Letzte Ruhe hoch oben in der Luft
Eine Ballonbestattung ist eine Sonderform der Urnenbestattung. Dabei gibt es zwei völlig unterschiedliche Formen.
Eine überaus spektakuläre eigene Bestattung hatte der 2005 verstorbene bekannte amerikanische Journalist und Autor Hunter S. Thompson, eine Ikone der Hippiebewegung, als seinen letzten Willen verfügt: In 34 in den Nationalfarben Rot, Weiß und Blau erstrahlenden Feuerwerkskörpern ließ er seine Asche in den Abendhimmel von Colorado schießen.
Eine derartige Bestattung ist hierzulande unmöglich – dem schiebt das NRW-Bestattungsgesetz einen Riegel vor, auch wenn dies schon recht liberal ist (siehe Info).
Ebenfalls nicht erlaubt ist in Deutschland eine andere Sonderform der Urnenbestattung: die Ballonbestattung. In den Niederlanden zum Beispiel ist die aber legal. Wegen der Nähe zum Nachbarland bieten daher auch einige (wenn auch wenige) hiesige Bestatter diese spezielle Bestattungsform an.
Grundsätzlich gibt es dabei zwei völlig unterschiedliche Formen. Die eine orientiert sich im Prinzip am Beispiel Thompsons: Ein mit der Asche des Verstorbenen sowie dem Edelgas Helium gefüllter Luftballon wird auf einem freien Feld, einem Park oder auch einem Strand von den Angehörigen in die Lüfte entlassen. Langsam steigt der Ballon zum Himmel, ist bei günstigen Wetterbedingungen noch lange zu sehen. In einer Höhe von etwa 20 bis 25 Kilometern ist der Druck auf die Ballonwand dann so groß, dass der Ballon platzt – die Asche verteilt sich in alle Himmelsrichtungen.
Die andere Art dürfte die Form sein, an der die meisten beim Wort Ballonbestattung wohl auch zuerst denken: Mit einem Heißluftballon erheben sich eine Handvoll Angehörige (mehr Platz ist in der Gondel in der Regel nicht) mit der Crew in die Lüfte. Hat der Ballon eine gewisse Höhe erreicht, findet die Trauerzeremonie statt, ehe die Asche des Verstorbenen von dort aus verstreut wird.
Derartige Bestattungen sind freilich selten. „916.000 Bestattungen hat es in Deutschland im Jahr 2016 gegeben. Spezielle Formen wie die Ballon- oder auch Diamantbestattung haben dabei geschätzt einen Anteil von gerade einmal 0,1 bis 0,5 Prozent ausgemacht“, sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des in Düsseldorf beheimateten Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur.
Dass er diese Bestattungsart für sich selbst nicht gerade favorisiert, daraus macht der Di- plom-Theologe keinen Hehl: „Menschen brauchen einen Ort, an dem sie trauern können. Der entfällt so aber.“Ausdrücklich warnt er bei Bestattungsangeboten vor „Scheinverheißungen“, wie er es ausdrückt. Umgekehrt gelte ein Grundsatz aber natürlich auch: „Der Wille des Verstorbenen ist unbedingt zu akzeptieren, nicht zu hinterfragen.“
Vorausgehen solle aber eine qualifizierte Beratung durch einen Bestatter. „Er sollte im Gespräch auf die Konsequen- zen und Tragweite dieser Entscheidung hinweisen.“Das könne er zum Beispiel mit diesem Satz: „Ich weise Sie darauf hin, mit welchen Konsequenzen Ihre Entscheidung verbunden ist – nicht, dass Sie danach sagen, niemand hätte Ihnen das gesagt oder Sie darüber aufgeklärt.“
Die Menschen hätten heute vielfältige bestattungskulturelle Wünsche, während sie früher dabei mehr gängigen Konventionen gefolgt seien. „Bedenken sollte man aber, dass die gewählte Bestattungsform nicht revidierbar ist. Mit den Folgen muss man unausweichlich leben. Das ist daher eine absolut existenzielle Entscheidung, die wohlüberlegt sein will.“Wirthmann zitiert dazu ein Wort der Dichterin Mascha Kaléko: „Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur. Doch mit dem Tod der andern muss man leben.”
Entschieden wendet sich Wirthmann auf alle Fälle gegen eine anonyme Bestattung: „Da kenne ich etliche Fälle, bei denen die Hinterbliebenen das später bereut haben. Wichtig ist daher, dass man zu Lebzeiten mit der Familie über den eigenen Tod spricht, das nicht als Tabu ansieht.“
Ausdrücklich warnt Wirthmann vor einem sogenannten „Stillen Abtrag“, einer Bestattung ohne jegliche Trauerfeier. „Dass eine Urne einfach nur zum Urnengrab transportiert und dort beigesetzt wird, das erachte ich als ein großes Problem.“Rund 20 Prozent der Bestattungen würden freilich bereits so ablaufen – ein Trend, den Wirthmann mit großem Unbehagen registriert.