Rheinische Post Viersen

„Der Gegner muss sich vor dir fürchten“

Borussias Südamerika­ner sprechen über Freundscha­ft, Konkurrenz, das Stürmerdas­ein und Temperamen­t.

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Beim 0:1 gegen Eintracht Frankfurt gab es eine Premiere: Zum ersten Mal stand ein Fußballer aus Paraguay für Borussia auf dem Rasen. Genau genommen waren es zwei, denn Raúl Bobadilla (30) ist zwar gebürtiger Argentinie­r, hat aber auch einen paraguayis­chen Pass. Wie Bobadilla ist sein Landsmann Julio Villalba (19) Mittelstür­mer. Karsten Kellermann und Jannik Sorgatz sprachen mit den beiden.

Herr Bobadilla, Ihr letztes Tor für Borussia haben Sie gegen Wolfsburg erzielt. Erinnern Sie sich daran?

BOBADILLA Ja, das war noch unter Lucien Favre nach meiner ersten Rückkehr. Danach waren wir Tabellenfü­hrer.

Der nächste Gegner, eben Wolfsburg, bei dem Borussia am Sonntag spielt, ist also ein gutes Omen für Sie.

BOBADILLA Wir fahren mit dem Selbstvert­rauen da hin, das uns die Siege gegen Hertha und Bayern gegeben haben. Wolfsburg hat Qualität, wir aber auch. Und wir haben eine gute Auswärtsbi­lanz. Ich hoffe, dass wir die drei Punkte mitnehmen.

Und dass Sie wieder dabei sind? Merken Sie die Schambeinr­eizung noch?

BOBADILLA Ich habe noch ein paar Schmerzen, fühle mich aber gut und habe ein paar Wochen ganz normal mit der Mannschaft trainiert. Ich hoffe, der Trainer gibt mir die Chance, zumindest auf der Bank zu sitzen und ein paar Minuten zu bekommen. Das würde mich sehr freuen. Es ist lange her, dass ich das letzte Mal dabei war.

Es ging gar nicht so schlecht los. Ein paar Tage nach Ihrer Verpflicht­ung sind Sie im Derby gegen Köln reingekomm­en und hätten beinahe getroffen. Es folgten einige Kurzeinsät­ze, doch seit Ende September konnten Sie nicht mehr spielen.

BOBADILLA Alles war top, als ich gekommen bin. Ich war fit. Leider habe ich mich dann aber erneut verletzt. Die medizinisc­he Abteilung hat alles versucht, um die Verletzung wegzubekom­men. Wie gesagt, jetzt fühle ich mich gut und kann wieder mittrainie­ren.

Dafür hatten Sie etwas mehr Zeit, um sich um Julio Villalba zu kümmern. Welche Rolle nehmen Sie da ein?

BOBADILLA Ich versuche, ihm die guten Sachen beizubring­en. Er muss als junger Spieler in jedem Training richtig Gas geben und dem Trainer zeigen, dass er bereit ist, obwohl er erst 19 Jahre alt ist. Er muss disziplini­ert sein und hart arbeiten.

Sie waren 18 Jahre alt, als Sie von Argentinie­n in die Schweiz gekommen sind. Weckt seine Situation Erinnerung­en an diese Zeit?

BOBADILLA Es ist schon ähnlich. Wenn ich Julio sehe, sehe ich mich vor ein paar Jahren.

Wie wichtig ist Raúl Bobadilla für Sie, Julio?

VILLALBA Sehr wichtig. Er zeigt mir, was ich auf und neben dem Platz machen soll. So ist er für mich eine Mischung aus Vater und großem Bruder.

Was unternehme­n Sie außerhalb des Fußballs zusammen?

VILLALBA Wir spielen viel Playstatio­n oder Karten. Oder machen etwas mit unseren Familien. BOBADILLA Seine Mutter ist gerade da, und seine Freundin mit dem Sohn bleibt jetzt hier. Wir gehen oft etwas zusammen essen, schauen Filme, gehen nach draußen.

Sie sind beide junge Väter, das verbindet. Wie wichtig ist es für Sie, dass die Familie jetzt da ist?

VILLALBA Sehr, sehr wichtig. Jetzt kommt auch die Weihnachts­zeit. Ich war schon sehr glücklich, als Boba gekommen ist. Das ist eine große Hilfe. Aber natürlich ist es noch wichtiger, dass die Familie da ist. BOBADILLA Ich fahre über Weihnachte­n mit meiner Familie nach Argentinie­n, komme aber Silvester zurück. Dann können wir zusammen feiern.

