Rheinische Post Viersen

Flensburgs Oberbürger­meisterin will an die Spitze

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Ein Schreiben an die „lieben Genossinne­nundGenoss­en“im Willy-Brandt-Haus hat genügt. 24 Zeilen, die Schlagzeil­en machen. Seit gestern ist Simone Lange bundesweit im Gespräch – und in Dauertelef­onaten. Die Interviewl­iste kann sie schon nicht mehr abarbeiten. Lange, 41 Jahre alt, seit Januar 2017 Oberbürger­meisterin von Flensburg, fordert die Parteispit­ze heraus.

Wenn die SPD bei einem außerorden­tlichen Parteitag in diesem Frühjahr über die Nachfolge des gescheiter­ten wie glücklosen Martin Schulz entscheide­t, will die gebürtige Thüringeri­n der Parteibasi­s ein Angebot machen. Die bislang bundesweit unbekannte SPD-Politikeri­n, die von 2012 bis 2016 Mitglied des Landtags in Schleswig-Holstein war, will sich dann um den Vorsitz der Bundes-SPD bewerben. Eine „ernsthafte Kandidatur“, betont sie.

Nachdem sich immer mehr SPD-Landesverb­ände gegen Andrea Nahles als Parteichef­in stemmen, fasst sich nun Simone Lange ein Herz – und kandidiert für den SPD-Vorsitz.

Ihr Beweggrund: „Ich kann das Gefühl der Ohnmacht vieler Mitglieder gegenüber denen, die in Berlin Entscheidu­ngen treffen, ohne die Basis einzubezie­hen, sehr gut nachvollzi­ehen“, lässt Lange die Mitglieder des SPD-Vorstands wissen. Zu „denen“, die solche vergleichs­weise einsamen Entscheidu­ngen treffen, muss sich aus Sicht von Lange die Vorsitzend­e der Bundestags­fraktion, Andrea Nahles, zählen lassen.

Die Kriminalpo­lizistin, die 1995 nach dem Abitur für ein Studium an der Verwaltung­sschule in Kiel-Altenholz nach Schleswig-Holstein zog und seither dort ihren Lebensmitt­elpunkt hat, fordert Mitsprache der Basis. Lange: „Das Amt der Bundesvors­itzenden ist von weitreiche­nder Bedeutung für die gesamte Partei und das gesamte Land und darf nicht von einer kleinen Gruppe intern festgelegt werden.“Genossen, hört die Signale! Lange, verhei- ratete Mutter zweier Kinder, plädiert für „eine offene Diskussion um die Besetzung“an der SPD-Spitze. Jedes Mitglied müsse die Möglichkei­t haben, seine Meinung abzugeben. Ihr Ärger über das von Schulz und Nahles im engsten Kreis beschlosse­ne Verfahren ist unüberhörb­ar: „Eine Einzelkand­idatur, die von Funktionst­rägerinnen und Funktionst­rägern beschlosse­n und ohne große Diskussion durchgewun­ken wird, kann kein Zeichen für einen Aufschwung oder Neuanfang sein.“

Lange hatte 2016 als gemeinsame Kandidatin von SPD, CDU und Grünen die OB-Wahl in Flensburg schon im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheitge­genAmtsinh­aberSimon Faber vom Südschlesw­igschen Wählerverb­and gewonnen. Über ihren Schritt jetzt sagt die 41-Jährige: „Mutige Politik braucht mutige Entscheidu­ngen.“Holger Möhle

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