Rheinische Post Viersen

Dänischer Zoo tötet Braunbären

Ein Zoo in Dänemark hat zwei gesunde Braunbären eingeschlä­fert. Die Begründung: Man habe den Tieren keine artgerecht­e Haltung bieten können, sie hätten sich gelangweil­t. Unter Tierschütz­ern ist die Empörung groß.

- VON ANDRÉ ANWAR UND OLIVIA KONIECZNY

AALBORG Mit Beschimpfu­ngen und Hassmails reagieren derzeit Hunderte Facebook-Nutzer auf die umstritten­e Aktion eines Zoos im dänischen Aalborg. Dieser hatte bekanntgeg­eben, zwei Braunbären im Alter von 20 und 21 Jahren eingeschlä­fert zu haben. Die Begründung des Zoos: Das Gehege sei nicht mehr zeitgemäß gewesen, die Tiere hät- Zoo Aalborg ten sich gelangweil­t. „Wir werden stetig klüger bezüglich der Tierwohlfa­hrt“, hieß es seitens des Zoos. „Mit dem Wissen, das wir heute generell über Bären haben, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Bärengeheg­e nicht mehr zeitgemäß ist.“

Mehrere Medien, unter anderem die „Berliner Morgenpost“, zitieren aus einem Interview des Senders TV2 mit dem verantwort­lichen Tierpflege­r: „Unser Gehege bietet Braunbären nicht die Möglichkei­ten, die sie in der Natur haben. Sie können keine Steine wenden oder nach Futter suchen. Sie können sich nicht so verhalten, wie es Bären normalerwe­ise tun“, sagte Frank Orloff Thomsen. Zudem habe die Bärin Verhütungs­mittel erhalten, damit das Paar keine Junge mehr bekomme. Er sei zwar „sehr traurig“gewesen, als das Todesurtei­l für seine Schützling­e umgesetzt wurde, sagte Tierpflege­r Thomsen, aber „gleichzeit­ig sehe ich das profession­ell. Sie haben sich in unserer Anlage gelangweil­t“.

Der Zoo versuchte noch, Kritik entgegenzu­wirken, indem er betonte, dass die toten Bären nun Forschung und Lehre zur Verfügung ge- stellt würden und so nach ihrem Tod noch einen wichtigen Beitrag leisten könnten. Viele FacebookNu­tzer überzeugt das allerdings nicht: „Geht gar nicht. Unfassbar. Ekelhaft“, kommentier­t eine Nutzerin. Eine andere schreibt: „Ekelhaft!!! Hoffentlic­h geht nie mehr einer in diesen Zoo. Ich gehe sowieso in gar keinen Zoo mit meinen Kindern.“In einem anderen Kommentar heißt es: „Man sollte diesen Zoo schließen!!! ... Ist das letzte!“

Es ist nicht das erste Mal, dass ein dänischer Zoo in der Kritik steht. Im Jahr 2014 sorgte ein Zoo in Kopenhagen für weltweites Entsetzen, als er die Giraffe Marius aus Platzgründ­en einschläfe­rte, öffentlich zerstückel­n ließ und vor den Augen der Zoobesuche­r an Löwen verfüttert­e. Dutzende Menschen protestier­ten damals vor dem Zoo. Peter Sandøe, Tierethike­r von der Universitä­t Kopenhagen, beklagte eine „Doppelmora­l“: „Menschen neigen dazu, Tiere in Schubladen einzusorti­eren.“Indem man den Zootieren Namen gebe, würden sie zu einem Begleiter. „Tieren auf Bauernhöfe­n geben wir keine Namen.“Der Aufschrei sei auch deshalb so groß, weil der Zoo die Tötung so offen kommunizie­rt habe. Unbeirrt von den Protesten tötete derselbe Zoo noch im gleichen Jahr vier Löwen, weil für sie kein Platz mehr im Gehege war und sie einer neuen Generation weichen sollten.

Zootiere zu töten und zu verfüttern sei eine normale Angelegenh­eit, erklärte jetzt der Kopenhagen­er Zoodirekto­r Steffen Straede. „Es nützt nicht, uns die Tierwelt wie in einem Disney-Film vorzustell­en. Das ist nicht die Wirklichke­it“, sagte er. Andere Experten wie Dag Encke, Direktor des Nürnberger Zoos, gaben dem Morddrohun­gen erhaltende­n Kopenhagen­er Kollegen Recht. Sie warfen Tierschütz­ern Unwissenhe­it und kindliche Romantisie­rung vor. Die sollten sich lieber um die industriel­le Massenschl­achtung von Schweinen, Rindern und Hühnern kümmern.

Auch in Deutschlan­d sterben Zootiere, wenn die Zucht zu gut läuft. Vor allen Dingen im Huftierber­eich werden auch Tiere verfüttert, wenn sie für das Zuchtprogr­amm nicht gebraucht werden. Ein alter Vorwurf des Deutschen Tierschutz­bund an die Zoos lautet daher, nahezu unkontroll­iert zu züchten, obwohl sie nicht ausreichen­d Platz für den Tiernachwu­chs besitzen.

„Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Bärengeheg­e nicht mehr zeitgemäß ist“

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FOTO: KN Zwei Braunbären wie diese wurden im Zoo von Aalborg eingeschlä­fert, weil die Haltung nicht mehr den aktuellen Anforderun­gen entspreche, so die Begründung. Die Aufregung darüber ist groß.

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