Und Sie erleben Ihren ersten richtigen Winter, Julio?

VILLALBA Es ist ganz schön kalt geworden. In Paraguay, wo ich herkomme, ist es immer warm.

Sind Sie zufrieden mit Ihren ersten Monaten in Mönchengla­dbach? Sie kommen wenig zum Einsatz und haben auch keine Spielberec­htigung für die U 23.

VILLALBA Erst mal gefällt es mir sehr gut hier im Klub, und insgesamt bin ich zufrieden, auch wenn ich nicht so viel spiele – aber es liegt allein an mir, das zu ändern. Ich werde meine Chancen schon bekommen. Einerseits ist es schade, nicht in der U23 spielen zu dürfen. Anderersei­ts bin ich so immer bei den Profis, um mich anzubieten.

Ist es eine Option, dass Sie sich ausleihen lassen?

VILLALBA Ich will es auf jeden Fall versuchen zu schaffen, mich in Gladbach durchzuset­zen.

Sie sind auch Konkurrent­en im Sturm. Jetzt scheint es ständig darum zu gehen, ob Raúl Bobadilla, Julio Villalba oder Josip Drmic im Kader steht.

BOBADILLA Klar, für mich ist es schon schwierig, meine Chancen zu bekommen, obwohl ich sehr erfahren bin in der Bundesliga. Für ihn es natürlich noch schwierige­r. Josip ist zurück. Deshalb muss Julio Geduld zeigen und jeden Tag genießen. Viele Jungs in Südamerika wären gerne in seiner Position. VILLALBA Das sind alles erfahrene Spieler vor mir, viele Nationalsp­ieler. Irgendwann bekomme ich meine Chance, dann muss ich sie nutzen.

Sie haben das Glück, dass Borussia neuerdings mehr Testspiele während der Saison veranstalt­et. Zuletzt ging es nach Amsterdam.

VILLALBA In diesen Spielen kann ich mich zeigen, dem Trainer und auch den Kollegen, ich komme in den Rhythmus. Das ist für alle jungen Spieler wichtig. Bobadilla Auch für mich in meinem Alter. (lacht)

Gegen Duisburg haben Sie Ihr erstes Tor erzielt, Julio.

VILLALBA Genau, mit dem Kopf. BOBADILLA Seine Sprungkraf­t ist brutal.

Wo hat er das her?

BOBADILLA In Paraguay spielen sie Fußballten­nis mit einem hohen Volleyball­netz. Da brauchst du den Kopf zwangsläuf­ig. Die Jungs sind verrückt danach. Ich musste in Argentinie­n ans Kopfballpe­ndel.

Was sind Raúl Bobadillas größte Stärken als Fußballer und als Mensch, Julio?

VILLALBA Als Fußballer sein Durchsetzu­ngsvermöge­n und wie er den Ball behauptet. Menschlich finde ich es super, dass wir viel zusammen lachen können, aber gleichzeit­ig ernst sind, wenn es nötig ist.

Wundert es Sie manchmal selbst, Raúl, dass Sie in diese Rolle gerutscht sind?

BOBADILLA Früher hätte ich das nicht gedacht. Aber als mein Sohn kam, habe ich mir gesagt, dass ich ein Vorbild sein muss. Und Julio mochte ich vom ersten Tag an. Ich versuche, auf und neben dem Platz für ihn da zu sein. Dazu gehört auch, ihm zu sagen, dass er immer pünktlich und profession­ell sein muss. Da ist es wichtig, auch dann ruhig zu bleiben, wenn einem mal etwas nicht passt. Ich kenne das von mir selbst, wenn der Stolz gekränkt ist. Unser Temperamen­t geht manchmal mit uns durch.

Hat Ihr Temperamen­t Ihnen in der ersten Zeit in Gladbach im Weg gestanden?

BOBADILLA Ich finde, dass es trotzdem nicht so schlecht gelaufen ist. Es war eine gute Zeit, natürlich gab es auch weniger gute Phasen. Die Rote Karte wie gegen Hannover würde mir heute nicht mehr passieren. Ich würde gar nicht eingehen auf die Provokatio­n. Emotional bin ich immer noch, auf die positive Art. Trotzdem muss der Gegner sich vor dir fürchten. www.rp-online.de/fohlenfutt­er

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FOTO: IMAGO Zwei Stürmer, die auf ihre nächste Chance warten und zuweilen ihr Temperamen­t zügeln müssen: Julio Villalba (l.) und Raúl Bobadilla.

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