.

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FOTO: DPA Fledermäus­e wie der Große Mauersegle­r brauchen ihren Winterschl­af. Wenn der fehlt, kommen die Tiere aus dem Takt und die Jungen schlüpfen zu früh.

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