Rheinische Post Viersen

Die Künstler können auch Stabilität

Nach Tony Jantschkes Verletzung spielte der Franzose Michael Cuisance mit Denis Zakaria auf der Sechs. Das junge Duo kriegte die Balance gut hin. Auch Startelf-Rückkehrer Vincenzo Grifo war einer der auffällige­ren Borussen beim 0:3.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Es gab vermutlich verschiede­ne Gedankensp­iele bei Borussias Trainer Dieter Hecking, wie er das Spiel beim VfL Wolfsburg (0:3) angehen könnte. Eines davon war möglicherw­eise die künstleris­ch angehaucht­e Variante mit Michael Cuisance auf der Sechs neben Denis Zakaria. Letztlich entschied sich Hecking aber für den konservati­veren Ansatz – mit Matthias Ginter als Ersatz für den nach der Schädelpre­llung noch nicht einsatzfäh­igen Christoph Kramer und Tony Jantsche als Ergänzung der defensiven Viererkett­e. Nach 31 Minuten nahm aber das Schicksal seinen Lauf und änderte des Trainers Konzept: Jantschke hatte „einen Schatten auf dem rechten Auge“, vorher war er auf den Kopf gestürzt. Er musste raus (Hecking gab aber schon Entwarnung), Ginter ging zurück in die Viererkett­e, Cuisance kam.

39 Jahre war das Gladbacher Zentrum nun alt, und die Frage war: Würden Zakaria (21) und Cuisance (18) die nötige Mischung aus Stabilität und Kreativitä­t hinkriegen? Cuisance ist eben mehr Achter oder gar Zehner als Sechser, zudem ist er getrieben vom jugendlich­en Elan, der ihn zuweilen die nötige Vorsicht ausblenden lässt. So war es bei seinen letzten beiden Startelf-Einsätzen gegen Leverkusen (1:5) und beim Pokalspiel in Düsseldorf (1:0) gewesen, was das Gesamtkons­trukt doch etwas destabilis­ierte.

Doch der Franzose hat die Pause offenbar genutzt, um sich fortzubild­en in Sachen defensiv-taktischer Finesse. Er und Zakaria machten einen ordentlich­en Job in Wolfsburg, von dem Moment an, als die beiden gemeinsame Sachen machten, war Borussia kaum noch anfällig für Konter wie den beim 0:1, als Ginter wenig konsequent verteidigt­e gegen Yunus Malli und dem Ex-Gladbacher so die Initialisi­erung des ersten Wolfsburge­r Tores gönnte. In der neuen Konstellat­ion hatte Borussia das Spiel weit besser im Griff, zumal Cuisance nicht nur bei seinem Hackentric­k-Pass auf Raffael nach der Pause sein fußballeri­sches Geschick zeigte.

Davon hat auch Vincenzo Grifo einiges abbekommen. Der Italiener hatte beim 3:1 in Hoffenheim sozusagen eine Komplett-Schau seiner Leistung-Palette dargeboten, und auch in Wolfsburg gehörte er zu den aktivsten Borussen. Bei Grifos Freistoß nutzte Koen Casteels jeden der 197 Zentimeter, die er misst, um den Schuss des Italieners abzuwehren. Ein weiterer Schussvers­uch Grifos war zu wenig platziert. Und als Thorgan Hazard seine Hereingabe ins Tor bugsierte, stand der Belgier im Abseits.

Grifo spielte engagiert, doch unter dem Strich galt für ihn, was für das gesamte Gladbacher Team galt: „Wir hatten viel Ballbesitz, haben den Ball gut laufen lassen – aber vorn es hat die letzte Konsequenz gefehlt, der letzte Pass, der letzte Ab- schluss“, sagte Grifo. Er arbeitete nebenbei auch seriös nach hinten – ein Aspekt, der im Portfolio eines Flügelspie­lers heute nicht mehr fehlen sollte. „Ich habe mich gut gefühlt“, versichert­e Grifo.

Dass er am Samstag gegen Schalke wieder mitwirken darf als Pendant zum stets gesetzten Thorgan Hazard, ist aufgrund der personelle­n Situation auf dem Flügel – Ibo Traoré, Jonas Hofmann und Patrick Herrmann fehlen – nicht unwahrsche­inlich. Fabian Johnson hat zwar ein hohes Ansehen als Struktursp­ieler, ist aber in dieser Saison noch nicht angekommen. Auf der Sechs dürfte Cuisance weichen müssen, wenn Kramer zurückkehr­t. Fehlt der aber erneut, könnte die „KünstlerVa­riante“dieses Mal der Plan A sein für Hecking. Denn immerhin diese positive Erkenntnis nahm der Trainer aus Wolfsburg mit: Auch seine Feingeiste­r können Stabilität.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Nach vorn, die Herren: Michael Cuisance sagt in dieser Szene Lars Stindl und Vincenzo Grifo an, wo es lang geht.

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