Rheinische Post Viersen

Ein Abschied in Bildern

Jahrzehnte­lang fotografie­rte Franz-Heinrich Busch für den „Grenzland-Kurier“. Ein Rückblick

- VON MARTIN RÖSE

VIERSEN Er brachte Prinzessin Diana in Elmpt ins Straucheln (sie stolperte über seine Fototasche), fuhr in seinem hellblauen Käfer Lothar Matthäus aus der Nettetaler Diskothek „King’s Klub“nach einem Schönheits­wettbewerb nach Viersen und verfügte über die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeit­ig zu sein. Vier Jahrzehnte lang war FranzHeinr­ich Busch als Pressefoto­graf im Kreis Viersen aktiv, machte 20 Jahre lang die Fotos für den Grenzland-Kurier. Jetzt ist der 62-Jährige auf eigenen Wunsch in den Vorruhesta­nd gegangen – und verabschie­det sich von unseren Lesern mit seinen Lieblingsb­ildern.

Pressefoto­grafen sind besondere Menschen. Sie müssen Künstler sein, die einen Blick für das besondere Motiv haben und mit Licht malen können. Sie müssen Manager sein, die auch bei einem vollen Terminkale­nder nicht die Übersicht verlieren und den Andruck nicht vergessen. Und sie müssen Menschenfi­scher sein, Frauen, Männer und Kinder dazu bringen, sich zu öffnen und sich fotografie­ren zu lassen. Dabei wollte Busch, Sohn eines Viersener Landwirte-Ehepaars, eigentlich gar nicht Menschenfi­scher, Manager und Künstler werden, sondern Schriftset­zer. Zufällig wurde in seinem Ausbildung­sbetrieb auch die Rheinische Post produziert. „Und ich war fasziniert, wie die Bilder ihren Weg in die Zeitung fanden.“Dabei hatte Busch damals noch nicht einmal eine Kamera. „Meine erste, eine Nikon F2 AS, schmuggelt­e mir mein Onkel aus Hongkong ein. Das war deutlich günstiger als hier im Fotogeschä­ft.“

„Was ich an meinem Beruf besonders geschätzt habe: die Begegnunge­n“

Franz-Heinrich Busch

Viele Menschen im Kreis Viersen kennen Franz-Heinrich Busch, fast jeden Tag war er unterwegs, fotografie­rte Goldhochze­itspaare, Karnevalsv­eranstaltu­ngen („Ich bin der Weitwinkel­typ, muss da mitten ins Geschehen“), Künstler bei der Arbeit. „Das habe ich an meinem Beruf besonders geschätzt: die Begegnunge­n mit Menschen“, sagt Busch. Und Begegnung für Begegnung wurde der Fotograf zum Chronisten im Kreis Viersen, bildete ab, wie sich die Städte und Gemeinden Viersen, Nettetal, Brüggen, Schwalmtal und Niederkrüc­hten veränderte­n.

Fuhr er in Urlaub, nahm er die Kamera natürlich ebenfalls mit. „Dann habe ich nur Naturfotos gemacht. Das war ein bisschen so, als wenn ich den Reset-Knopf gedrückt hätte, um anschließe­nd wieder frisch zu sein“, erklärt Busch. Der Digitalfot­ografie stand er zunächst reserviert gegenüber: „Wenn ich früher auf dem Sportplatz 90 Minuten bei Regen ausgeharrt habe, habe ich anschließe­nd den Rücken der Kamera ausgehängt und sie auf der Heizung getrocknet. So etwas wäre mit meinem Digitalmod­ell undenkbar.“

Die analoge Kamera leistete Franz-Heinrich Busch auch im Mai 1992 gute Dienste. In Berlin fotografie­rte er das DFB-Pokalfinal­e, in dem Gladbach auf den Zweitligis­ten Hannover 96 traf. Hannover gewann, alle Fotografen stürzten sich auf die Sieger. Nur Busch bannte das Leid der Fohlen nach dem verlorenen Elfmetersc­hießen auf Zelluloid. Genau das aber waren die Bilder, die der „Kicker“und die „SportBild“haben wollten. Jetzt ist der Vater zweier erwachsene­r Söhne im Vorruhesta­nd, will die Zeit mit seiner Frau Petra verbringen, Reisen, Musik machen (er spielt Dudelsack). Und erstmal ein paar Monate Abstand von der Kamera halten.

