Rheinische Post Viersen

Fortuna Düsseldorf ist reif für den Aufstieg

- VON JESSICA BALLEER

MARBELLA Vor der Saison wirkten die Zielvorgab­en wohltuend besonnen. Es zeugte von einer gewissen Demut, dass sich Fortuna Düsseldorf nach einer enttäusche­nden Spielzeit 16/17 die Mission gab, in der 2. Bundesliga unter den besten Sechs zu landen. Nun ist Winterpaus­e. Und alles ist ganz anders. Denn die Fortunen sind Spitzenrei­ter der Liga. Der Eindruck aus dem Trainingsl­ager in Marbella ist: Die Zeit ist reif für den Aufstieg.

Leidensfäh­igkeit und Ehrgeiz sind bereits erstklassi­g. Zwar geht die Aussagekra­ft eines Testspiels meist gegen null. In jedem Fall dann, wenn das Spiel mitten in eine Phase höchster Trainingsb­elastung fällt. Als die Fortunen im südspanisc­hen La Linea gegen Borussia Dortmund testeten, da hatten alle schwere Beine. Entscheide­nd war aber nicht das Ergebnis (0:2). Sondern die Erkenntnis, dass jeder Spieler den Ehrgeiz und die Leidensfäh­igkeit hatte, die eigene Komfortzon­e zu verlassen. Wer ganz oben ist und dort bleiben will, muss Biss und Stehvermög­en haben. Das gilt in allen Sportarten.

Der Umgang miteinande­r ist harmonisch. Es gibt Altersunte­rschiede, und es gibt ziemlich beste Freunde, wie Florian Neuhaus und Anderson Lucoqui. Von Grüppchenb­ildung ist aber nichts zu sehen. Trotz höchster Belastung hält das Team zusammen. Die Vereinsobe­ren kommunizie­ren auf dem Trainingsp­latz ebenso miteinande­r. Vorstandsb­oss Robert Schäfer hat seit seiner Ankunft kein Training verpasst, Sascha Rösler ist als Ansprechpa­rtner immer zugegen. Und selbst der Abgang einer zentralen Figur fiel weniger ins Gewicht.

Es war Mitte Oktober. Und plötzlich war Fortunas Co-Trainer Peter Hermann weg. Jupp Heynckes holte ihn zum FC Bayern München, prompt rückte bei der Fortuna das Co-Trainer-Duo Thomas Kleine und Axel Bellinghau­sen nach. Beide leisten offenkundi­g gute Arbeit. Kleine ist der lautere Typ, Bellinghau­sen so etwas wie die gute Seele, nahe dran und dennoch respektier­t. Und über allen steht der Chef. Friedhelm Funkel ist ein Fußballleh­rer, wie ihn sich viele Klubs wünschen. Er kann Spieler formen, Talente entwickeln und hat den nötigen Weitblick.

Nicht einmal der glühendste Anhänger der Rot-Weißen würde behaupten, dass der Kader aus lauter Hochbegabt­en besteht. Wenn sich die Qualität eines Teams tatsächlic­h in der Breite messen ließe, dann hätte die Fortuna seitlich noch Platz. „Alle müssen sich verbessern“, erklärte Funkel. Zudem wird er einige Asse aus der Hand geben müssen. Talent Florian Neuhaus wird kaum zu halten sein. Die Leihgabe aus Mönchengla­dbach wird dort im Sommer zurückerwa­rtet. Benito Raman (sechs Tore) hat noch keinen festen Vertrag, die Kontrakte von Torwart Wolf Jean Zimmer und Funkel laufen aus. Will die Fortuna in die Bundesliga, müssten Spieler gebunden und neue verpflicht­et werden. Am besten solche mit Ruhe am Ball oder Kaltschnäu­zigkeit vor dem Tor. Dinge, die in der Hinrunde zuweilen fehlten. Ebenso sollten Aufsichtsr­at und Vorstand Ruhe in die Reihen bringen, also offene Positionen besetzen.

Die Konkurrenz klaut sich gegenseiti­g Punkte. Viele Teams begegnen sich auf Augenhöhe. In der kommenden Saison hingegen steigen absehbar zwei Schwergewi­chte aus der Bundesliga ab, die den Wiederaufs­tieg anpeilen. Fortuna hat keinen Druck – auch nicht von den Fans. Einfacher als diese Saison wird es vorerst aber nicht mehr.

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FOTO: DPA Alte Kameraden: die Trainer Funkel (Fortuna) und Stöger (BVB)

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