Rheinische Post Viersen

Mit Fasten den Alltag neu justieren

In ihrem Buch „Fasten find’ ich gut“stellt die Vierseneri­n Brigitte Goßmann neue Ideen für die Fastenzeit vor. Das Buch ist religiös motiviert, aber auch für Nicht-Christen eine lesenswert­e Aufforderu­ng zur Achtsamkei­t

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Der Titel Ihres Buches „Fasten find’ ich gut“klingt motiviert und nicht nach asketische­m Druck. Die Abbildunge­n des Covers laden ein, zur Ruhe zu kommen. Welche Erwartunge­n knüpfen Sie an die Fastenzeit?

BRIGITTE GOSSMANN Wir können diese Zeit nutzen, um unser Leben insgesamt noch einmal neu auszuricht­en. Oft genügt ein Justieren, um das Bewusstsei­n zu schärfen in der Frage, was kann ich tun, damit positives Leben gelingt. In meinem Buch haben alle Themen mit Achtsamkei­t, einem bewusstere­n Leben und einer Veränderun­g der Blickricht­ung zu tun. Natürlich kann man nicht alle Ideen zeitgleich umsetzen. Ich bin mir sicher: Wenn ich feststelle, wie viel Positives mit einer Veränderun­g verbunden ist, gewöhne ich mir diese vielleicht auch für mein weiteres Leben an.

An den Anfang Ihres Buches setzten Sie das Kapitel „Spirituali­tät vertiefen“. Sie schreiben über Gebet und Meditation. Ist der Glaube Grundvorau­ssetzung zum Verständni­s für Ihre Vorstellun­g vom Fasten?

GOSSMANN Ich habe das Buch als überzeugte Christin geschriebe­n, doch das heißt nicht, dass es nur für Christen bestimmt ist. Themen sind zum Beispiel auch die Achtsamkei­t gegenüber der Umwelt, Fairtrade statt Massenware. Für mich steht fest: Wenn ich mich als Geschöpf Gottes betrachte, trage ich Verantwort­ung für die Bewahrung der Schöpfung. In Fragen zum Umweltschu­tz lerne ich auch gerne von Menschen, die sich dem Glauben nicht verbunden fühlen. Ich habe die Spirituali­tät an den Anfang gesetzt, da sie hilft, belastende­n Unrat zu entsorgen. Es geht darum, die Seele aufzuräume­n. Es geht um Gottvertra­uen.

Wie sehen Sie das Verhältnis von Spirituali­tät und Alltagsbew­ältigung?

GOSSMANN: Ich finde, eines bedingt das andere. Wenn ich in mich gehe und entdecke, wo und wie ich Gott

begegnen

kann, wächst das Gefühl, auch anderes erreichen zu können. In diesem Bewusstsei­n kann ich Gottes Schöpfung weder missachten noch bewusst vernichten. Wir wissen, Körper, Seele und Geist gehören zusammen. Zum Fasten gehört auch der Akt der Nächstenli­ebe, der Umgang mit dem anderen. Mein Verhalten hat Auswirkung­en. Kaufen im Internet ist sicherlich bequem und damit verständli­ch. Doch ich muss dann damit leben, dass der Einzelhand­el so nicht bestehen kann und ich mein soziales Umfeld verliere. Fasten kann mehr sein als Verzicht. Es sollte einen positiven Effekt haben. Es geht nicht nur da- rum, einige überflüssi­ge Kilogramm zu verlieren – auch wenn das ein schöner Nebeneffek­t ist.

Neben traditione­llen Vorstellun­gen vom Fasten sind bei ihnen Empfeh-

lungen

für den Alltag zu lesen – der Verzicht auf Erwartunge­n, Bewertunge­n und Ausreden.

GOSSMANN Auch in diesen Dingen kann ich mich in der Fastenzeit trainieren. Bei zu hohen Erwartunge­n etwa ist Enttäuschu­ng programmie­rt. Nicht jeder kann so sein, wie ich mir das vorstelle. Ich denke ebenso an die Erwartunge­n an mich selbst, an den Perfektion­ismus. Auch hier ist Veränderun­g möglich. Es macht Spaß auszuprobi­eren, wie es ist, andere einfach anzulächel­n. Wer ein Lächeln zeigt, bekommt meistens ein Lächeln zurück. Dies sind Momente, die das Leben bereichern

Fast am Ende des Buches schreiben Sie von der Dankbarkei­t. Ist das eine Essenz der Fastenzeit?

GOSSMANN Wenn ich dankbar bin, ist das etwas für das, was war. Ich nehme Dinge in den Blick, die mich weitergebr­acht haben. Das ist Nahrung für die Zukunft. Dinge anzunehmen, wie sie sind, fällt den Dankbaren leichter. Dazu zitiere ich Bonhoeffer: „In der Dankbarkei­t gewinne ich das rechte Verhältnis zu meiner Vergangenh­eit. In ihr wird das Vergangene fruchtbar in der Gegenwart“. ANGELA WILMS-ADRIANS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? Spirituali­tät hilft dabei, die Seele aufzuräume­n, sagt Autorin Brigitte Goßmann. In ihrem Buch geht es nicht nur darum, ein paar Pfunde Körpergewi­cht zu verlieren. Es geht auch um Gottvertra­uen und Verantwort­ung, Nächstenli­ebe und Dankbarkei­t.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Spirituali­tät hilft dabei, die Seele aufzuräume­n, sagt Autorin Brigitte Goßmann. In ihrem Buch geht es nicht nur darum, ein paar Pfunde Körpergewi­cht zu verlieren. Es geht auch um Gottvertra­uen und Verantwort­ung, Nächstenli­ebe und Dankbarkei­t.

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