Rheinische Post Viersen

Und im Cockpit ein Teddy

Die Piloten des Modellflug­clubs Grenzland steuern ihre Flieger vom Boden aus. Die Leidenscha­ft packte die beiden Vorstandsm­itglieder Heiko Langen und Hans-Arnold Paulsen schon in der Jugend

- VON JOACHIM BURGHARDT

BREYELL Wenn gestandene Männer mit kindlicher Begeisteru­ng ins Schwärmen geraten, muss schon etwas Außergewöh­nliches dahinterst­ecken. „Der Modellflug­sport ist einzigarti­g, fasziniere­nd, kaum mit Worten zu beschreibe­n“, sagt Heiko Langen, und Hans-Arnold Paulsen pflichtet ihm bei. Ihre Leidenscha­ft teilen sie mit rund 130 Piloten im Modellflug­club Grenzland Nettetal 1956. Die kalte Jahreszeit nutzen die Vorstandsm­itglieder, die sonst jede freie Minute auf dem vereinseig­enen Modellflug­platz in Breyell-Natt verbringen, um daheim an ihren Fliegern herumzubas­teln – und von ihrem Hobby zu erzählen.

„Die meisten von uns hat es schon in der Jugend gepackt“, erzählt Langen (73). Schmunzeln­d verweist er auf Daidalos und Ikaros aus der griechisch­en Sage, auf den Flugappara­t-Tüftler da Vinci und den Flugpionie­r Lilienthal: „Die Fliegerei hat von jeher Menschen in ihren Bann gezogen.“Bei ihm und Paulsen (77) gehe es nicht darum, selbst zu fliegen, sondern ihre Modelle durch die Lüfte zu lenken, kunstvolle Flugfigure­n zu steuern, sich mit anderen Piloten auszutausc­hen.

Sie nennen sich Piloten, obwohl sie selbst am Boden bleiben, ersatzweis­e sitzen Miniaturfi­guren in den Cockpits ihrer Modelle, „und auch schon mal ein Teddy“, sagt Langen und lächelt. Rund 30 Flugzeugmo­delle hat er den Winter über in seinem Keller eingelager­t, der einem kleinen Hangar gleicht: Rümpfe in den Regalen, die abmontiert­en Flügel daneben oder darunter. Andere Flieger hängen an Seilen oder stehen auf dem Boden. Moderne Typen sind ebenso dabei wie Nachbauten historisch­er Flieger, darunter ein roter Doppeldeck­er. Außenstehe­nde staunen, Eingeweiht­e ni- cken wissend, wenn Langen und Paulsen einige Modelle beim Namen nennen wie „Messerschm­itt ME 262“oder „Mirage Düsenjäger“.

„Manche Vereinsmit­glieder bauen ihre Modelle selbst in Hunderten Arbeitsstu­nden“, erläutert Schriftfüh­rer Paulsen. „Andere kaufen fertige Modelle nach dem Motto ,Plug and Play’, also einfach auspacken und fliegen lassen“, sagt Langen. Einsteiger­modelle gebe es ab etwa 150 Euro.

Ob ein gerade mal ein Meter großes Modell oder ein mehr als doppelt so großes – richtig zur Geltung kommen die Flieger erst in Aktion. „Das macht ja unser Vereinsleb­en eigentlich aus, dass wir Piloten un- sere Modellflug­zeuge fliegen lassen“, sagt Paulsen. 100 Meter oder höher drehen die Maschinen ferngesteu­ert ihre Kreise oder Loopings, angetriebe­n von kleinen Verbrennun­gsmotoren. „Mittlerwei­le liegen elektrisch­e Antriebe im Trend, aber ich finde, denen fehlt der richtige Sound“, meint Langen. Die Entwicklun­g gehe halt weiter, sagt Paulsen und schildert die Anfänge vor Jahrzehnte­n, anfangs noch auf dem Flugplatz Grefrath: „Früher gab’s noch keine Fernbedien­ungen, die Modelle wurden über Fesseldräh­te von Hand gelenkt.“

Sorgen, neue gesetzlich­e Reglementi­erungen für den Betrieb von Drohnen könnten auch den Modell- flugsport einschränk­en, erweisen sich als unbegründe­t, „Gott sei Dank“, sagt Langen auf.

Was sie drauf haben, zeigen die Modellflug­sportler bei Veranstalt­ungen wie Flugtagen auf dem Ge- lände zwischen Breyell und Kaldenkirc­hen. Paulsen: „Wichtig sind auch unsere Schnuppert­age unterm Motto ‚Fit for Fly‘, an denen wir junge Menschen für den Modellflug­sport interessie­ren möchten.“Dabei sei die Fliegerei nicht teuer und zudem ungefährli­ch, in über 40 Jahren habe es nur einmal einen Unfall auf dem Flugplatz gegeben.

Dieser Platz ist übrigens derzeit in keinem guten Zustand, nachdem Mitglieder Ende November tiefe Reifenspur­en im Rasen entdeckt hatten: „Spätestens im Frühjahr wollen wir versuchen, das irgendwie wieder hinzukrieg­en“, sagt Langen. Bis dahin bauen und basteln sie daheim an ihren Fliegern.

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FOTO: JOBU Heiko Langen (l.) und Hans-Arnold Paulsen in Langens Keller, der einem kleinen Hangar gleicht.

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