Cilia de Munnik lässt die Farben tanzen
1994 zog die gebürtige Niederländerin nach Oberkrüchten. Auf einem alten Bauernhof an der Meinfelder Straße arbeitet die Künstlerin mit Acrylfarbe, Stiften und Beton. Bei ihrer Jahresausstellung am Wochenende zeigt sie neue Arbeiten
NIEDERKRÜCHTEN Der Hof der Künstlerin ist nicht zu übersehen. Wer durch Oberkrüchten über die Meinfelder Straße fährt, entdeckt irgendwann auf Fenstersimsen aufgereiht fröhlich-bunte Figuren: Büsten aus Beton, mit lebhaftem Strich bemalt. Und dann, auf der Mauer, eine blaue Institution in Oberkrüchten: die Kuh. Ein in Lebensgröße künstlerisch verwandeltes Tier. Die Kuh ist so bekannt, dass Einwohner gern Ortsfremden sagen, wenn sie den Weg erklären wollen: „Wenn Sie an der Kuh vorbeifahren, sind Sie auf dem richtigen Weg.“
Schöpferin der bunten Figuren ist Cilia de Munnik. Seit 1994 lebt die gebürtige Niederländerin in Oberkrüchten. In Nijmegen studierte sie Cilia de Munnik Geschichte. 1977 kam sie nach Deutschland, studierte in Essen Textilgeschichte und Kunst, dann in Köln freie Malerei. Ihr Lebensweg führte sie erst nach Schaag, dann nach Niederkrüchten, schließlich zu dem alten Bauernhof in Oberkrüchten. Dort arbeitet sie seither an ihren Bildern und Skulpturen und hilft in Kursen Kindern und Erwachsenen, mit Farbe und Pinsel einen eigenen Stil zu entwickeln.
Die Kurse geben ihr Freiheit. „Dadurch, dass ich unterrichte, kann ich malen, was ich will“, sagt die 61Jährige. Allerdings entsteht das, was sie malen will, erst auf der Leinwand: „Ich male immer halb abstrakt“, erklärt de Munnik. „Ich schütte Farbe auf die Leinwand und gucke, was ich darin sehe.“Der Anfang eines Bildes sei „ein Zipfel, der sich entwickelt“, sagt sie. „Das Malen ist eine Reise. Ist Farbe auf der Leinwand, geht die Reise los. Ich weiß nicht, wohin diese Reise geht, das finde ich spannend.“
Die jüngsten Reisen mit Acrylfarbe und Stiften haben sie zu einer Vielzahl von Bildern geführt, die in den vergangenen Wochen in ihrem Atelier entstanden sind. Wer die schmale Treppe zum Arbeitsreich der Künstlerin im ersten Stock erklimmt, entdeckt schon an den Wänden im Flur Bilder, auf denen Figuren ohne Gesicht versammelt sind. Es sind schmale Körper, die im Raum zu schweben scheinen. In ihren fließenden Konturen werden sie eins mit den anderen.
Manche neigen die Köpfe einander zu, als wollten sie miteinander reden. Begegnungen von Menschen sind es, die de Munnik in ihren Arbeiten aufgreift. „Ich finde es schön, wenn Leute einander begegnen“, sagt die Künstlerin. „Im Sommer an einem großen Tisch sitzen, erzäh- len, spielen.“Ebenso reizvoll sei es, Menschen zu begegnen, die man noch gar nicht kenne. Sie könnten neue Horizonte eröffnen, sagt de Munnik – insbesondere auf Reisen.
Im vergangenen Sommer erkundete die Wahl-Oberkrüchtenerin für vier Wochen die polynesischen Inseln im Südpazifik – ein Wunschziel, seit sie als Geschichtsstudentin ihre Magisterarbeit über Paul Gauguin (1848-1903) schrieb, der vor allem durch seine Bilder aus der Südsee bekannt wurde. Das Blau des Wassers rund um das Atoll Bora-Bora faszinierte die Künstlerin. „Das Wasser ist wahnsinnig blau“, schwärmt de Munnik. „Ich habe es noch nie so schön gesehen wie auf Bora-Bora.“Wieder daheim, hielt sie das schillernde Blau und Grün des Wassers, die kleinen Inseln in der Ferne in lasierenden Tönen fest.
Die 61-Jährige ist eine unermüdliche Malerin. Morgens um kurz nach sieben startet sie mit einer Runde Walking in den Tag, dann gibt es Frühstück. Danach geht sie ins Atelier und beginnt mit der Arbeit, sechs Tage in der Woche. Sie malt mit Pinsel und Stiften. Ihre Farbe ist ausschließlich Acryl, niemals Öl. „Mit Acryl kann man alles machen“, sagt sie. „Man kann damit malen wie mit Aquarellfarben, aber auch wie mit Ölfarben.“Für sie sei der lasierende Farbauftrag entscheidend, „das ist schöner, als wenn eine Fläche nur mit einer Farbe ausgefüllt wird“, sagt sie. Entsprechend erklärt sie ihren Schülern: „Ihr seid Kunstmaler, keine Anstreicher.“
Wenn de Munnik am Wochenende ihre Ateliertüren für Besucher öffnet, sind viele dieser Begegnungen von Menschen zu sehen, die Bilder, die unter dem Eindruck der Südsee entstanden, und großformatige „Traumwelten“, in denen Figuren und Symbole ineinander fließen. Dunkel sind de Munniks Bilder nie, überall tanzen die Farben. Wer so malt, muss eine fröhliche Natur haben. De Munnik bestätigt das: „Ich bin ein sehr positiver, lustiger Mensch.“Es sei schön, schöne Dinge um sich zu haben: „Als ich studiert habe, war es verpönt, schöne Sachen zu machen. Es musste unverkäuflich sein, dann war es gut.“
„Das Malen ist eine Reise. Ich weiß nicht, wohin sie geht, das finde ich spannend“ Künstlerin