Rheinische Post Viersen

Martin Zingsheim Schloss Dilborn

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Brüggen (anw) Verzicht ist für Martin Zingsheim kein Fastenthem­a, sondern Inspiratio­nsquelle für Widersprüc­he, Trends und Scheinheil­igkeiten. Zum aktuellen Programm „aber bitte mit ohne“übte der Kabarettis­t, der auch Musiker ist, im Kulturforu­m von Schloss Dilborn auch gleich einfach selbst Verzicht: Er begnügte sich mit einem Mikro. Davor redete der 33-Jährige scheinbar frei von der Leber weg, um gesellscha­ftliche Trends, Politik, Religion und das eigene Familienle­ben mit vier Kindern in den Focus zu nehmen. Roter Faden des Programms ist der oft seltsame Umgang mit dem Verzicht in einer Welt, in der Askese Trendsport zu sein scheint und doch alles zu haben ist – mit und ohne. Männer wollen aussehen wie Brad Pitt, aber essen wie Gerard Depardieu. Kinder helfen, das Wesentlich­e zu erkennen, auch finanziell. Mitreißend ist, wenn der vierfache Vater die Hymne auf die dauergestr­essten Eltern rappt oder sich rasant durch den Dschungel der Autokennze­ichen schwingt. Zingsheim diagnostiz­iert den politische­n Informatio­nsinfarkt, staunt über eine SPD mit Angst vor der Mitglieder­einritts-Schwemme und persiflier­t im nachgespie­lten Live-Ticker das eigene Kabarettpr­ogramm in Art eines Fußballkom­mentars. Eigentlich sieht der 33-Jährige dabei jungenhaft harmlos aus, betritt mit Spott und Ironie aber gerne auch den doppelten Boden der Anspielung­en. Nicht jede Pointe zündete im Schloss Dilborn gleich gut. Das Publikum dankte dennoch mit einem herzlichen Applaus. Und: Zum aktuellen Kabarettpr­ogramm sind noch vier Abonnement­s erhältlich. Der Preis wird dann mit den verbleiben­den Veranstalt­ungen verrechnet.

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