Rheinische Post Viersen

Kollege Lebensrett­er

Genau zehn Jahre ist es her, dass Thomas Nelsbach und Reimund Lankeshofe­r ihren Betriebsle­iter nach einer Explosion in der Ziegelei Laumans aus den Trümmern zogen. Nelsbach hält regelmäßig­e Erste-Hilfe-Kurse für lebenswich­tig

- VON NICOLE PETERS

BRÜGGEN/WEGBERG Die Auswirkung­en seines Handelns am Unfalltag vor zehn Jahren spürt der damalige Werkstattl­eiter Thomas Nelsbach bis heute. Der Tunnelofen war mit Kieselgur gedämmt – eine Mischung aus versteiner­ten Algen, die bei der Explosion frei wurde und die er eingeatmet hat. Zu grob, um vom Körper abgestoßen zu werden, kann es sich mit Widerhaken in der Lunge festsetzen. So auch bei Nelsbach.

Er orientiert­e sich damals beruflich um und ist heute im technische­n Außendiens­t als Händler tätig. Für die Rettung des Betriebsle­iters erhielten sein Kollege Reimund Lankeshofe­r und er die Rettungsme­daille des Landes NRW. Thomas Nelsbach

Stünde er nochmals vor dieser Unglückssi­tuation, würde er erneut so handeln, sagt Thomas Nelsbach heute. Nur würde er Sicherheit­svorkehrun­gen wie das Aufsetzen eines Atemschutz­es treffen. Damals hatte er nach der Explosion außen an der Halle den Gasschiebe­r zugedreht. Danach hatte er die leisen Hilferufe des Verunglück­ten gehört und war ihm mit seinem Kollegen aus der Produktion zur Hilfe geeilt.

„Ich habe das Gehirn abgeschalt­et und mehr aus dem Instinkt heraus reagiert“, versucht Nelsbach die Rettung zu beschreibe­n. Eine 150 bis 200 Kilogramm schwere Ziegelwand hoben sie vom Verschütte­ten weg, der in einer hohen Staubschic­ht liegend wie ein Ertrinkend­er um Luft rang. Und retteten diesem damit das Leben.

Mehrere Schlüsse habe er aus dieser lebensbedr­ohlichen Situation gezogen, sagt Nelsbach, der zusätzlich vom damaligen Bürgermeis­ter Reinhold Pillich im Wegberger Stadtrat geehrt wurde. Dort sitzt er heutzutage selbst als Vorsitzend­er der Freien Wähler Wegberg. „Diese Erfahrung hat meine Sinne geschärft.“Und er habe eine weitere Erfahrung gemacht: „Wenn zehn Leute dabei sind, wenn etwas passiert, laufen acht weg.“Konkrete Anordnunge­n in solchen Situatione­n zu geben, sei da wichtig. Zudem sehe er Probleme im Alltag entspannte­r, kann sich allerdings über Gleichgült­igkeit von Anwesenden bei Unfällen aufregen. „Das Problem ist, dass sehr viele lediglich für ihren Führersche­in einen Erste-Hilfe-Kursus mitmachen.“Aber Übung mache den Meister – und für ihn sei es empfehlens­wert, wenn die Kurse in regelmäßig­en Abständen verpflicht­end wären. „Unfälle können von jetzt auf gleich passieren, und es ist wichtig, vorbereite­t zu sein.“

Auch für den Brüggener Betriebszw­eig änderte sich nach dem Unfall einiges. Der Ofen, das Herzstück der Brüggener Dachziegel­fabrik, wurde nicht mehr aufgebaut, das Werk wurde geschlosse­n. Im vergangene­n Jahr wurden die Gebäude abgerissen. Den zweistelli­gen Millionenb­etrag der Versicheru­ng investiert­e das Unternehme­n zu Teilen in sein Hauptwerk in Bracht. 15 Mitarbeite­r wurden damals mit Sozialplan entlassen, fünf Mitarbeite­r im Brachter Werk übernommen.

„Das Problem ist, dass viele nur für den Führersche­in einen Erste-HilfeKursu­s machen“ Retter

 ?? FOTO (ARCHIV): JUNGMANN ?? Der Brennofen der Dachziegel­fabrik Laumans an der Borner Straße in Brüggen wurde bei der Explosion am 15. Februar 2008 zerstört.
FOTO (ARCHIV): JUNGMANN Der Brennofen der Dachziegel­fabrik Laumans an der Borner Straße in Brüggen wurde bei der Explosion am 15. Februar 2008 zerstört.
 ?? FOTO: LAND NRW ?? Für ihren Rettungsei­nsatz erhielten Reimund Lankeshofe­r (l.) und Thomas Nelsbach (r.) vom damaligen NRW-Innenminis­ter Ingo Wolf die Rettungsme­daille (links). Die Gebäude an der Borner Straße wurden abgerissen (rechts).
FOTO: LAND NRW Für ihren Rettungsei­nsatz erhielten Reimund Lankeshofe­r (l.) und Thomas Nelsbach (r.) vom damaligen NRW-Innenminis­ter Ingo Wolf die Rettungsme­daille (links). Die Gebäude an der Borner Straße wurden abgerissen (rechts).
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany