Rheinische Post Viersen

Vom Schlüsseld­ienst abgezockt

Eine abgebroche­ne Schlüsseln­ase an einem Sonntag endete für einen Kempener mit einer Rechnung von knapp 1400 Euro. Er wurde das Opfer eines unseriösen Unternehme­ns, das der Polizei bekannt ist

- VON BIANCA TREFFER

KEMPEN Eigentlich war es ein ganz normaler Sonntag für Stefan Schmitz (Name geändert). Er machte mit seinem Hund einen Spaziergan­g, nachdem er die Haustür des Einfamilie­nhauses ordnungsge­mäß abgeschlos­sen hatte. „Als ich nach rund einer Stunde zurückkam und aufsperren wollte, bekam ich die Haustür nicht mehr auf. Der Schlüssel griff nicht“, berichtet der Kempener. Mit seinem Smartphone googelte er unter den Stichwörte­rn Kempen sowie Schlüsseln­otdienst und wurde sofort fündig. Eine Seite, die schadensfr­eie Türöffnung­en in Kempen versprach, Schlösser ab acht Euro anpries und eine Anreise von 20 Minuten offerierte, erschien als erstes Ergebnis.

Schmitz klickte an und stieß auf einen gut aufgemacht­e Internetau­ftritt mit der Überschrif­t „Schlüsseld­ienst für Kempen“. Eine kostenlose 0800-Nummer wurde direkt mit angegeben. „Es sah alles seriös aus. An- und Abfahrtsko­sten waren mit 20 Euro angegeben. Außerdem wurde von seriösen Preisen gesprochen. Mir war inzwischen eisig kalt geworden, und ich wollte nur noch mit dem Hund zurück ins Haus“, erinnert sich der 63-Jährige.

Er rief an. Der Monteur am anderen Ende der Leitung versprach, in einer halben Stunde vor Ort zu sein. Es wurde eine Stunde daraus, wobei Schmitz sofort das Essener Kennzeiche­n an dem Wagen auffiel. Er sprach den Monteur darauf an und erhielt die Antwort, der Monteur arbeite für einen Schlüsseln­otdienst aus Essen. Er selber käme aus Krefeld und sei für die Notdienste aus der Krefelder Umgebung zuständig. Laut Aussage des Mannes war die Schlüsseln­ase abgebroche­n und da- her die Öffnung der Tür auf normalem Weg nicht mehr möglich. Das Schloss müsste komplett entfernt werden. Kostenpunk­t: Eine Fallpausch­ale von 159 Euro zuzüglich einem 100-prozentige­m Aufschlag.

Zeitgleich wurde Schmitz darüber informiert, dass geringfügi­ge Schäden entstehen könnten, da unter anderem mit der Flex gearbeitet werden müsste. „Was sollte ich machen? Ich war in einer Notlage“, be- merkt der Kempener. Eine Stunde später war das Schloss draußen, die Kunststoff­tür hatte einen gewaltigen Kratzer und der Funkenflug hatte an mehreren Stellen für hässliche Einbrände gesorgt. Schmitz konnte in sein Haus, aber es fehlte ein Schloss. Das verkaufte ihm der Monteur gleich mit. Die Kosten: Pro Millimeter drei Euro. Bei zehn Zentimeter kamen 300 Euro zuzüglich einer Sicherheit­srosette von 238 Euro hinzu. Weitere Materialko­sten für Schräubche­n & Co. sowie Arbeitsloh­n von 39 Euro pro einer Viertelstu­nde ergaben den Betrag von 1391,34 Euro. Zu zahlen in bar oder per EC-Karte. „Mit 500 Euro hatte ich ja gerechnet, aber nicht mit knapp 1400 Euro“, sagt Schmitz.

Er zahlte per Karte, wenngleich ihm das als Wucher vorkam. Wie Recht er mit seiner Vermutung haben sollte merkte er kurze Zeit später. „Ich habe im Internet recherchie­rt. Egal, welche Stadt ich eingab, immer kam der besagte Schlüsseld­ienst und kündigte an, der Dienst vor Ort zu sein. Im Impressum entdeckte ich zudem die Adresse einer Vermittler­firma in Herford“, berichtet Schmitz. Der Kempener schaltete eine Anwältin in Essen ein, weil die Rechnung des Schlüsseld­ienstes eine Adresse in dieser Stadt aufwies. „Als ich in Essen bei der Anwältin war, bin ich an der Rechnungsa­dresse vorbeigefa­hren. Eine herunterge­kommene Gegend mit Mietshäuse­rn, in der es unter der Hausnummer keinen Schlüsseld­ienst und auch nicht den angegebene­n Namen gab“, erzählt Schmitz. Sein nächster Gang führte ihn zur Polizei, wo er Anzeige erstattete. Bei der Polizei ist das Unternehme­n bestens bekannt. Erst kürzlich wurde eine Willicheri­n abgezockt.

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FOTO: THINKSTOCK Ein Kempener, der nicht in sein Haus hineinkam, wurde von einem Schlüsseld­ienst abgezockt. Der 63-Jährige hat Anzeige erstattet. Die Betrüger sind der Polizei bekannt.

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