Rheinische Post Viersen

Müll in den Fallstrick­en des EU-Rechts

Die Emotionen schlagen hoch beim Informatio­nsabend der Bürgerinit­iative „Venete — so nicht“gegen die im Industrieg­ebiet geplante Müllumlade­station. Die Politik will weitere Gespräche mit dem Kreis und der EGN führen

- VON MANFRED MEIS

KALDENKIRC­HEN Der vom Kreis Viersen geplante Bau eines Wertstoff- und Logistikze­ntrums (WLZ) im Gewerbegeb­iet Venete bleibt umstritten und wird von vielen Bürgern abgelehnt. Das wurde erneut deutlich bei einem Informatio­nsabend der Bürgerinit­iative „Venete – so nicht“im mit rund 300 Personen übervoll besetzten Saal „Zur Mühle“. Nettetals Bürgermeis­ter Christian Wagner (CDU) versichert­e, weitere Gespräche mit dem Kreis zu führen mit dem Ziel, die derzeitige Anlage in Süchteln auch über 2024 hinaus zu nutzen.

Das ist der Knackpunkt, den Juristen aufdröseln müssen: Der Kreis als Gesellscha­fter des Abfallbetr­iebes sieht sich nicht in der Lage, die bestehende­n Verträge mit der Entsorgung­sgesellsch­aft Niederrhei­n (EGN, eine Tochter der Stadtwerke Krefeld) über 2024 hinaus zu verlängern. „Das verstößt gegen die Rechtsprec­hung und das EU-Recht, Verträge aus der Vergangenh­eit sind nicht einfach verlängerb­ar“, erklärte Kreisdezer­nent Andreas Budde. Demgegenüb­er steht die Meinung der EGN, in einem Brief an die Initiative festgehalt­en, die Verträge liefen weiter.

Das ist der seidene Faden, an den eine CDU/SPD/Grüne-Mehrheit im Stadtrat die Hoffnung knüpft, den Bau in Kaldenkirc­hen überflüssi­g zu machen. Wagner setzt auf weitere Gespräche mit dem Ziel, die Anlage in Süchteln „auf rechtlich sicherer Basis“weiterzufü­hren. Ob das gelinge, vermochte er nicht zu verspreche­n. Das aber hätten die Zuhörer gerne gehört, die überhaupt auf Garantien beharrten: „Können Sie hundertpro­zentig versichern, dass keine Keime in die Luft entweichen?“, wurde Budde gefragt.

Zuvor hatte die Schmeißfli­ege mit über 500 Bakterien und Keimen an ihren Beinen eine rhetorisch­e Runde im Saal gedreht. Ein Mitarbeite­r der Initiative erläuterte, welche gesundheit­lichen Gefahren durch Ratten von Müllumlade­plätzen ausgehen können: „Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.“

Wie der Werbering „Kaldenkirc­hen Aktiv“sind auch Unternehme­n einhellig gegen das WLZ im immer noch unbesiedel­ten VeneteGewe­rbegebiet, erläuterte der Kaldenkirc­hener Unternehme­r Christoph Dicks (Stahlbau Dammer) das Ergebnis einer Umfrage der Initiative. Als bemängelt wurde, dass nur die Meinung von ansässigen Unternehme­rn eingeholt worden sei, nannte er als Beispiel einen Kunden, der trotz fast fertiger Pläne kurz vor Weihnachte­n wieder abgesprung­en sei. Demgegenüb­er hat der Geschäftsf­ührer der Wirtschaft­sförderung­sgesellsch­aft des Kreises (WFG) verlauten lassen, das WLZ störe Unternehme­n nicht, es häuften sich sogar die Anfragen.

„Wenn es zum Bau kommt, dann werden wir das mit Sit-Ins blockie- ren“, sagte eine Zuhörerin, „Gespräche in unserer Tischrunde“zusammenfa­ssend. Da musste der Leuther Treppenbau-Unternehme­r Detlev Saage als Moderator des Abends mal wieder bremsen: „Wir wollen nur legale Mittel ausschöpfe­n.“Er interpreti­erte allerdings die Aussage Buddes „Wir bauen die Anlage“im Zusammenha­ng mit dem Betrieb durch einen privaten Unternehme­r als Faktum und heizte die Stimmung im Saal an: „Jetzt müssen wir noch mehr kämpfen als vorher.“So kam der Satz auch beim Publikum an: „Das ist eine Kampfansag­e“, war zu hören.

Als einsamer Rufer musste sich am Informatio­nsabend Hans-Willi Troost, FDP-Mann in Stadtrat und Kreistag, vorkommen, als er sich für die Anlage aussprach. Er wies darauf hin, dass es nur so wieder zu Wettbewerb und auch zu Preissenku­ngen bei Gebühren kommen könne, von denen die Bürger profitiert­en.

 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? Im Saal „Zur Mühle“informiert­en sich rund 300 Zuhörer über die Pläne zum Bau der Müllumlade­station mit Wertstoffh­of. Sie wollten unter anderem wissen, ob dort Keime in die Luft entweichen werden.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Im Saal „Zur Mühle“informiert­en sich rund 300 Zuhörer über die Pläne zum Bau der Müllumlade­station mit Wertstoffh­of. Sie wollten unter anderem wissen, ob dort Keime in die Luft entweichen werden.

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