Rheinische Post Viersen

Südafrikas ANC fordert Präsident Zuma zum Rücktritt auf

Bis zuletzt hat Zuma gepokert. Er wollte noch ein paar Monate Präsident bleiben. Jetzt wurde es der Regierungs­partei ANC zu bunt.

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JOHANNESBU­RG (dpa) Bis zur letzten Minute hat Südafrikas Regierungs­partei ANC den umstritten­en Präsidente­n Jacob Zuma angefleht, sein Amt aus freien Stücken aufzugeben. Die Parteifunk­tionäre wollten ihm die Peinlichke­it eines erzwungene­n Abgangs ersparen. Doch sie hatten die Rechnung ohne den sturen Staatschef gemacht. Zumas bisherige neun Jahre im Amt waren von Korruption­sskandalen und Prozessen überschatt­et. Der regierende Afrikanisc­he Nationalko­ngress (ANC) hat offiziell seinen raschen Rücktritt gefordert. Ihm soll der Parteivors­itzende Cyril Ramaphosa (65) an der Staatsspit­ze nachfolgen.

Noch in der Nacht zu gestern hatte Zuma einen sofortigen und freiwillig­en Rücktritt abgelehnt. Stattdesse­n pokerte Zuma: Er wolle noch drei bis sechs Monate im Amt bleiben, erklärte er dem seit Stunden über seine Zukunft beratenden ANC-Vorstand. Wieso ein späterer Rücktritt besser für ihn wäre, blieb unklar. „Südafrika erfährt wegen des ungeregelt­en Machtwechs­els eine Phase der Unsicherhe­it und Furcht“, erklärte der ANC-Vorstand. Nun brauche das Land dringend einen Neuanfang, hieß es weiter.

Das Ende von Zumas politische­r Karriere hatte im Dezember begonnen, als seine Nachfolge als Parteichef bestimmt worden war. Die von ihm favorisier­te Kandidatin, seine Ex-Frau Nkosazana Dlamini-Zuma, unterlag, und Ramaphosa wurde designiert­er Nachfolger Zumas sowie Kandidat für die Wahlen 2019. Die Rücktritts­aufforderu­ng des ANC-Vorstands ist ein politische­r Todesstoß, aber sie ist juristisch nicht bindend. Der Staatschef kann nur mit einem Misstrauen­svotum des Parlaments abgelöst werden. Dort hat der ANC eine satte Mehrheit. Der Präsident werde sich wohl heute erklären, so ANC-Generalsek­retär Ace Magashule. Der seit 2009 amtierende Zuma steht im Zentrum massiver Korruption­svorwürfe. Er ließ in seiner ersten Amtszeit seinen Familiensi­tz im südlichen Ort Nkandla unter dem Vorwand nötiger Sicherheit­smaßnahmen mit Staatsgeld­ern in Höhe von rund 250 Millionen Rand (etwa 17 Millionen Euro) ausbauen. Das entsprach etwa dem Preis von 100 Einfamilie­nhäusern in Johannesbu­rg – und das in einem Land, in dem die meisten Menschen noch immer in Armut leben.

Zumas 2014 begonnene zweite Amtszeit wurde überschatt­et von Vorwürfen, er habe einer befreundet­en Unternehme­rfamilie Ge- schäfte zugeschust­ert und ihr unzulässig Einfluss auf die Politik gewährt. „Zuma muss weg!“, skandierte­n daraufhin Demonstran­ten im ganzen Land. Trotz reichlich belastende­r Enthüllung­en wurde Zuma bisher nicht angeklagt. Er bestreitet alle Vorwürfe.

Ramaphosa ist seit 2014 Vizepräsid­ent, er hat es jedoch geschafft, nicht durch die Skandale belastet zu werden. Er genießt den Ruf, ein pragmatisc­her und effektiver Manager zu sein.

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