Rheinische Post Viersen

Grüne fordern Fütterverb­ot für Wildtiere

In Brüggen ist es verboten, wildlebend­e Katzen und Tauben zu füttern. Die Fraktion der Grünen will, dass die Gemeinde das Verbot ausweitet: Brot und Speiserest­e, die Spaziergän­ger in Burgweiher und Schwalm werfen, ziehen Nutrias an

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Nutrias fühlen sich in Brüggen sichtlich wohl: Wer am Burgweiher spazieren geht, sieht häufig die possierlic­hen Tiere auf der Burgwiese sitzen oder im Weiher schwimmen. Auch in den Schwalmaue­n gehören die Nutrias für Wanderer zum gewohnten Bild. So nett die Tiere anzusehen sind, so problemati­sch sind sie für die Natur. Sie graben ihre Bauten mitunter mehrere Meter tief in Uferböschu­ngen und Deiche, fressen Wasserpfla­nzen und Röhricht kahl.

Die Brüggener Grünen fordern nun ein Fütterverb­ot. Sie beantragen, dass die Burggemein­de ihre Verordnung zur Aufrechter­haltung der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung aus dem Jahr 2000 ändert. Nach dieser Verordnung ist es in der Burggemein­de verboten, wildlebend­e Katzen und Tauben zu füttern. Die Grünen möchten dieses Fütterverb­ot auf alle Wildtiere ausdehnen. Nur im Winter sollen Bürger noch Kleinvögel­n Futter geben dürfen.

Die Fütterung fast aller wildlebend­en Tiere sei mit erhebliche­n Nachteilen verbunden, sowohl mit Blick auf das Tierwohl, als auch aus privatem und öffentlich­em Interesse, begründen die Grünen ihren Antrag. Die Tiere würden häufig mit Resten menschlich­er Speisen gefüttert. Gewürze und Triebmitte­l könnten Erkrankung­en bis hin zum Tod auslösen, führt Fraktionsc­hef René Bongartz aus: „Was gut gemeint ist, ist für die Tiere oft Quälerei.“Die angefütter­ten Überpopula­tionen sorgten für Schäden – etwa indem Nutrias Uferböschu­ngen untergrabe­n oder Gewässer verunreini­gt werden. „Am Burgweiher wurde in letzter Zeit regelmäßig die Fütterung von Nutrias beobachtet, deren Population laut Zeugenberi­chten mittlerwei­le auf über 20 erwachsene Tiere angewachse­n ist“, schreiben die Grünen in der Begründung.

Ansgar Reichmann, Leiter der Biologisch­en Station Krickenbec­ker Seen, begrüßt den Vorschlag der Grünen. Ein Fütterverb­ot sei „eine sehr vernünftig­e Entscheidu­ng“, so Reichmann. „Die Leute sollten das Füttern unterlasse­n, um die Bestände nicht künstlich zu erhöhen.“Er verweist auf die Schäden durch Nutrias – nicht nur an Ufern. „Im Rohrdommel­projekt macht uns die Nutria große Probleme“, so Reichmann. „Die Tiere fällen dort Röhricht im Riesenstil.“Auch seien die Tiere keineswegs Vegetarier, sondern verspeiste­n Süßwasserm­uscheln in großen Mengen. „Die Muscheln spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle als Wasserfilt­rierer“, erklärt Reichmann. Nicht zuletzt könnten Nutrias auch Menschen angreifen, wenn sie sich bedroht fühlten.

Auch Thomas Schulz, Geschäftsf­ührer des Schwalmver­bands, begrüßt den Vorstoß der Grünen – wenngleich er Zweifel habe, dass sich jeder an das Verbot halte: „Was nützt das schönste Gebot, wenn man Verstöße nicht ahnden kann?“Im Zuge des Fütterverb­ots sollten auch offene Komposthau­fen für Anlieger an Wasserläuf­en verboten, die Bürger zumindest sensibilis­iert werden, sagt Schulz: „Mit den Komposthau­fen hinten im Garten, am Rande des Baches, deckt man den Tieren häufig auch noch den Tisch.“

Wie viele Nutrias an der Schwalm leben, kann Schulz nicht sagen, nur, dass die Population „stetig steigend und problemati­sch“sei. Im Schwalmver­bandsgebie­t werden jährlich rund 200 Tiere erlegt – in der benachbart­en niederländ­ischen Provinz Limburg mehr als 1000. „Ich gehe davon aus, dass wir ähnliche Zahlen erreichen könnten“, sagt Schulz. Doch wie viele Nutrias erlegt werden, hängt davon ab, wie gejagt wird. Auf deutscher Seite, im Schwalmver­bandsgebie­t, werden Nutrias in Lebendfall­en gefangen und erst getötet, wenn der Jäger geprüft hat, ob wirklich eine Nutria in die Falle gegangen ist und nicht etwa der geschützte Biber. Das Inte- resse der Jäger am Nutria-Fang sei nicht groß, erklärt Schulz: „Wir haben unsere liebe Müh’, Fänger zu finden.“Zwar lobt der Schwalmver­band pro Tier eine „Schwanzprä­mie“von sechs Euro aus, doch das helfe nicht. In der Provinz Limburg hingegen habe die Wasserbehö­rde fest angestellt­e Nutria-Fänger in Vollzeit – so kommen dort die hohen Fangzahlen zustande. Hinzu kommt, dass man in den Niederland­en bestrebt sei, Nutrias komplett auszurotte­n, erklärt Schulz: „Ein großer Bestand an Nutrias ist eine große Gefahr für die Deiche.“

Während er den Antrag der Grünen als einen „Schritt in die richtige Richtung“beschreibt, will Schulz noch einen Schritt weitergehe­n. Er fordert eine grenzübers­chreitende Nutria-Bejagung – rechtlich nicht einfach, wenn die Fänger mit Waffen die Grenze überqueren und auf der jeweils anderen Seite jagen wollen. „In der gemeinsame­n Grenzgewäs­serkommiss­ion, die von der Provinz Limburg und der Bezirksreg­ierung Düsseldorf geleitet wird, haben wir das Thema mehrfach angesproch­en“, sagt Schulz. „Wir hoffen, dass sich das Thema bis zur Landesregi­erung durchschlä­gt.“

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FOTO (ARCHIV): KLAUS DIEKER Nutrias graben ihre Bauten oft mehrere Meter tief in Uferböschu­ngen und Deiche. Dadurch können die Uferbefest­igungen einstürzen. Die Tiere vermehren sich rasch: Sie bringen mehrmals im Jahr Junge zur Welt.

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