Preußen verbietet das Turnen
Anfang des 19. Jahrhunderts bot sich für die Bewohner vieler deutscher Städte ein ungewohntes Bild: In den Grünflächen übten junge Männer an Reck und Barren, trainierten ihre Körper an Kletterstangen, kurz: Sie turnten. Die deutsche Turnbewegung war von dem Pädagogen Friedrich Ludwig Jahn (Foto) ins Leben gerufen worden, er hatte auch das Wort erfunden, das an mittelalterliche Ritterturniere erinnert. Diese „Turnerey“war jedoch immer mehr als reine Ertüchtigung. Jahn ging es um politische Ziele. Zu Beginn richtete sich seine Idee von einer deutschen Nation gegen das napoleonische Frankreich. Da begrüßten die Fürsten die fitten Turner gerne in den Reihen ihrer Heere. Doch nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft hielten Jahn und seine Anhänger an der Idee einer Nation fest, es ging nun um noch mehr: um das Ende der Aristokratie und die Vereinigung aller Kleinstaaten zu einem Nationalstaat. Das gefiel den Fürsten weniger. Einer der ersten deutschen Staaten, die sich offen gegen das Turnen wandten, war Preußen. Am 2. Januar 1820 wurde mit sofortiger Wirken jedes Turnen bei Strafandrohung untersagt. Der Turnvater saß da schon seit einem halben Jahr in Haft. Viele Turner turnten weiter, allerdings heimlich. Die Turnsperre wurde erst nach 20 Jahren, nach dem Tod von Friedrich Wilhelm III., durch dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. wieder aufgehoben.