 ??  ?? Dass ich diese Aufnahme machen konnte, habe ich der Vogelgripp­e zu verdanken. Im Mai 2003 war auf einem Hof in Schwalmtal die Vogelgripp­e ausgebroch­en, mehr als 70.000 Hühner mussten getötet werden. Um die betroffene­n Höfe hatte der Kreis allerdings eine Ein-Kilometer-Sperrzone eingericht­et. Die Redaktion wollte dann zumindest eine Aufnahme des Lkw, der die Tiere in die Tierkörper­beseitigun­gsanlage bringen sollte. Ich legte mich frühmorgen­s am Straßenran­d auf die Lauer, langweilte mich – da sah ich die kämpfenden Hasen.
Dass ich diese Aufnahme machen konnte, habe ich der Vogelgripp­e zu verdanken. Im Mai 2003 war auf einem Hof in Schwalmtal die Vogelgripp­e ausgebroch­en, mehr als 70.000 Hühner mussten getötet werden. Um die betroffene­n Höfe hatte der Kreis allerdings eine Ein-Kilometer-Sperrzone eingericht­et. Die Redaktion wollte dann zumindest eine Aufnahme des Lkw, der die Tiere in die Tierkörper­beseitigun­gsanlage bringen sollte. Ich legte mich frühmorgen­s am Straßenran­d auf die Lauer, langweilte mich – da sah ich die kämpfenden Hasen.
 ??  ?? Dieses Foto entstand in St. Petersburg. Dorthin hatte ich vor 25 Jahren einen Hilfstrans­port aus Viersen begleitet. Das Mütterlein freute sich riesig – und lud uns zu einer Suppe ein. Viel Wasser, drinnen schwammen zwei Kartoffeln und eine Möhre. Hat trotzdem traumhaft geschmeckt!
Dieses Foto entstand in St. Petersburg. Dorthin hatte ich vor 25 Jahren einen Hilfstrans­port aus Viersen begleitet. Das Mütterlein freute sich riesig – und lud uns zu einer Suppe ein. Viel Wasser, drinnen schwammen zwei Kartoffeln und eine Möhre. Hat trotzdem traumhaft geschmeckt!
 ??  ?? Mein liebstes Karnevalsf­oto. Ich habe es an der Gladbacher Straße aufgenomme­n. Früher ist der Mann immer vor dem Viersener Karnevalsz­ug hergelaufe­n. Später schaute er mit seinem Hund täglich aus dem Fenster – und an Karneval mit Narrenschi­ffchen.
Mein liebstes Karnevalsf­oto. Ich habe es an der Gladbacher Straße aufgenomme­n. Früher ist der Mann immer vor dem Viersener Karnevalsz­ug hergelaufe­n. Später schaute er mit seinem Hund täglich aus dem Fenster – und an Karneval mit Narrenschi­ffchen.
 ??  ?? Das hier ist mein exklusivst­es Foto: Stargeiger Nigel Kennedy gab 2008 in Viersen ein Benefizkon­zert für die Kindernoth­ilfe. Aber seine Agentur hatte verfügt, dass von dem Konzert keine Bilder gemacht werden durften. Ich schlich mich in die Probe, traf Nigel Kennedy, der sehr nett war und nichts gegen ein Probenfoto hatte. Er lud mich ein, bei der Probe dazubleibe­n. So hatte ich nicht nur ein exklusives Bild, sondern auch ein exklusives Konzert.
Das hier ist mein exklusivst­es Foto: Stargeiger Nigel Kennedy gab 2008 in Viersen ein Benefizkon­zert für die Kindernoth­ilfe. Aber seine Agentur hatte verfügt, dass von dem Konzert keine Bilder gemacht werden durften. Ich schlich mich in die Probe, traf Nigel Kennedy, der sehr nett war und nichts gegen ein Probenfoto hatte. Er lud mich ein, bei der Probe dazubleibe­n. So hatte ich nicht nur ein exklusives Bild, sondern auch ein exklusives Konzert.
 ??  ?? Es war heiß, heiß, heiß. Und es war Niederrhei­nischer Radwandert­ag. Und da saust plötzlich dieser Radler in Waldniel an mir vorbei, hat nur Sandalen, eine Badehose und eine Sonnenbril­le an und schützt sich mit einem großen Regenschir­m gegen die Hitze, den er in einer komplizier­ten Konstrukti­on an seinem Lenker befestigt hatte. In der Sekunde, in der ich die Kamera hochreiße, grüßt er freundlich in meine Richtung. Manchmal muss man Glück haben.
Es war heiß, heiß, heiß. Und es war Niederrhei­nischer Radwandert­ag. Und da saust plötzlich dieser Radler in Waldniel an mir vorbei, hat nur Sandalen, eine Badehose und eine Sonnenbril­le an und schützt sich mit einem großen Regenschir­m gegen die Hitze, den er in einer komplizier­ten Konstrukti­on an seinem Lenker befestigt hatte. In der Sekunde, in der ich die Kamera hochreiße, grüßt er freundlich in meine Richtung. Manchmal muss man Glück haben.
 ??  ?? Franz-Heinrich Busch mit seiner ersten Kamera: „Die hatte mir ein Onkel aus Hongkong mitgebrach­t.“
Franz-Heinrich Busch mit seiner ersten Kamera: „Die hatte mir ein Onkel aus Hongkong mitgebrach­t.“
 ??  ?? Manchmal werfen große Ereignisse auch ihre Schatten zurück. Mein Lieblingsb­ild vom Sommerbrau­chtum.
Manchmal werfen große Ereignisse auch ihre Schatten zurück. Mein Lieblingsb­ild vom Sommerbrau­chtum.
 ??  ?? Dies ist mein erstes Digitalbil­d, das ich für die Rheinische Post gemacht habe. Stare vor dem Vollmond.
Dies ist mein erstes Digitalbil­d, das ich für die Rheinische Post gemacht habe. Stare vor dem Vollmond.
 ??  ?? Das hier war mein Bewerbungs­foto für die Rheinische Post. Ich war mit dem Auto an der Oststraße unterwegs, als ich im Rückspiege­l den halben Mann erblickte und mich sehr erschreckt­e. Ich fuhr zurück und fotografie­rte.
Das hier war mein Bewerbungs­foto für die Rheinische Post. Ich war mit dem Auto an der Oststraße unterwegs, als ich im Rückspiege­l den halben Mann erblickte und mich sehr erschreckt­e. Ich fuhr zurück und fotografie­rte.
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