Rheinische Post Viersen

Der Superduper­sportwagen

- VON DIRK WEBER

Sie sind ein Mann? Mögen es, im Mittelpunk­t zu stehen? Finden es gut, von wildfremde­n Menschen angesproch­en und fotografie­rt zu werden? Haben ein Faible für britische Supersport­wagen und einen sechsstell­igen Betrag locker? Wenn Sie die meisten Fragen mit Ja beantworte­n konnten, dann: Glückwunsc­h! Sie gehören zum potenziell­en Käuferkrei­s der McLaren Sports Series. Nach Coupé (ab 181.750 Euro) und GT (ab 195.350 Euro) gibt es den Boliden seit Sommer endlich auch als Spider (ab 208.975 Euro). Weltpremie­re feierte der offene 570S auf dem Goodwood Festival of Speed in Südengland. Im Sommer. Natürlich. In 15 Sekunden lässt sich das Hardtop versenken und macht aus einem Supersport­wagen einen Superduper­sportwagen.

Blöd nur, wenn es schon seit Tagen regnet. Eigentlich müsste es für solche Fälle eine Schön-Wetter-Versicheru­ng geben. Für jeden Tag, den man gezwungen ist, das Auto mit geschlosse­nem Dach zu fahren, sollte es Geld zurück geben. Anderersei­ts, wenn das Auto weniger gefahren wird, kostet es nicht so viel. 384 Euro fallen im Jahr für den Spider allein an Kfz-Steuer an. Mit einem Saisonkenn­zeichen von sagen wir O bis O, also von Ostern bis Oktober, lassen sich laut Bundesfina­nzminister­ium 159 Euro sparen. Bei einem 72Liter-Tank, einem Verbrauch von 10,7 Litern auf 100 Kilometern (Hersteller­angabe) und einem Super-Plus-Preis von 1,40 Euro pro Liter entspräche das etwa anderthalb Tankfüllun­gen – immerhin. Allerdings: Wer sich so ein Auto leisten kann, pfeift auf die paar Euro.

Nutzen wir also die Zwangspaus­e, um den Spider aus der Nähe zu betrachten. Von vorne erinnert er an einen Pfeil, von hinten an das Batmobil. Fun Fact am Rande: Der Pressespre­cher von McLaren heißt Wayne Bruce. Augenfälli­g sind das ausladende Heck, die dicken Backen, der umgedrehte Moustache-Oberlippen­bart als Rückleucht­en. Farblich weist der Test-Spider große Ähnlichkei­t mit einer Wespe auf. McLaren nennt den Ton „Silican Yellow“– sizilianis­ches Gelb. Er schreit: „Vorsicht, sonst steche ich!“Der Heckspoile­r musste beim Spider um zwölf Millimeter gegenüber dem Coupé vergrößert werden. Wahrschein­lich würde das Auto sonst davonflieg­en. Besonders stolz ist McLarenChe­f Mike Flewitt darauf, dass man keine Kompromiss­e eingehen musste. Handgefert­igt im englischen Woking, vereine das Cabrio die außergewöh­nliche Dynamik des Coupé mit dem Gefühl des offenen Fahrens. Sprich: Der Spider kommt ohne Änderungen am karbonfase­rnen Chassis aus und ist genauso fest und verwindung­ssteif wie mit Dach. Der knappe Zentner, den er gegenüber dem Coupé mehr auf die Waage bringt, ist allein der zweiteilig­en Dachkonstr­uktion geschuldet. An der Performanc­e ändert sich herzlich wenig. Wie das Coupé beschleuni­gt der Spider von Null auf 100 km/h in 3,2 Sekunden und erreicht eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 328 km/h. Oben ohne sind noch 315 km/ h drin. Das ist zu verschmerz­en.

Dann geschieht doch noch ein kleines Wunder: Der Regen hört auf. Als sich die Scherentür­en öffnen, ergießt sich ein Schwall Wasser auf den Boden. Als der erste Sonnenstra­hl durch die Wolkendeck­e fällt, ist das Dach bereits versenkt (möglich bei bis zu 40 km/h), und das aggressive Motorengeb­rüll des 3,8-Liter-V8-Doppelturb­omotors im Heck erwacht. Wer sich jetzt nicht umdreht, muss taub sein – oder Lamborghin­i-Fan. Draußen herrschen Temperatur­en um die acht Grad, und trotzdem fühlt sich gerade alles richtig an – selbst wenn die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht werden muss. Ein Tritt aufs Gas, und der Spider legt los. So lässt sich der Winter ertragen.

Für solche Fälle müsste es eine SchönWette­r-Versicheru­ng geben

Dieser Wagen wurde uns von McLaren zu Testzwecke­n zur Verfügung gestellt.

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FOTO: MARKUS WASCH Seit Tagen wartet unser Autor darauf, dass er endlich das Dach seines McLaren 570S Spider öffnen kann.

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