Rheinische Post Viersen

Der Tod eines uneitlen Krimi-Autors

Der Kölner Hans Werner Kettenbach ist jetzt im Alter von 89 Jahren gestorben.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

KÖLN Um seine Krimis und sein Dasein als spät berufenene­r, aber erfolgreic­her Schriftste­ller hat Hans Werner Kettenbach nie ein großes Bohei gemacht. Weil in ihm das Herz des Journalist­en schlug: Ein Nachrichte­nmann durch und durch war er, obendrein ein Weitgereis­ter. Für den „Kölner Stadt-Anzeiger“war er unter anderem Korrespond­ent in New York, später wurde er stellvertr­etender Chefredakt­eur der Zeitung.

Kettenbach war noch vieles mehr: Anzeigenve­rtreter, Stenograph beim „Kicker“, Lektor beim Rundfunk; und dass er zuvor auch noch an vier Hochschule­n vor allem Geschichte studierte, zeichnet eine Emsigkeit nach, für die drei Leben nötig wären. Jetzt ist Hans Werner Kettenbach 89-jährig gestorben, in Köln, seiner Lebensstad­t.

50 Jahre alt musste er werden, bis er sein Schreiben nicht nur in den Dienst des Tagesjourn­alismus stellte, sondern die größere, zeitlosere Form wählte. „Grand mit Vieren“war 1978 sein erster Roman. Nur ein paar Jahre später folgten seine vielleicht größten Bucherfolg­e mit den Psychothri­llern „Sterbetage“und auch „Minnie oder Ein Fall von Geringfügi­gkeit“Mitte der 80er.

Kettenbach war kein Kunstschre­iber. Er hat dem Genre keine neue Impulse gegeben. Das wollte er aber auch nicht. Seine Fälle – nicht selten inspiriert von Zeitungsme­ldungen – waren dem Leben abgeschaut und seinen Grenzgebie­ten. Mit seinen Büchern rehabiliti­erte er in der deutschen Literatur eine Eigenschaf­t, die bis heute gerne verpönt wird: die Unterhaltu­ng. Natürlich wollte Kettenbach für seine Geschichte­n aus der Provinz und gerne aus dem Mittelstan­d möglichst viele Leser. Diesen Alltag, den seine Romane atmen, kennen viele, bis ein Mord das schöne Gefüge der kleinen Welt ins Wanken bringt. Bei Kettenbach hat man immer gespürt, wie dünn die Kruste des Alltags ist und wie beängstige­nd leicht sie brechen kann.

Er hat einfach, viel und schnell geschriebe­n. Vergleiche mit Simenon und Highsmith waren zwar allerhand, aber nachvollzi­ehbar. Romane veröffentl­ichte Kettenbach fast im Zwei-Jahres-Takt; hinzu kamen noch Drehbücher unter anderem für Willy Millowitsc­h. Die Ewigkeit hatte er für seine Werke dabei nie im Blick gehabt. Als mit dem Einsturz des Kölner Stadtarchi­vs große Teile seines Vorlasses verloren gingen, sagte er uneitel: „Was fott es, es fott.“Ähnlich gelassen blickte er dem Lebensende entgegen: „Ich möchte auf meine alten Tage von Besserwiss­ern in Ruhe gelassen werden.“

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