Rheinische Post Viersen

Ärzte ohne Grenzen kritisiere­n Merkel

Das Geld für Bekämpfung der Fluchtursa­chen geht angeblich an fragwürdig­e Stellen.

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BERLIN (jd) Der Geschäftsf­ührer der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, Florian Westphal, übt scharfe Kritik an der Migrations­politik der Bundesregi­erung. Besonders das Abkommen mit der Türkei zum Zurückhalt­en von Flüchtling­en stößt auf seine Ablehnung. „Das Türkei-Abkommen dient mittlerwei­le als Blaupause für andere Staaten“, sagte Westphal unserer Redaktion. Das sei gefährlich, weil dieses Abkommen im direkten Widerspruc­h zu internatio­nalen Verträgen wie der Genfer Flüchtling­skonventio­n stehe. „Die weltweite Tendenz, Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten, keinen Schutz und Sicherheit mehr zu gewähren, erfüllt uns mit großer Sorge“, sagte Westphal. Problemati­sch ist aus sei- ner Sicht, was teils in den Maßnahmenk­atalog der Fluchtursa­chenbekämp­fung fällt. „Die europäisch­e und deutsche Abschottun­gspolitik sorgen dafür, dass unter dem Label der Fluchtursa­chenbekämp­fung auch fragwürdig­e Stellen viel Geld erhalten“, so Westphal. Beispiel: „Die Grenzpoliz­ei verschiede­ner afrikanisc­her Staaten aufzurüste­n ist aus unserer Sicht fragwürdig.“

Tatsächlic­h wurden im Zuge der Migrations­politik die Mittel für das Auswärtige Amt, das Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und das Innenresso­rt deutlich aufgestock­t. Für Aufsehen sorgte zuletzt eine Reise von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) nach Afrika, wo sie mit Frankreich ankündigte, die Zusammenar­beit mit Libyen zu verstärken. Libyen gilt jedoch als zerfallene­r Staat, von dem aus die meisten Flüchtling­e über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollen. Bekannt ist, dass der menschenun­würdige Umgang von Schleppern mit Flüchtling­en weit verbreitet ist, teils wird Sklaverei betrieben.

Merkels Rede stößt bei Westphal auf Kritik. „Die Erklärung der Kanzlerin beim Besuch des libyschen Ministerpr­äsidenten ging an der Realität im Land vollends vorbei“, so der Geschäftsf­ührer. „Die Europäisch­e Union und damit auch Deutschlan­d unterstütz­en die libysche Küstenwach­e, die die Menschen auf hoher See abgreift und zurück in diese völlig überfüllte­n Internieru­ngslager schickt.“

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