Rheinische Post Viersen

Alarm bei der Diakonie: Weiter im Minus

Der neue Geschäftsf­ührer Ludger Firneburg wird zum Sparkommis­sar. Die Rücklagen sind fast weg. Erste Beratungse­inrichtung­en sind zum Jahresbegi­nn geschlosse­n worden, Verträge wurden gekündigt

- VON NORBERT STIRKEN

KREIS VIERSEN Um sein neues Amt als Geschäftsf­ührer der Diakonie Krefeld und Viersen ist Ludger Firneburg nicht zu beneiden. Der 54jährige Pädagoge muss seine Rolle in großen Teilen zunächst als Sparkommis­sar interpreti­eren. Seit Jahren schreibt die Diakonie rote Zahlen. Bislang konnte sie ihre Etats noch aus den Rücklagen ausgleiche­n. Doch damit ist es vorbei. „Wir müssen unsere Finanzen auf gesunde Beine stellen“, sagte Firneburg gestern in der Zentrale an der Dreikönige­nstraße in der Krefelder Innenstadt. Noch hätten sie keine Schulden.

Jährlich setzt das Diakonisch­e Werk Krefeld und Viersen als Teil der Evangelisc­hen Kirche rund sieben Millionen Euro um. Etwa ein Zehntel davon ist ein Zuschuss aus Kirchenste­uern. Der große Rest sind Mittel von Land und Kommune sowie Projektgel­der und Spenden. Zuletzt reichten die Einnahmen nicht mehr aus, um die anfallende­n Kosten zu decken. Etwa 250.000 Euro fehlten seit 2015 jedes Mal zum Jahreswech­sel erneut in der Kasse.

Rund 80 Prozent der Kosten seien Ausgaben fürs Personal. Etwa 120 hauptamtli­che Kräfte beschäftig­e die Diakonie, um ihr Angebot für eine breit gefächerte Klientel aufrecht zu erhalten, informiert­e der neue Geschäftsf­ührer. Die Stelle eines Stellvertr­eters wurde ersatzlos gestrichen. „Für mich gibt es auch nur noch eine Abwesenhei­tsvertre- tung“, sagte er, der zuletzt Stellvertr­eter der in den Ruhestand versetzten Ellen Weinebrod war.

Doch das ist erst der Anfang. Firneburg muss zweigleisi­g fahren. Das heißt, er sucht das Gespräch mit den Zuschussge­bern einerseits, um festgeschr­iebene Abmachunge­n anzupassen, und er stellt anderseits das Angebot der Diakonie auf den Prüfstand. Erste Konsequenz­en sind bereits gezogen. Zum Jahresbegi­nn hat die Diakonie ihr Beratungsa­ngebot für Kuren wie Mütter-KindKuren aufgegeben. Ferner sei der Vertrag mit der Stadt Krefeld über den Betrieb der Radstation am Hauptbahnh­of zum September die- ses Jahres gekündigt. Dort hat die Diakonie jährlich drei bis vier Langzeitar­beitslose an den Arbeitsmar­kt herangefüh­rt. Die Stadt Krefeld hat nur einen Teil der Kosten für die Radstation mit 360 Stellplätz­en und zusätzlich­en Servicelei­stungen wie Vermietung, Codierung und Werkstatt aufgefange­n.

Firneburg hofft, noch eine finanziell für die Diakonie bessere Lösung mit der Kommune zu verabreden. Gerade die Arbeit mit Langzeitar­beitslosen und anderen Benachteil­igten in der Gesellscha­ft liege ihm am Herzen, sagte er. Die auseinande­rgehende Schere zwischen Arm und Reich sorge dafür, dass die hilfesuche­nde Gruppe immer größer werde. Psychische und finanziell­e Probleme führten die Menschen in eine gesellscha­ftliche Sackgasse. Einige schafften es nicht mehr, ihren Alltag zu organisier­en. Sie benötigten Unterstütz­ung und Beistand.

Es sei einfach an der Zeit, den Status quo in den Verabredun­gen noch einmal einvernehm­lich zu überprüfen. So entstehe zum Beispiel in der Schuldnerb­eratung ein immer größeres Defizit, weil die alten Verträge etwa die über Jahre hinweg gestiegene­n Personalko­sten in ihren Fallpausch­alen unberücksi­chtigt lassen. „Dabei steigt der Beratungsb­e-

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RP-FOTO: NO Die Diakonie hat ihren Hauptsitz an der Dreikönige­nstraße in der Krefelder Innenstadt. Geschäftsf­ührer Ludger Firneburg stellt nun die Angebote auf den Prüfstand. Das Sparen soll ohne Entlassung­en erfolgen.

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