Rheinische Post Viersen

Zeitzeugin spricht mit Schülern über Holocaust-Erinnerung­en

Die 82-jährige niederländ­ische Jüdin Eva Weyl erzählte in der Grefrather Liebfrauen­schule von ihrer Zeit im Durchgangs­lager Westerbork

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NETTETAL/GREFRATH (RP) „Komm, ich nehme dich mit, du hast genau die richtige Einstellun­g“, sagt Eva Weyl. Sie ist begeistert von Niklas Erkes. Obwohl zwei Generation­en zwischen der 82-jährigen niederländ­ischen Jüdin und dem 17-jährigen Lobberiche­r liegen, haben die beiden auf Anhieb ein inneres Band gefunden.

Weyl berichtet als Zeitzeugin in der Liebfrauen­schule GrefrathMü­lhausen von ihren dreieinhal­b Jahren im niederländ­ischen Durchgangs­lager Westerbork. Niklas Erkes sitzt mit 170 weiteren Schülern in der ersten Reihe. Gebannt lauscht der Elftklässl­er den Schilderun­gen der Holocaust-Überlebend­en. Im Anschluss stellt er einige Fragen und tauscht sich zudem mit Weyl im Büro des Schulleite­rs aus.

„Unsere Freiheit ist ein kostbares Gut, das es zu verteidige­n gilt.“Solche Sätze eines 17-Jährigen lassen Weyl aufhorchen. Aus ihrer Sympathie für den Jugendlich­en und dessen Überzeugun­gen macht die 82-Jährige keinen Hehl. Lange spricht sie mit dem aufgeschlo­ssenen Schüler, vergisst die strapaziös­e Heimreise nach Amsterdam mit dem eigenen Auto. „Junge Menschen wie du – ihr seid meine Zweitzeuge­n. Ihr sorgt dafür, dass Geschichte lebendig gehalten wird“, sagt sie.

„Unser Anspruch als junge Generation muss sein, aus der Geschichte zu lernen und dass so etwas wie Auschwitz nie wieder vorkommt“, sagt Niklas Erkes. Er hat Deutsch und Englisch als Leistungsk­urse an der Liebfrauen­schule belegt, ist auch interessie­rt an Geschichte und Politik. Der Nettetaler hat wegen seiner eigenen Familienge­schichte eine Sensibilit­ät für Menschen wie Weyl, die Opfer totalitäre­r Umstände geworden sind. „Meine Familie ist aus Ostpreußen geflohen, mein Urgroßvate­r hat das alles miterlebt“, berichtet Niklas Erkes. Aus Erzählunge­n des Großvaters, der 1939 geboren ist und wie Niklas in Lobberich lebt, hat der 17-Jährige einen Eindruck bekommen. Ein Aufkeimen extremisti­scher und fremdenfei­ndlicher Gesinnunge­n – sei es von rechts oder von links – müsse um jeden Preis verhindert werden.

Wegen Begegnunge­n wie dieser ist es für Weyl nach wie vor ein Ansporn, sich trotz ihres Alters am Niederrhei­n und in der Schweiz, wo ein Teil ihrer Familie lebt, in Schulen zu begeben, erzählt sie. Dort berichtet sie aus einer Zeit, als in Deutschlan­d Hass gepredigt wurde und Millionen Menschen vom Regime umgebracht wurden.

„Unsere Freiheit ist ein kostbares Gut, das es zu verteidige­n gilt“

Niklas Erkes

Schüler

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FOTO: AXEL KÜPPERS Eva Weyl und Niklas Erkes führten ihr Gespräch nach dem Vortrag im Büro des Schulleite­rs weiter.

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