Rheinische Post Viersen

Närrisches Jubiläum für Achnes Kasulke

- VON EMILY SENF

Paul Peeters aus Kaldenkirc­hen ist am 10. Januar im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Seit 1980 war er im Ortsverein Kaldenkirc­hen des Vereins Niederrhei­n (VN) aktiv. „Sein Name ist untrennbar mit dem Wandervere­in in Kaldenkirc­hen verbunden“, heißt es vom Verein. Paul Peeters war 33 Jahre als Wanderwart sowie als stellvertr­etender Vorsitzend­er beim VN-Kaldenkirc­hen stark engagiert. Im Jahre 2000 führte er den bis heute bestehende­n, monatliche­n „Klängerabe­nd“ein. 2014 schied der ehemalige Speditions­kaufmann aus dem Vorstand aus. Er hatte stets gute Ideen für die jährlichen Tagestoure­n an Rhein und Mosel. Mit seiner unterhalts­amen Art sorgte Paul Peeters immer für gute Laune, besonders wenn er sein musikalisc­hes Talent am Waschbrett vorführen konnte. „Alle Wanderfreu­nde, die Paul gekannt haben, werden ihn schmerzlic­h vermissen und seiner oft gedenken“, teilt der Verein mit. „Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.“ KALDENKIRC­HEN Die wichtigste Faustregel für Büttenredn­er vorneweg: „Im Karneval muss nach 20 Sekunden der erste Brüller kommen, sonst verlieren die Besucher die Aufmerksam­keit“, erklärt Achnes Kasulke. Sie muss es wissen. Seit 1997 steht die Kaldenkirc­henerin als „letzte deutschspr­achige Putzfrau vor der Autobahn“auf der Bühne, vor elf Jahren gelang ihr der große Durchbruch. Der Grund für ihren Erfolg? „Mit mir und meinen Problemen kann sich jeder identifizi­eren“, sagt sie. Ihr Weg zur Büttenredn­erin begann mit einem kleinen Schritt. Eigentlich war es eher ein Fehltritt, sie knickte mit dem Fuß um. „Von einem Moment auf den anderen konnte ich nicht mehr tanzen“, sagt Kasulke, die mit bürgerlich­em Namen Annette Esser heißt und bis dahin Funkenmari­echen bei der Spielgemei­nschaft Kolping Karneval Kaldenkirc­hen war. Zeit zum Trübsalbla­sen blieb ihr kaum: „Ich wurde gefragt, ob ich mit zwei anderen auf der Bühne stehen möchte“, erinnert sich die 47-Jährige. So berieten sich kurz danach Frau Antje aus Holland, Esser als dicke Putzfrau aus dem Ruhrgebiet und eine übergewich­tige Miss Hessen über die Lage der Nation. Die Putzfrau kam bei den Besuchern so gut an, dass Esser ab dem Jahr darauf in der Rolle alleine unterwegs war. „Meine Figur hatte anfangs keinen Namen“, sagt sie. „Aber den orangefarb­enen Eimer hatte ich damals schon.“

Nach einer Babypause hat Bodo Krohn 2006 Essers Talent erkannt, erzählt er. Der 66-Jährige kommt aus der Musikindus­trie, hat Größen wie die Bläck Fööss vertreten und Kasulke ein Vorspreche­n vor dem Klub Kölner Karnevalis­ten sowie dem Festkomite­e des Kölner Karnevals verschafft. „Dann stehen da beim Casting fünf Putzfrauen“, sagt Esser. „Bei keiner habe ich von nebenan Lacher gehört.“Sie ist als letzte dran. „Ich habe einfach angefangen mit: Sauber ist es hier bestimmt heute.“Und sie überzeugt.

Seitdem ist Kasulke regelmäßig bei Fernsehsit­zungen zu sehen, seit einem Jahr hat sie sogar eine eigene Radiosendu­ng. Sie tritt ganzjährig bei Schützen- und Betriebsfe­sten sowie Geburtstag­sfeiern auf und kann davon inzwischen leben. Doch ihren Wurzeln ist sie bis heute treu: Esser ist noch Mitglied bei der Spielgemei­nschaft und tritt in jeder Session an den drei bunten Kolpingabe­nden sowie am Seniorenna­ch- mittag in Kaldenkirc­hen auf. Ihre Töchter sind in der Tanzgarde.

Bei Esser geht es um das alltäglich­e Leben: Männer, Gewichtspr­obleme, Kinder, Senioren, Begegnunge­n im Supermarkt und das, was gerade aktuell ist, die Darts- oder die Fußball-Weltmeiste­rschaft etwa. Sie ist in den Karnevalsh­ochburgen unterwegs, in Spitzenzei­ten hat sie bis zu acht Termine an einem Tag, fährt pro Wochenende rund 1000 Kilometer. Hat sie es nicht satt? „Nein, gar nicht“, sagt Esser. „Ich kriege zum Beispiel sofort meinen Lohn. Bei einem Klempner klatscht niemand Applaus.“

Ihren Künstlerna­men hat Esser sich gegeben, „weil er sich so richtig blöd anhört“, sagt sie. Ein Zuschauer habe diese Erklärung einmal mit Humor genommen, berichtet sie: „Er hieß Kasulke mit Nachnamen.“Der Zusatz „letzte deutschspr­achige Putzfrau vor der Autobahn“habe sich aus einem Witz ergeben. Bekannte von früher hätten ihr die Karriere als Büttenredn­erin wohl kaum zugetraut: In ihrer ersten Fernsehsit­zung war eine ehemalige Klassenkam­eradin im Publikum. „Sie sagte hinterher zu mir: Aber du hast doch in der Schule nie gesprochen!“, erzählt Esser und lacht. Auch nach der Schulzeit deutete zunächst nichts auf eine Bühnenkarr­iere hin. Sie machte eine Gärtnerleh­re und arbeitete als Bauzeichne­rin bei einem Architekte­n.

Die Texte schreiben Esser und ihr Manager Krohn selbst, ändern spontan auf der Fahrt zu einem Auftritt etwas um. Auch auf der Bühne müsse sie flexibel sein, sagt Esser: „Ein Saal ist wie eine Wundertüte. Manchmal feiern die Besucher wild, manchmal ist die Stimmung tot.“

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FOTO: BODO KROHN Ihr orangefarb­ener Eimer begleitet Annette Esser alias Achnes Kasulke seit ihren Anfängen im Jahr 1997.

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