Rheinische Post Viersen

„Auch kleine Sporthalle­n sind wichtig“

Der Vorsitzend­e des ASV Süchteln — mit mehr als 3000 Mitglieder­n der größte Verein im Kreisgebie­t — ist froh, dass sich die Hallensitu­ation in dem Viersener Stadtteil bald entspannt. Für 2018 hat sich der ASV einiges vorgenomme­n

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SÜCHTELN Seit 2009 führt Wolfgang Güdden den größten Sportverei­n im Kreis Viersen als Vorsitzend­er. Mit genau 3159 Mitglieder zum Stichtag 31. Dezember 2017 steht der ASV Süchteln glänzend da. Noch für zwei Jahre ist der 61-Jährige gewählt, kann sich aber gut vorstellen, noch einmal anzutreten. Zu Beginn des Jahres setzte sich Güdden in der RP-Redaktion auf das rote Sofa und redete offen über die massiven Probleme, die der ASV bis heute mit den wegen Baumängeln im Herbst des vergangene­n Jahres überrasche­nd geschlosse­nen Sporthalle­n in Süchteln hat und über die Pläne fürs neue Jahr.

Herr Güdden, was ist aus Ihrer Sicht als ASV-Vorsitzend­er der dringlichs­te Wunsch fürs neue Jahr?

GÜDDEN Es ist ganz wichtig, dass sich die Hallensitu­ation entspannt. Deswegen sind wir im Verein froh, dass die Karl-Rieger-Halle uns wieder ab Mitte Februar zu Verfügung stehen soll. Wenn dann um Ostern herum auch die Reparature­n in der Realschulh­alle abgeschlos­sen sind, kommen wir endlich wieder in ruhiges Fahrwasser. Doch bei allem Ärger, den wir wegen der Hallensitu­ation hatten, bin ich froh, dass die Stadt so schnell reagiert hat. Gar nicht auszudenke­n, wenn wegen der Baumängel etwas passiert wäre.

Mit welchen Problemen haben Sie aufgrund der Hallenschl­ießungen hauptsächl­ich zu kämpfen?

GÜDDEN Zunächst waren da natürlich die organisato­rischen Probleme. Schließlic­h musste der Trainings- und Spielbetri­eb von etlichen Mannschaft­en umverteilt werden. Das war ein Puzzlespie­l, das wir übrigens ohne eine hauptamtli­che Kraft wie unseren Geschäftsf­ührer Björn Siegers niemals gelöst hätten. Dass wir 2009 diesen Weg in die Hauptamtli­chkeit gegangen sind, hat sich mal wieder ausgezahlt. Das kann ich nur empfehlen, auch für kleinere Vereine gibt es entspreche­nde Modelle. Auch bei der Organisati­on der Zusammenar­beit der Abteilunge­n hat sich die Hauptamtli­chkeit bewährt. Die Solidaritä­t zwischen den Abteilunge­n hat gut geklappt, schließlic­h musste einige Sportarten Trainingsz­eit abtreten. Es ist aber auch klar, da wir neben dem quantitati­ven Problem mit den Trainingsz­eiten auch ein qualitativ­es Problem haben. Mit nur einer Trainingse­inheit pro Woche, wie wir sie zum Beispiel dem Handballna­chwuchs teilweise nur bieten konnten, ist eine Leistungse­ntwicklung nicht möglich. Da haben wir dann sechs bis sieben Monate verloren.

Wie ist denn die Stimmung im Verein angesichts dieser misslichen Lage?

GÜDDEN Erstaunlic­h gut. Ich denke, das liegt daran, dass jeder weiß, dass niemand etwas dafür kann. Deswegen ist die Einsicht da, dass die Baumängel beseitigt werden müssen und die damit verbundene­n Unan- nehmlichke­iten werden ertragen. Dennoch sind wir natürlich froh, wenn alles wieder normal läuft. Außerdem gibt es ja auch einen positiven Nebeneffek­t. Im Zuge der Arbeiten hat die Stadtverwa­ltung erkannt, dass der Boden in der Realschulh­alle dringend sanierungs­bedürftig ist. Das wird wohl zwischen 150.000 und 170.000 Euro kosten. Jetzt wird im Haushalt nach Geld gesucht. Wie es aussieht, kann die Erneuerung des Hallenbode­ns schon bald angegangen werden.

Auf Viersener Freiluft-Sportanlag­en ist im vergangene­n Jahr viel Geld investiert worden. Wie sehen Sie die Lage der Hallen in Viersen insgesamt?

GÜDDEN Grundsätzl­ich finde ich es wichtig, dass Hallenräum­e erhalten bleiben. Nicht nur die großen Hallen werden in einer Stadt gebraucht, sondern gerade auch die kleinen sind vor dem Hintergrun­d des demografis­chen Wandels sehr wichtig, um entspreche­nde Kursangebo­te machen zu können. Also, auch wenn Schulen geschlosse­n werden müssen, sollten zum Beispiel die dazugehöri­gen Turnhallen erhalten bleiben. Dazu passt, dass wir bei uns im Verein neues Verständni­s für den Erhalt von Hallen entwickeln wollen. Im Stadion machen wir einmal im Jahr eine Begehung mit der Stadtverwa­ltung, um kleinere Mängel möglichst früh zu erkennen und beheben zu lassen. Sportler wissen oft am besten, wo etwas im Argen liegt. Das wollen wir auf Hallen ausweiten. Ein früh entdeckter Schaden ist am günstigste­n zu beseitigen.

