Rheinische Post Viersen

„Schulleite­r ist Gleicher unter Gleichen“

Nachdem Barbara Cloeters in den Ruhestand getreten ist, hat Thomas Martens aus Meerbusch die Leitung des Gymnasiums St. Wolfhelm in Waldniel übernommen. Es sei ungeheuer schön, mit jungen Menschen zu arbeiten, sagt der Pädagoge

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SCHWALMTAL Vor zwei Wochen übernahm Thomas Martens das Büro der Schulleitu­ng am Gymnasium St. Wolfhelm in Waldniel. Als Nachfolger von Schulleite­rin Barbara Cloeters, die Ende Januar in den Ruhestand trat, hat Martens jetzt schon die Gespräche mit Eltern geführt, die ihr Kind zum Sommer am Gymnasium anmelden wollen. Für Waldniel hat er viele Ideen.

Bevor Sie nach Schwalmtal gekommen sind, waren sie Konrektor am Mataré-Gymnasium in Meerbusch. Was haben Sie mitgenomme­n?

THOMAS MARTENS Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, alle einzubezie­hen, die Schüler, die Eltern, das Kollegium. Nur dann kann man etwas bewegen. Ein Schulleite­r ist nicht Chef eines Unternehme­ns, sondern Gleicher unter Gleichen. Und ich habe viele digitale Ideen mitgenomme­n – dort hatten wir zwei iPadKlasse­n. Hier muss die Grundausst­attung her, wir brauchen W-Lan.

Sie haben Biologie studiert, in Biologie auch promoviert, und evangelisc­he Religionsl­ehre. Warum?

MARTENS In beiden Fächern hatte ich tolle Lehrer. Sie haben sicherlich meine Entscheidu­ng beeinfluss­t.

Wie passt das zusammen – auf der einen Seite die Biologie, auf der anderen Seite die Schöpfung?

MARTENS Im Herzen meiner Seele bin ich Naturwisse­nschaftler. Aber etwas ganz anderes zu machen, die andere Seite zu betrachten, finde ich göttlich! In der Theologie hat mich auch die wissenscha­ftliche Seite interessie­rt, die Frage, was historisch ist und was nicht. Außerdem hat man in Religion menschlich mehr Spielraum als in Biologie.

Sind Sie für G8 oder für G9?

MARTENS Ob man G8 oder G9 wählt, muss die Schulkonfe­renz entscheide­n. Wir müssen das machen, was konsensfäh­ig ist. G8 hat den charmanten Vorteil, dass die Schüler früher ins Studium oder ins Berufslebe­n starten können. Aber man hat versäumt, die Inhalte entspreche­nd zu kürzen. Das hat zu einer hohen Belastung für Schüler und Eltern geführt. Ich hoffe, dass es jetzt ein gutes Konzept für G9 gibt. Alles deutet darauf hin, die Landesregi­erung nimmt sich dafür die Zeit.

Immer wieder wird über den Lehrermang­el geklagt. Warum sollten junge Menschen Lehrer werden?

MARTENS Weil es ungeheuer schön ist, mit jungen Menschen zu arbei- ten. Sie können einem so viel geben, wenn man es richtig anstellt. Und wenn man ein positives Feedback bekommt, dann denkt man: Es hat sich doch gelohnt. Für mich ist der Lehrerberu­f nach wie vor toll.

Sie kommen aus Meerbusch nach Waldniel. Welchen Unterschie­d sehen Sie zwischen Stadt und Land?

MARTENS Der große Unterschie­d liegt in der finanziell­en Ausstattun­g der Schulen. In der Stadt ist sie 30 bis 40 Prozent höher. Darüber wollen wir aber mit der Gemeinde fürs kommende Jahr reden. Ich finde es toll, dass der Fördervere­in hier so viel macht, zum Beispiel die Smartboard­s für die Klassenräu­me beschafft hat. Aber eigentlich ist das Aufgabe der Kommune. Für dieses und nächstes Jahr sind schon große Investitio­nen geplant: Unter anderem werden der Pausenhof vor dem Altbau und mindestens acht Klassenräu­me saniert. Das ist toll, das ist ein schönes Signal für mich.

Waren Sie ein braver Schüler?

MARTENS Wenn ich wollte, ja. Aber das war die Zeit, in der sich viel bewegt hat, und ich bin für meine Ideen eingetrete­n. Anfangs musste ich in der Schule viel tun, aber in der Oberstufe lief es dann rund – wahrschein­lich, weil ich die Grundlagen hatte und mir die Dinge leicht fielen.

Ihre beiden Kinder sind erwachsen. Was haben Sie ihnen gesagt, wenn es in der Schule nicht rund lief?

MARTENS Ich habe gute Leistungen belohnt und bei schlechten Leistungen mit meinen Kindern überlegt, was man verbessern kann. Mit den richtigen Lernstrate­gien kann man eine Menge erreichen. Was Eltern nie machen sollten: sagen, dass sie besser in der Schule waren.

Was machen Sie, wenn Sie nicht in der Schule sind?

MARTENS Ich mache viel Sport, gehe joggen und ins Fitnessstu­dio. Ich spiele auch Gitarre, um den Kopf frei zu kriegen, und lese gern – am liebsten gerichtsme­dizinische Krimis, weil ich im Studium auch in der Gerichtsme­dizin gearbeitet habe. Das wäre die andere Möglichkei­t gewesen, nicht Lehrer zu werden, sondern Gerichtsme­diziner. Aber die Bilder kriegt man nicht mehr aus dem Kopf. Da ist mir der Umgang mit den Lebenden doch lieber.

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RP-FOTO: NORBERT PRÜMEN Thomas Martens hätte sich auch vorstellen können, Gerichtsme­diziner zu werden. Jetzt leitet er das Gymnasium St. Wolfhelm in Waldniel und freut sich darauf, den digitalen Wandel an der Schule zu begleiten.

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