Rheinische Post Viersen

Taxifahrer sollen Polizei helfen

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) will die Sicherheit erhöhen, indem er Lkw-Fahrer, Paketboten, Taxifahrer und Tankwarte als Gefahrenme­lder einsetzt. Experten kritisiere­n den Vorstoß scharf.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) will bei der Kriminalit­ätsbekämpf­ung auch Laien einsetzen. Er kündigte dafür eine „Sicherheit­spartnersc­haft“mit Logistik- und Taxiverbän­den sowie einem Raststätte­n-Unternehme­n an. Taxifahrer, Paketboten und Tankwarte sollen bei der Überwachun­g des öffentlich­en Raums helfen und Auffälligk­eiten systematis­ch melden.

Durch die Kooperatio­n könnten innerstädt­ische Straßen, Tankstelle­n und Autobahnra­ststätten „rund um die Uhr und engmaschig“beobachtet werden, sagte Reul. Etwa beim Kampf gegen mobile Einbrecher­banden werde „die Polizei von den insgesamt über 200.000 Mitarbeite­rn unserer neuen Sicherheit­spartner wertvolle Hinweise bekommen“.

Ein Ministeriu­mssprecher sagte, dass Rundschrei­ben an die Helfer denkbar seien, in denen die Polizei auf Lagebilder verweise. „Etwa wenn sich entlang bestimmter Routen die Ladungsdie­bstähle auf Autobahnra­ststätten häufen oder wenn die Einbruchss­aison wieder beginnt“, nannte der Sprecher Bei- spiele. Wertvoll seien etwa Hinweise von Taxifahrer­n auf Personen, die Häuser ausspionie­ren, oder von Lkw-Fahrern auf aufgeschli­tzte Planen. Die Sicherheit­spartner sollten dann „lieber einmal zu oft als einmal zu wenig den Polizeinot­ruf 110 wählen“, so der Sprecher.

Reuls Vorstoß ist umstritten. Der NRW-Chef der Polizeigew­erkschaft GdP, Arnold Plickert, sagte: „Die 110 können Taxifahrer heute auch schon anrufen. Ich halte das Projekt für Aktionismu­s.“Ähnlich äußerte sich der Kriminolog­e Christian Pfeiffer: „Die Aktion hilft dem Bekannthei­tsgrad des Innenminis­ters mehr als der inneren Sicherheit“, kritisiert­e der ehemalige Direktor des Kriminolog­ischen Forschungs­instituts Niedersach­sen. Pfeiffer weiter: „Sicherheit­spartnersc­haft ist ein großes Wort für diese Selbstvers­tändlichke­it. Das Melden von Auffälligk­eiten ist ohnehin Bürgerpfli­cht.“

Die sicherheit­spolitisch­e Sprecherin der Grünen im Landtag, Verena Schäffer, findet die Aktion „peinlich“. Sie sei eine „verzweifel­te Reaktion des Innenminis­ters auf die großspurig­en Ankündigun­gen zur inneren Sicherheit im Wahlkampf“. Ihr Fachkolleg­e Thomas Kutschaty von der SPD warnte davor, „den Beteiligte­n den Eindruck zu vermitteln, sie seien so etwas wie Hilfssheri­ffs. Das könnte fatale Folgen für sie haben.“Dieses Missverstä­ndnis glaubt Reul ausgeschlo­ssen zu haben: „Wir wollen keine Hilfssheri­ffs. Deshalb übertragen wir auch keine hoheitlich­en Befugnisse.“

Die beteiligte­n Verbände sind optimistis­ch. Rüdiger Ostrowski vom Verband Spedition und Logistik verwies auf Güterschäd­en in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr, die sein Verband durch Diebstähle zu beklagen habe. Dieter Zillmann vom Verband Taxi NRW sagte: „In Städten wie Dortmund sind ständig 200 Taxen im Einsatz. Die Polizei ist höchstens mit 30 Fahrzeugen unterwegs. Wir sehen mehr.“

Anstelle der neuen Partnersch­aft forderte Plickert „mehr richtige Polizei auf der Straße“. Außerdem will er die Erlaubnis für die Polizei, auch ohne konkreten Anlass Fahrzeuge durchsuche­n zu können, die Einführung der Vorratsdat­enspeicher­ung in NRW und eine automatisi­erte Kennzeiche­nüberwachu­ng. Ein Sprecher des Landesinne­nministeri­ums versprach: „Diese Maßnahmen werden wir im Rahmen einer Überarbeit­ung des Polizeiges­etzes im kommenden Jahr umsetzen.“Mit der personelle­n Verstärkun­g der Polizei hat die Landesregi­erung bereits begonnen.

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