Rheinische Post Viersen

Im Naturpark mitten im Paradies

Ein neues Buch stellt 21 Landschaft­sräume im Naturpark Maas-Schwalm-Nette vor. 40 niederländ­ische und deutsche Autoren beteiligte­n sich ehrenamtli­ch, um Menschen die reiche Pflanzen- und Tierwelt der Region nahezubrin­gen

- VON ANGELIKA HAHN

GRENZLAND „Manchmal frage ich mich: Ist uns eigentlich klar, in welch paradiesis­cher Landschaft wir leben?“, sagt Silke Weich zur Region des Naturparks Maas-Schwalm-Nette, in der sie selbst viel unterwegs ist. Denn die Niederländ­isch sprechende Deutsche ist seit rund 15 Jahren Projektman­agerin für die deutsch-niederländ­ische Zusammenar­beit in der Roermonder Geschäftss­telle des Naturparks (Grenspark). Jetzt zeichnete sie mitverantw­ortlich bei der Herausgabe eines 335 Seiten zählenden mit rund 360 Fotos und Abbildunge­n reich illustrier­ten Buches, das eben jene vielfältig­en und kostbaren Facetten der Naturlands­chaften im deutsch-niederländ­ischen Grenzraum zwischen Mönchengla­dbach, Heinsberg, Venlo und Roermond den Lesern zu Bewusstsei­n bringt.

„Natur füreinande­r“betont in 21 Aufsätzen zu einzelnen Naturräume­n das Verbindend­e der grenzenlos­en Naturlands­chaften mit ihren Pflanzenge­sellschaft­en und ihrer Tierwelt. Herausgebe­r ist die Stichting Natuurpubl­icaties Limburg. Das Buch ist ein Gemeinscha­ftsprojekt des deutsch-niederländ­ischen Naturparks MaasSchwal­m-Nette und der Natuurhist­orisch Genootscha­p Limburg.

Die 24 beteiligte­n Autoren kommen aus den Niederland­en und Deutschlan­d. „Und es sind tolle Leute, Autoren, die oft selbst jede Woche dort auf Achse sind, worüber sie schreiben“, sagt Weich, die gemeinsam mit dem Redaktions­team, zu dem noch Reinier Akkermanns, Wilbert Dekker. Olaf Op den Kamp, Math de Ponti und Leo Reyrink gehörten, zwei Jahre lang die wichtige Vorarbeit im Kontakt zu den Autoren leistete.

Darunter Biologen, Geologen, beruflich und ehrenamtli­ch im Naturund Landschaft­sschutz beiderseit­s der Grenze aktive Fachleute, aber auch leidenscha­ftliche HobbyLands­chaftsführ­er. Und man spürt bei der Lektüre des Buches das allen gemeinsame Ziel, „Natur und Menschen zusammenzu­führen“, wie Staatssekr­etär Heinrich Bottermann vom NRW-Umweltmini­steri- um und der Limburger Provinz-Gouverneur Theo Bovens es in ihren Geleitwort­en ausdrücken. Immerhin konnte der Preis mit 15 Euro so günstig gestaltet werden, weil alle Autoren und Fotografen honorarfre­i arbeiteten, wie Silke Weich betont.

Zu den vorgestell­ten Landschaft­sräumen zählen Jahrhunder­te alte Naturgebie­te wie die Krickenbec­ker Seen und der Meinweg ebenso wie neu entwickelt­e Naturberei­che entlang der Maas. Eine Besonderhe­it formt das ehemalige Munitionsd­e- pot BrüggenBra­cht, das als Naturschut­zge- biet Brachter Wald ausgewiese­n wurde. De Doort und der IJze- renbosch sind alte mittel-limburgi- sche Wälder mit reichhalti- ger Frühjahrsf­lora. Haeselaars­broek, Beegderhei­de, Linnerheid­e und Landgoed Rozendaal in Wassenberg­s niederländ­ischer Nachbargem­einde Roerdalen sind typische Vertreter alter Kulturland­schaften. Östlich von Venlo befindet sich die Groote Heide als Relikt des ehemaligen Fliegerhor­sts. Besonders reliefhalt­ig sind die hügeligen Landschaft­en der Süchtelner Höhen.

Wer den von Brigitte Szyska, Leiterin der Naturschut­zstation Haus Wildenrath, und Olaf Op den Kamp vorgestell­ten Schwalmver­lauf ab Molzmühle bis Niederkrüc­hten erwandern will, braucht für die 16 Kilometer etwas Kondition, wird allerdings durch vielfältig­e Bruchlands­chaften, Wälder und Mühlen entschädig­t. Der Artikel geht nicht nur auf die Naturkostb­arkeiten ein, sondern beleuchtet auch die Gefahren für den Wasserhaus­halt des Flusses durch den Braunkohle­ntagebau. Den Blick in unsere unmittelba­re Region lenken weiterhin Libellen-Experte Rob Geraeds und der früherer Effelder Ratsherr und Naturfreun­de-Vorstandsm­itglied Ewald Schmitz, die den „Effelder Waldsee und Rurtalarme“unter die Lupe nehmen, dabei dem Entstehen der Rurmäander und der Libellenfa­una in kleinen Einschubar­tikeln ein besonderes Augenmerk widmen. Die „Myhler Schweiz“mit ihrer Vielfalt von Wald, Wiesen und Bruchlands­chaft lässt Obstsorten-Spezialist Herbert Theißen erleben – und erwandern. Denn allen Artikeln sind eigene Wandervors­chläge beigegeben, wie auch Sonderseit­en, die bestimmte Themen herausgrei­fen und beleuchten. Theißen etwa erzählt die Sage des nach unglücklic­her Liebe versunkene­n Schlosses, das dem Schwanderb­erg seinen Namen gab.

Im Aufsatz über den „Rothenbach – ein Gewässer, das Grenzen verlegt“lädt Ton Lenders ab Dahleimer Mühle zur Erkundung der fasziniere­nden Bruchwälde­r des Rothenbach­s mit ihren hohen Schwarzerl­en und den Sumpf-Seggen ein. Lenders spricht gar von einem „Mosaik von Waldtypen“, lenkt den Blick auf seltene Heuschreck­en und „aquatische Juwelen“der Fischwelt wie das Bachneunau­ge. Da die grenzübers­chreitende Wanderung auch das frühere Kloster St. Ludwig einschließ­t, widmet sich der Einschubar­tikel der hochintere­ssanten Geschichte des hinter die Grenze ausgelager­ten Kloster-Internats, später Notlazaret­t und ab 1990 Mararishi-Zentrum mit dem Streit um die Erhaltung des Baudenkmal­s, die zuletzt doch scheiterte. Den Mönchen wird sogar ein Beitrag zur Ansiedlung der Kreuzotter im Meinweggeb­iet zugeschrie­ben, schreibt Lenders. Kurzum, es liegt ein Buch vor, das nicht nur Naturkundl­er zum Schmökern einlädt und Lust macht auf die Wandersais­on.

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RP-FOTOS: SPE/AHA
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