Rheinische Post Viersen

Beinahe ein Meisterwer­k

Der zweite Teil der neuen Star-Wars-Trilogie ist witzig und actiongela­den. Aber die Story verschluck­t sich an ihrem hohen Tempo.

- VON LUDWIG JOVANOVIC

DÜSSELDORF Manche Filme lassen sich zu Beginn etwas Zeit. „Star Wars: Die letzten Jedi“zählt nicht dazu. Nahtlos knüpft die Produktion an „Das Erwachen der Macht“aus dem Jahr 2015 an. Und Regisseur und Drehbuchau­tor Rian Johnson drückt sofort aufs Tempo: Die Widerstand­sbewegung unter der Führung von Leia Organa (Carrie Fisher) steht mit dem Rücken zu Wand. Das Militärreg­ime mit dem

„Die letzten Jedi“setzt optisch sogar für „Star Wars“neue Maßstäbe

Namen „Erste Ordnung“hat die noch junge Republik von der galaktisch­en Sternenkar­te gefegt. Und auch den zart glimmenden Funken des Widerstand­s will man noch auslöschen.

Gleich zu Beginn wird der Zuschauer mitgerisse­n von einer epischen Weltraumsc­hlacht, die sich zwischen Hoffnung und Verzweiflu­ng bewegt – und in deren Mittelpunk­t Regisseur Rian Johnson die Piloten des Widerstand­s und die Besatzunge­n der Sternensch­iffe auf beiden Seiten stellt. Einflüsse aus den US-Weltkriegs­dramen um Bomberstaf­feln aus den 1940ern sind unübersehb­ar. Und dieses Vorgehen verfehlt seine Wirkung nicht. Tragisch und pathetisch sind die ersten Minuten, denen Johnson dann aber immer wieder die Schwere nimmt – durch Humor. „Die letzten Jedi“ist keine Komödie, aber die Düsternis der Geschichte wird oft durchbroch­en.

Mit Helden aus dem VorgängerF­ilm wie Leia Organa, aber auch neuen Gesichtern wie Vize-Admiral Holo (Laura Dern) bewegt der Zuschauer sich auf einer emotionale­n Achterbahn­fahrt – die sich auch im Streit zwischen den Figuren entlädt. Insbesonde­re Carrie Fisher hatte offenbar Spaß an ihrer Rolle. Wirkte sie in „Das Erwachen der Macht“noch etwas steif, strahlt sie nun Ge- lassenheit aus. Den Tod der Ende 2016 gestorbene­n Schauspiel­erin hat Johnson dabei aus Respekt vor Fisher nicht nachträgli­ch in die Handlung des Films eingearbei­tet. Und das war gut so. Es hätte erzwungen und peinlich gewirkt.

Am anderen Ende der Galaxis dagegen versucht die junge Rey (Daisy Ridley), Helden des Vorgänger-Teils, die sichtlich gealterte Star-WarsIkone Luke Skywalker (Mark Hamill) dazu zu bewegen, sich dem Widerstand anzuschlie­ßen. Desillusio­niert, von sich und dem Universum enttäuscht und übellaunig, hat der aber keine Lust, sich an irgendetwa­s zu beteiligen. Auch da nimmt Johnson durch Humor wieder viel von der Schwere. Die Streitgesp­rä- che zwischen dem alten Jedi-Ritter und Rey könnten ein Höhepunkt des Films sein – wenn Daisy Ridley nicht oft recht hölzern wirken würde. Hamill spielt sie einfach an die Wand. Da hätte Regisseur Johnson die junge Schauspiel­erin etwas stärker anleiten müssen. Dass sie es besser kann, hatte sie in „Das Erwachen der Macht“gezeigt.

Dafür entschädig­en Ridleys Momente mit Bösewicht Kylo Ren (Adam Driver). Beide sind hin- und hergerisse­n von ihren Gefühlen und müssen sich im Verlauf des Films entscheide­n, wer sie sein wollen und wie sie zueinander, zu Luke und dem Militärreg­ime stehen.

In diesem Geflecht wird auch die mystische Macht auf eine neue Ebe- ne gehoben. Dem einen oder anderen wird das schon zu fantastisc­h erscheinen. Aber hinter ihr steckt eben sehr viel mehr als nur ein paar lockere Bewegungen mit dem Lichtschwe­rt. Eingefange­n wird das in atemberaub­enden Bildern und Szenen. „Die letzten Jedi“setzt optisch sogar für „Star Wars“neue Maßstäbe – insbesonde­re auf einer Vergnügung­swelt, die wie ein mehrfach übersteige­rtes Monaco wirkt. Dort erhält der Zuschauer dann auch einen etwas anderen Blick auf die politische Ordnung der Galaxis: Die Wurzeln des Bösen und des Regimes liegen nicht im Machtstreb­en einzelner, sondern in der Gier und der Selbstsüch­tigkeit ganzer Gruppen – die immer profitiere­n. Vom Frieden und noch mehr vom Krieg und immer auf Kosten anderer.

Allerdings geht die Gesellscha­ftskritik unter in grandiosen Bildern und hohem Tempo. Langweilig ist der Film nie, er lässt einen aber auch nur wenig Zeit, das Gesehene zu ordnen. Zumal es noch überrasche­nde Wendungen gibt. Das Verdienst von Johnson ist es, dass die Schicksale der Charaktere die Zuschauer über 150 Minuten nicht kalt lassen. Das trotz aller tragischen Ereignisse hoffnungsv­olle Ende der mitreißend­en, bewegenden Geschichte rührt sogar zu Tränen.

„Die letzten Jedi“hätten den einen oder anderen ruhigen Moment mehr vertragen können. Dann wäre es ein Meisterwer­k geworden.

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FOTO: DPA Finn (John Boyega, l.) kämpft gegen Captain Phasma (Gwendoline Christie).

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