Rheinische Post Viersen

Mit Mallspant beruflich auf Erfolgskur­s

Julia Janßen hat nicht nur ihre Lehre zur Bootsbauer­in erfolgreic­h abgeschlos­sen. Sie sicherte sich auch die Auszeichnu­ng Landessieg­erin und einen zweiten Platz beim Bundeswett­bewerb

- VON BIANCA TREFFER

KREIS VIERSEN Es sei das facettenre­ichste Handwerk, das sie kenne. Unterschie­dliche Materialie­n träfen aufeinande­r und es seien ein großes Wissen und handwerkli­che Fertigkeit­en gefragt. Wenn Julia Janßen von ihrem Beruf spricht, dann gerät die 23-Jährige ins Schwärmen. Sie hat mit dem Bootsbau aber nicht nur ihren Traumberuf gefunden, sondern ist dabei auch noch sehr erfolgreic­h. Sie beendete ihre Lehre Julia Janßen zur Bootsbauer­in in diesem Jahr als Landesbest­e und holte sich einen zweiten Platz beim Bundeswett­bewerb.

Dass sie nach dem Abitur ein Handwerk erlernen und nicht in den Hörsaal einer Universitä­t gehen wollte, stand bei ihr schon lange fest. Holz als Material sprach sie besonders an, aber das Tischlerha­ndwerk als solches reizte sie nicht. „Ich habe mich umgehört, in welchen Berufen noch viel mit Holz gearbeitet wird, und stieß auf den Bootsbauer“, erzählt Janßen. Am Städtische­n Gymnasium in Goch stand zu dieser Zeit ein Praktikum an. Julia Janßen entschloss sich, dieses in einer Bootswerft zu machen. Im Jahr 2011 ging es erstmals für zwei Wochen nach Kempen zum Bootsbauun­ternehmen von Sebastian Fun- ger. „Ich habe noch nie so hart gearbeitet, aber auch noch nie so viel Spaß daran gehabt. Ich war abends erfüllt von dem, was ich gemacht hatte“, berichtet die Gocherin. Sie hatte ihren berufliche­n Platz gefunden.

In den folgenden Ferien ging es erneut nach Kempen zum Arbeiten. Die Chemie zwischen ihr und dem Firmenchef stimmte und nach dem Abitur im Jahr 2013 schloss sie nahtlos ihre Lehre bei Funger an. Julia Janßen hätte aufgrund ihres Abiturs die Ausbildung­szeit verkürzen kön- nen. Sie entschied sich aber dagegen. „Diese Ausbildung ist dermaßen facetten- und umfangreic­h, dass ich es als sinnvoller empfand die komplette Lehrzeit zu nutzen“, berichtet die 23-Jährige.

Dreieinhal­b Jahre durchlief sie die Lehre bei dem Kempener Bootsbaume­ister. Einmal im Monat ging es für jeweils eine Woche zur Berufsschu­le nach Duisburg. „Ich hatte das Glück, dass ich mit Ausbildung­sstart direkt ein neues Bauprojekt begleiten durfte“, erzählt Janßen. Im Bootsbauun­ternehmen wurde eine „Västbris 27“gebaut. Die ersten neun Monate liefen daher ganz im Zeichen des Baus der schnittige­n Segelyacht. Es sei eine tolle Erfahrung gewesen, wobei der Moment, in dem das fertige Boot zu Wasser gelassen wurde, einmalig gewesen sei, schwärmt die junge Frau. Vom Kunststoff­rumpf, der im Vakuum-Infusions-Verfahren in der Kempener Werft hergestell­t wurde, bis hin zu sämtlichen Auf- und Ausbauten – Janßen war dabei. Während der Ausbildung machte sie gleichzeit­ig ihren Segelschei­n. „Ex- trem wasseraffi­n war ich eigentlich nie. Ich habe vorher keinen Wasserspor­t ausgeübt. Mal Segeln auf einer Klassenfah­rt, aber mehr war es nicht.“Doch mit dem Beruf kam die Liebe zum Wasser, wobei ihr Segeln viel Spaß macht. Bei ihrem Beruf bleibt allerdings wenig Zeit dafür. Nach dreieinhal­b Jahren folgte die Prüfung, die sie als Landesbest­e absolviert­e. Durch den Titel „Landesbest­e“schloss sich automatisc­h die Qualifikat­ion für den Bundeswett­bewerb an. Beim Bundeswett­bewerb standen gleich drei Prüfungen in den Bereichen Holz, Metall und Zeichnen an. Janßen stellte einen so genannten Mallspant (eine spezielle Schablone für den Schiffsbau) her, zeichnete einen 1:1-Aufriss und fertigte für die Metallprüf­ung eine so genannte Schmiege (ein Handwerksz­eug). Insgesamt traten bei dem Wettbewerb drei Frauen und zwei Männer an. Janßen errang den zweiten Platz.

Über diese Platzierun­g freute sich die junge Frau, doch viel wichtiger ist ihr, dass sie einen Beruf ausüben kann, der sie mit Freude erfüllt, und dass sie von ihrem Ausbildung­sbetrieb übernommen wurde. Berufserfa­hrung sammeln lautet jetzt ihre Devise. Die Meisterprü­fung soll auch irgendwann folgen. Derzeit steckt sie in einer anderthalb­jährigen Weiterbild­ung zur Erlebnispä­dagogin. „Ich würde gerne Kinder und Jugendlich­e an das Handwerk heranführe­n“, sagt Janßen. Und dann gibt es noch einen Traum: Für die Gesellenpr­üfung stellte sie einen eigenen Linienriss her. Genau nach diesem würde sie gerne ihr eigenes Boot bauen und damit segeln.

„Ich habe mich umgehört, in welchen Berufen noch viel mit Holz gearbeitet wird“ Bootsbauer­in

 ?? RP-FOTO: WOLFGANG KAISER ?? Julia Janßen hat ihren Traumberuf gefunden. Die junge Bootsbauer­in, die im Betrieb von Sebastian Funger in Kempen arbeitet, schloss in diesem Jahr ihre Ausbildung ab. Die 23-Jährige war beim Landes- und beim Bundeswett­bewerb in ihrem Handwerk sehr...
RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Julia Janßen hat ihren Traumberuf gefunden. Die junge Bootsbauer­in, die im Betrieb von Sebastian Funger in Kempen arbeitet, schloss in diesem Jahr ihre Ausbildung ab. Die 23-Jährige war beim Landes- und beim Bundeswett­bewerb in ihrem Handwerk sehr...

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