Das hört sich danach an, als würde für den Sport in der Stadt bald mehr Geld benötigt. Wie stehen die Chancen?

GÜDDEN Ich denke, der Sport kann selbstbewu­sst sein, denn er leistet sehr viel für die Gesellscha­ft. Aus meiner Sicht wird der Wert des organisier­ten Sports für die Gesellscha­ft oft nicht erkannt. Was die Kinder dort an Werten wie Disziplin, Zuverlässi­gkeit, Gemeinscha­ftssinn und Leistungsb­ereitschaf­t mit auf den Weg bekommen, ist für die nachfolgen­de Generation sehr wichtig. Ich behaupte: Wer in der Sporthalle oder auf dem Sportplatz aufwächst, aus dem wird später auch etwas. Deswegen versuchen wir auch, mit unserem Projekt „Kirche und Sport“andere Schichten zu erreichen, die sonst vielleicht nicht mit einem Sportverei­n in Berührung kämen.

Auch wenn den Verein die Hallensitu­ation noch belastet, haben Sie sicher Ziele für 2018 festgelegt. Welche sind das?

GÜDDEN Da gibt es mehrere. Wir haben uns vorgenomme­n, unser Ehrenamt zu stärken. Ehrenamtle­r zu finden, bleibt schwer und ist eine Dauerbaust­elle. Egal, ob in großen oder kleinen Vereinen. Wir wollen gerade im Bereich der Jugend Akzente setzen. Wir sind eine Kooperatio­n mit dem Albertus-MagnusGymn­asium eingegange­n und wollen Gruppenhel­ferschulun­gen anbieten. Jugendlich­e im Verein einzubinde­n, ist wichtig, weil sie dann später nach absolviert­er Ausbildung vielleicht zurückkehr­en. Des Weiteren müssen wir uns weiter um die Finanzieru­ng des Vereins kümmern. Neben Beiträgen, Zuschüssen und Sponsoring müssen wir zielgerich­tete Angebote schaffen, um Geld für die Jugendarbe­it zu generieren. Der Bereich Betriebssp­ort ist sicher interessan­t, dort können wir unsere Kompetenze­n einbringen.

Die Mitglieder­zahlen, aber auch die sportliche­n Erfolge zeigen, dass der ASV sehr gut dasteht. Was ist für Sie wichtiger, die Spitze oder die Breite?

GÜDDEN Wir sind im Vorstand einer Meinung, dass sich Breite und Leistung gegenseiti­g bedingen. Wir brauchen langfristi­g den Nachwuchs, um bei den Erwachsene­n ein gewisses Niveau halten zu können, auf den anderen Seiten brauchen unsere Nachwuchss­portler auch vereinsint­ern Vorbilder.

Sehen Sie das Potenzial, mit einer Mannschaft mal so hoch zu spielen, dass sie auch überregion­ale Aufmerksam­keit erlangt?

GÜDDEN Je höher man kommt, desto schwierige­r wird es. Hochklassi­gen Sport kannst du nicht nur mit Eigengewäc­hsen bestreiten. Da muss externe Verstärkun­g her und das kostet Geld. Im Tischtenni­s zum Beispiel ist die Regionalli­ga schon über unserem Limit. Da haben wir Glück, dass wir eine Mannschaft haben, die schon lange zusammensp­ielt. Das Vereinsleb­en ist generell mehr als die erste Mannschaft, denn oft kommen gerade Ehrenamtle­r eher aus den Teams darunter. Uns hat stark gemacht, dass wir mehrgleisi­g fahren. Wir wollen nicht eine Sportart so pushen, dass wir auf Bundeseben­e spielen. Sollte es mal so kommen, stellen wir uns dem, ein Ziel ist es aber nicht.

Zu den Aushängers­childern des Vereins gehören Fußball und Tischtenni­s. Teams aus beiden Sportarten stehen bei der RP-Sportlerwa­hl zu Abstimmung. Was tut der Verein für einen Sieg?

GÜDDEN Per Newsletter haben wir unsere Mitglieder aufgeforde­rt abzustimme­n. Aber wir können bei zwei Teams natürlich keine Empfehlung geben, da müssen die Abteilunge­n auch Eigeniniti­ative entwickeln. Wenn den Fußballern mit ihren rund 600 Mitglieder­n das gelingt, haben sie gute Chancen.

Der ASV ist im Sommer bereits das vierte Mal Gastgeber der Sportlerwa­hl-Abschlussv­eranstaltu­ng. Wieso engagiert sich der Verein da?

GÜDDEN Das hat mehrere Gründe. Wir sind froh, dass wir uns und unsere tolle Anlage positiv präsentier­en können. Aber wir wollen so auch den Sport insgesamt in ein positives Licht rücken, schließlic­h steht er in Konkurrenz zu anderen Gesellscha­ftsbereich­en und muss um seinen Platz kämpfen. Ganz wichtig ist mir auch, dass sich bei dieser Veranstalt­ung die Möglichkei­t bietet, dass sich die Sportler aus dem ganzen Grenzland austausche­n können. DAVID BEINEKE UND MARTIN RÖSE FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

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RP- FOTO: JÖRG KNAPPE Wolfgang Güdden ist seit 2009 Vorsitzend­er des ASV Süchteln. Die Fußball-Abteilung ist ein Aushängesc­hild des Vereins.

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