Rheinische Post Viersen

Borussia: Die „Locals“wollen punkten

In der Statistik der „Local Player“steht Borussia weit unten. Patrick Hermann und Tony Jantschke würden das gern ändern.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Noch hat Marcel Benger sein Trikot mit der Nummer 38, das er bei seinem Bundesliga-Debüt gegen den Hamburger SV trug, nicht im Kabinengan­g des Borussia-Parks aufgehängt. Zeitnah soll das aber passieren. Dann gehört er zu jener Galerie der Borussen, die als hausgemach­te Nachwuchsk­räfte den Sprung in die Bundesliga hingekrieg­t haben. Er habe „den Anschluss“geschafft, sagt Benger, von einem „Durchbruch“will er nach 60 Sekunden in der deutschen Eliteklass­e noch nicht sprechen. Gleich nach seinem Debüt kam Tony Jantschke zu Benger und gratuliert­e ihm. „Er hat mir gesagt, dass es etwas ganz Besonderes sei und, dass ich es genießen sollte“, berichtet der Krefelder Benger (21), wie Jantschke in der Defensive vielseitig verwendbar. Noch hat der U23-Mann keinen Lizenzspie­ler-Vertrag. Das dürfte sich bald ändern. Derzeit aber werden seine Einsatz-Minuten noch nicht erfasst in der Einsatzzei­t-Statistik der „Local Player“. Die bezieht sich auf Spieler, die im Verein ausgebilde­t wurden und noch dort spielen als Profis. Drei werden Borussia zugeschrie­ben: Jantschke, Patrick Herrmann und Ba-Muaka Simakala, der im Januar in Darmstadt sein einziges Bundesliga-Spiel machte. In der Rangliste der Einsatzzei­t der „Local Player“stehen die Borussen auf Rang 16 unter allen Bundesligi­sten. Nur 765 Minuten kamen in der Hinrunde zusammen. Das war vor ein paar Jahren anders: Da waren Eigengewäc­hse wie Jantschke und Herrmann, Marc-André ter Stegen, Julian Korb oder Mo Dahoud regelmäßig­er zum Einsatz. Borussia Nachwuchsd­irektor Roland Virkus weist jedoch darauf hin, dass man die Sache mit den „Locals“„sehr differenzi­ert sehen muss“. Man könne sie zum Beispiel auch einkaufen. So gehen die Einsatzzei­ten von Dahoud, der seit der C-Jugend in Gladbachs Nachwuchsa­kademie spielte und hier Profi wurde, nun an Borussia Dortmund, seinen neuen Verein. „Die Statistik ist nicht gleichzuse­tzen mit der Qualität der Jugendarbe­it“, sagt Virkus. „Es gibt viele Faktoren, die man bedenken muss. So gibt es immer wieder gute und weniger gute Jahrgänge. Dann darf man nicht die inzwischen hohe Qualität unseres Profiteams vergessen, die es dem Nachwuchs schwerer macht, reinzukomm­en. Und wir haben jetzt verschiede­ne Ansätze in der Nachwuchsa­rbeit“, sagt Virkus. Er war während der Hallenstad­tmeistersc­haft bei allen Jugend-Endrunden, um die hiesigen Talente zu besichtige­n. Doch der Such-Radius ist viel größer geworden. Inzwischen gehört der Zukauf volljährig­er Teenager aus aller Welt wie Gra- nit Xhaka (2012) Nico Elvedi (2015), Laszlo Bénes (2016) Michael Cuisance, Julio Villalba, Justin Steinkötte­r (alle 2017) und vielleicht Reece Oxford, über dessen Zukunft Borussia weiter mit West Ham United verhandelt, dazu. „Letztlich entscheide­t die Qualität, wer spielt“, sagt Virkus. Trainer Dieter Hecking ist gewillt, jungen Spielern weiter die Chance zu geben. Das hat er beim Trainingsa­uftakt betont.

Herrmann und Jantschke, die zusammen fast 500 Pflichtspi­ele absolviert haben, gehörten in der Hinrunde dieser Saison nicht zum Stammperso­nal. Weswegen Herrmann, dessen Vertrag 2019 endet, seine Situation in der Rückrunde genau beobachten will. Er will mehr spielen. Wenn das in Gladbach nicht mehr geht, kann er sich einen Wechsel vorstellen. Allerdings stimmte ihn das Ende der Hinrunde versöhnlic­h. „Da habe ich wieder richtig Fuß gefasst. Daran möchte ich anknüpfen“, sagt er. Bestenfall­s will er schon beim Rückrunden­Auftakt in Köln sein 261. Pflichtspi­el für Gladbach machen. Der letzte Hinrunden-Trend und seine gute Derby-Bilanz (sechs Siege, zwei Remis) könnten dafür sprechen. Herrmann und Jantschke haben das erklärte Ziel, in der Rückrunde möglichst viele „Local Player“-Punkte sammeln. Denn das würde heißen: Sie spielen.

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