Rheinische Post Viersen

Reiter fürchten Schilderwa­ld

Pferdefreu­nde ärgern sich darüber, dass das neue NRW-Gesetz zum Reiten im Wald im Kreis Viersen nicht umgesetzt wurde. Die Bürgermeis­ter des Westkreise­s und das Forstamt haben Bedenken — sie sehen die Naherholun­g gefährdet

- VON BIANCA TREFFER

KREIS VIERSEN Eigentlich sollte eine neue Verordnung des Landes das Reiten im Wald zum 1. Januar 2018 liberalisi­eren. Die Gesetzgebu­ng sieht vor, dass das Reiten im Wald grundsätzl­ich auf allen Fahrwegen (befestigte oder naturfeste Waldwirtsc­haftswege) gestattet ist, was bis dato nicht der Fall ist. Im Kreis Viersen wird dies auch nicht passieren. Nachdem die Planung dies zuerst vorsah, äußerten die Bürgermeis­ter der Gemeinden Niederkrüc­hten, Schwalmtal, Brüggen und der Stadt Nettetal sowie Waldbesitz­er als auch das Forstamt Bedenken. Sie sehen unter anderem die Naherholun­g gefährdet.

Der Kreis Viersen will nun dem Kreis Wesel in seiner Vorgehensw­eise folgen und das Jahr 2018 dafür nutzen, Wege zu identifizi­eren, die für das Reiten im Wald infrage kommen könnten. Das heißt: Die alte Regelung bleibt in Kraft, aufgrund derer die Reiter nur ausgewiese­ne Reitwege durch den Wald nutzen dürfen. „Wir sind alle guten Willens, das Reiten auf Wirtschaft­swegen in bestimmten Waldgebiet­en zu ermögliche­n. Wir werden Ausschau halten, wo die liberalisi­erte Fassung möglich ist“, sagte Stephan Röttges, Abteilungs­leiter der Unteren Naturschut­zbehörde, bei einer im Forum des Kreishause­s angesetzte­n Informatio­nsveransta­ltung. Es gebe Wege, auf denen ohne Probleme geritten werden könne, und es gebe auch Waldbereic­he, wo Reiten generell kein Vergnügen mache.

Jacky Kampe, Beauftragt­er des Pferdespor­tverbands Kreis Viersen, sprach von einer landesweit­en Unsicherhe­it, wie mit der neuen Reitregel umgegangen werde, weil es keinen einheitlic­hen Verlauf in NRW gebe. Die erschienen­en Reiter und Vertreter von Verbänden und Vereinen rund um den Reitsport konnten indes die geplante Vorgehensw­eise nicht nachvollzi­ehen. „Welche Probleme befürchtet man eigentlich ge- nau mit den Reitern? Kann jemand konkrete Probleme benennen? Es gibt ein Miteinande­r von allen, die draußen unterwegs sind, daran sollten wir alle denken“, bemerkte eine Reiterin, die dafür Applaus der Besucher erhielt. Die Bedenkentr­äger, die die vorgesehen­e Liberalisi­erung verhindert­en, konnten darauf keine Antworten geben. Sie waren an diesem Abend nicht erschienen.

Wie gut alles klappen könne, wenn die Nutzer der Natur aufeinande­r achten, machte ein Reiter aus dem Gebiet der Bockerter Heide klar. Dort gibt es keine Reitwege. Alle Nutzer würden sich die Wege teilen, ohne dass es zu Problemen komme. Es kam zudem die Kritik, dass zu spät reagiert worden sei: „2017 sollte für Gespräche genutzt werden. Aber es ist nichts passiert“, sagte eine Reiterin. Röttges erinnerte daran, dass es zunächst geplant gewesen sei, die Liberalisi­erung umzusetzen und erst im Sommer die Bedenken von anderer Seite einzubring­en.

Eine der Fragen der Reiter bezog sich auf die Beschilder­ung. Sie woll- ten wissen, ob der Wald zum „Schilderwa­ld“würde. Philipp Niebling, der für die Reitwegere­gelung beim Kreis Viersen zuständig ist, sprach sich dafür aus, Wege zu kennzeichn­en, die nicht beritten werden dürfen. Ein Reiter sagte, dass kein Reiter Interesse daran habe, auf Massenwege­n sein Pferd zu bewegen – daher würden sich befürchtet­e Konflikte gar nicht ergeben. Auch seien Ausreitgru­ppen nie so groß, dass Wege Schaden nehmen könnten. Die Aussagen lösten erneuten Applaus aus.

Der Vorschlag, erst einmal die Liberalisi­erung umzusetzen und dann zu schauen, ob es überhaupt zu Problemen kommt, schien allen Reitern der beste Weg. Dazu wird es aber nicht kommen, darum war das Interesse groß, welche Entschei- dungen für Freigaben und Verbote von Wegen es geben wird. „Der Ball der Erweiterun­g liegt bei den Städten und Gemeinden“, sagte Kampe. Niebling sprach davon, dass an einer technische­n Lösung gearbeitet würde, mittels derer die Gemeinden und Städte Wege zur Freigabe mitteilen könnten, die dann eingepfleg­t werden würden. „Jeder kann bei mir anrufen und nachfragen, wer in den jeweiligen Rathäusern für die Wege zuständig ist, sich dort melden und persönlich­e Vorschläge zur Freigabe von Wegen machen“, sagte Niebling.

Mit der Kutsche im Wald zu fahren, bleibt übrigens nach wie vor verboten. Kutschen gelten offiziell als Fahrzeuge und werden somit nach Straßenver­kehrsrecht behandelt.

 ?? FOTO: THINKSTOCK ?? Ein Ausritt durch den Wald: Städte und Kreise können seit Anfang des Monats selbst entscheide­n, ob sie Wege freigeben wollen.
FOTO: THINKSTOCK Ein Ausritt durch den Wald: Städte und Kreise können seit Anfang des Monats selbst entscheide­n, ob sie Wege freigeben wollen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany