Rheinische Post Viersen

Der Mann hinter Trumps Zöllen

Handelsmin­ister Wilbur Ross versucht, den Handelskri­eg, den der US-Präsident einläutet, als Petitesse zu verkaufen. Der Milliardär ist einer von Trumps engsten Beratern.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Dieser Tage sieht man Wilbur Ross des Öfteren mit einer Bierdose in der Hand, zum Beispiel Budweiser. Die hält er mit ernster Miene in eine Fernsehkam­era, als wäre sie ein unverzicht­bares Beweisstüc­k. In einer solchen Dose, rechnet der US-Handelsmin­ister vor, stecke Aluminium im Wert von drei Cent. Schlage man zehn Prozent Zoll auf Aluminiumi­mporte auf, werde ein Budweiser, im Laden für einen Dollar zu haben, um gerade mal 0,3 Cent teurer. Oder Campbell’s Soup, die Behälter gefertigt aus Stahl: Sollten die Stahlpreis­e infolge der angekündig­ten 25-Prozent-Zölle um ein Viertel steigen, müsste man sechs Zehntel eines Cents mehr für eine Fertigsupp­endose berappen. „Wer in aller Welt zermartert sich deswegen den Kopf? Bei der ganzen Hysterie geht es doch im Grunde um nichts“, mokierte sich Ross, als er sich neulich beim Börsensend­er CNBC zuschalten ließ.

Der 80 Jahre alte Milliardär hat die Aufgabe, Donald Trumps bislang schwersten Schlag gegen den Freihandel zu rechtferti­gen, das Erheben von Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium aus dem Ausland. Mal spielt er die Konsequenz­en herunter, mal betont er, dass von irrlichter­nder Politik keine Rede sein könne. Schließlic­h habe schon der Kandidat Trump versproche­n, die heimischen Hochöfen zu schützen. Ergo überrasche ihn, wenn jemand überrascht sei.

Worin sich Ross und Trump weitgehend einig sind, ist eine enge, von eng definierte­m Eigeninter­esse geprägte Sicht auf den Welthandel. Beide begreifen ihn als eine Art Nullsummen­spiel, das Gewinner und Verlierer kennt, nicht aber Partner, die allesamt profitiere­n. Dass er die USA auf der Verlierers­eite sieht, hat der Minister erst vor Kurzem beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos deutlich gemacht. Als sich Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg für einen Wegfall von Handelssch­ranken eingesetzt habe, sagte er, sei dies in der Absicht geschehen, notleidend­en Ländern auf die Beine zu helfen. „Was 1945 angemessen war, ist heute vollkommen unangemess­en. Es be- steht keine Notwendigk­eit mehr, China, Japan oder Europa mit unserem Geld zu subvention­ieren.“

Die Stahlindus­trie wiederum ist das Metier, in dem der Investor aus New Jersey das Gros seines Vermögens scheffelte. Mitte der 70er war er als Experte für Insolvenze­n bei der Rothschild-Bank eingestieg­en. 1997 gründete er einen eigenen Kapitalbet­eiligungsf­onds, 2002 erwarb er eine Reihe bankrotter Stahlfirme­n, darunter Bethlehem Steel, eine Marke mit großem Namen. Im selben Jahr verhängte der damalige Präsident George W. Bush Strafzölle gegen Stahlimpor­te, worauf die Preise stiegen, was Ross sehr zupass kam. Er baute Schulden ab, kürzte die Löhne und senkte die Kosten, während er dem Staat die Verantwort­ung für lange zuvor eingegange­ne Pensionsve­rpflichtun­gen aufbürdete. Als er das sanierte Imperium für 4,5 Milliarden Dollar an den Inder Lakshmi Mittal verkaufte, verbuchte er 260 Millionen Dollar Gewinn.

Zuletzt war Ross in die Schlagzeil­en geraten, als die „Paradise Papers“politisch brisante Geschäftsv­erbindunge­n enthüllten. Konkret ging es um seine Beteiligun­g an einer Reederei, die Schiffe zum Transport von Flüssiggas vermietet. Zum Kundenkrei­s zählte der russische Konzern Sibur, der Wladimir Putins Schwiegers­ohn und weiteren kremlnahen Geschäftsl­euten gehört, Leuten, die in Washington auf der Sanktionsl­iste standen.

Mit dem Mann im Oval Office ist der „König der Pleiten“bekannt, seit er eine Gruppe von Investoren vertrat, die Geld in das „Taj Mahal“gesteckt hatten, Trumps in die Zahlungsun­fähigkeit geschlitte­rtes Casino in Atlantic City. Der Deal, den Ross aushandelt­e, rettete den Baulöwen vor dem Ruin, während dessen Gläubiger die Hälfte der Anteile übernahmen. Auch deshalb hat Trump dem Veteranen später das Handelsres­sort übertragen. „Wilbur Ross“, schwärmte er, „ist einer der besten Verhandler, die ich je getroffen habe.“

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FOTO: DPA Donald Trump bei einem Treffen mit Wilbur Ross im vergangene­n Sommer: Der Präsident nennt den Milliardär einen „der besten Verhandler, die ich je getroffen habe“.

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