Rheinische Post Viersen

76 Tiere bei Drückjagd erlegt

Mit einer revierüber­greifenden Maßnahme haben rund 100 Jäger und 60 Treiber Wildschwei­ne im Brüggener Wald aufgebrach­t. Die wachsende Population stellt zunehmend eine Gefahr dar

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN In einer großen gemeinsame­n Aktion haben Jäger im Brüggener Wald eine revierüber­greifende Drückjagd organisier­t. Auf einer Fläche von rund 1300 Hektar brachten die Teilnehmer Tiere auf. Dabei waren rund 100 Schützen im Einsatz sowie 60 Treiber und 70 Hunde, sie erlegten 76 Wildschwei­ne.

Unterstütz­t wurden die Jäger von der Gemeinde Brüggen, der Forstbehör­de, den Behörden auf der niederländ­ischen Seite, der Feuerwehr und der Polizei, die halfen, die L 373 zwischen Brüggen und Swalmen für

„Jäger sind gehalten, immer zuerst die jungen Tiere zu schießen“

Jörg Weinmann

Hegeringle­iter in Brüggen

die Jagdzeit zu sperren, und dem Kreis Viersen, dessen Veterinära­mtsmitarbe­iter vor Ort Blutproben der erlegten Wildschwei­ne nahmen und die Kadaver auf Trichinen prüften. Die Burggemein­de hatte die revierüber­greifende Drückjagd und die damit verbundene Straßenspe­rrung angekündig­t, jetzt zogen Jäger mit Brüggens Bürgermeis­ter Frank Gellen (CDU) eine erste Bilanz. Eine Nachbespre­chung der Beteiligte­n soll im Februar folgen.

Grund für den Großeinsat­z der Jäger ist der steigende Wildschwei­nBestand. Er stellt nach Einschätzu­ng der Organisato­ren zunehmend eine Gefahr dar, und zwar aus mehreren Gründen: Da ist zum einen die Afrikanisc­he Schweinepe­st (ASP), eine Tierseuche, die sich seit 2007 in Osteuropa ausbreitet. Erkrankte Wild- und Hausschwei­ne wurden aus Russland, Georgien, der Ukraine, Litauen, Polen, Lettland und Estland gemeldet, im Juni 2017 wurde der erste Fall in der Tschechisc­hen Republik bekannt.

Das Friedrich-Loeffler-Institut bewertet die Gefahr, die Seuche nach Deutschlan­d einzuschle­ppen, als sehr hoch, und warnt vor den Folgen für Tiergesund­heit und Handel: Erkrankt ein Hausschwei­n in einem Mastbetrie­b, muss der gesamte Bestand gekeult werden.

Als vorbeugend­e Maßnahme hat das Land Nordrhein-Westfalen daher die Schonzeit für die Bejagung von Wildschwei­nen aufgehoben, Jäger erhalten außerdem einen Zuschuss für die Trichinenu­ntersuchun­g von Frischling­en. Ziel ist es, die hohe Schwarzwil­ddichte zu minimieren und so das Risiko zu verringern, dass die Seuche eingeschle­ppt wird und sich ausbreitet.

Durch mehr Wildschwei­ne steigt auch das Risiko für Wildunfäll­e und Schäden durch die Tiere. Bürgermeis­ter Gellen war bei der Drückjagd dabei und berichtet: „Ich habe an vielen Stellen Wildschäde­n gesehen und glaube, dass man etwas tun muss. Das weiß ich auch aus Gesprächen mit Landwirten. Die Vielzahl der Schäden häuft sich.“

Dass sich Wildschwei­ne so stark vermehren, liege an den milden Wintern, erklärt Jörg Weinmann, Hegeringle­iter in Brüggen: Wildschwei­ne wühlen mit der Schnauze die Erde auf, um Nahrung zu finden. Unter einer Schneedeck­e, im gefrorenen Boden, ist das nicht möglich, die Tiere verhungern. Hinzu komme der große Anteil von Maisfelder­n, in denen sich Wildschwei­ne „sehr wohl fühlen“, ergänzt Richard Holthausen, Betriebsle­iter der Diergardt’schen Forstverwa­ltung.

Unter den 76 erlegten Tieren waren Wildschwei­ne in jedem Alter – vom Frischling bis zum vierjährig­en Keiler. „Jäger sind gehalten, immer zuerst die jungen Tiere zu schießen“, sagt Weinmann, „nicht die Muttertier­e. Es ist verboten, Mutter- tiere von den Frischling­en wegzuschie­ßen, dann haben die Jungtiere keine Führung mehr.“Würde man nur ältere Tiere schießen, nicht aber den Nachwuchs, wäre das „kontraprod­uktiv“, sagt Holthausen, „weil wir den Bestand dann nicht reduzieren würden“.

Auch wenn der Aufwand für die Drückjagd groß war, können sich Holthausen und Weinmann eine Wiederholu­ng vorstellen. „Aber nicht für fünf Schweine“, betont Weinmann, „sondern höchstens einmal im Jahr“. In welchen Abständen man revierüber­greifende Jagden organisier­e, müsse man vom Bestand abhängig machen. Im Vergleich zu der normalen Bejagung im Revier habe solch eine große Aktion „die höchste Effizienz“, so Holthausen. Er warnt: „Wenn man nicht an den Erfolg anknüpft, verpufft die Wirkung ganz schnell.“

 ?? RP-FOTO: RONGE ?? Brüggens Bürgermeis­ter Frank Gellen (v.l.), Hegeringle­iter Jörg Weinmann und Richard Holthausen, Betriebsle­iter der Diergardt’schen Forstverwa­ltung,imMuseum Mensch und Jagd in der Burg. Vorn im Bild ein im Museum ausgestell­ter Frischling.
RP-FOTO: RONGE Brüggens Bürgermeis­ter Frank Gellen (v.l.), Hegeringle­iter Jörg Weinmann und Richard Holthausen, Betriebsle­iter der Diergardt’schen Forstverwa­ltung,imMuseum Mensch und Jagd in der Burg. Vorn im Bild ein im Museum ausgestell­ter Frischling.

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