Rheinische Post Viersen

Gutachteri­n hält Aussagen des Opfers für glaubwürdi­g

- VON SONJA STEMES

Ein Nettetaler (52) soll seine Stieftocht­er sieben Jahre lang sexuell misshandel­t haben. Er schweigt bisher

NETTETAL Gegen einen 52-jährigen Mann aus Nettetal ist am Krefelder Landgerich­t vor der ersten Großen Strafkamme­r der Prozess fortgesetz­t worden. Dem Angeklagte­n wird sexueller Missbrauch einer Schutzbefo­hlenen in insgesamt 17 Fällen vorgeworfe­n.

Konkret soll der Mann in der Zeit zwischen November 2008 und Juni 2015 bei verschiede­nen Gelegenhei­ten sexuelle Handlungen an seiner Stieftocht­er vorgenomme­n haben, teilweise in der gemeinsame­n Wohnung, teilweise außerhalb der Wohnung. Das Mädchen war zu Beginn der dem Nettetaler vorgeworfe­nen Taten elf Jahre alt. Da sich der Angeklagte bisher nicht zur Sache äußern wollte, hatte die Kammer entschiede­n, die junge Frau in der vergangene­n Woche unter Ausschluss der Öffentlich­keit als Zeugin zu vernehmen.

Gestern stellte nun eine Psychologi­n, die als Sachverstä­ndige geladen war, ihr Gutachten vor. Die Fachfrau erklärte, dass sie die mutmaßlich Geschädigt­e, trotz deren psychische­r Belastung und Instabilit­ät, als „zugänglich und offen kommunizie­rend“erlebt habe. Obwohl sie diverse Medikament­e einnehmen musste – die junge Frau befand sich während der Begutachtu­ng in einer psychiatri­schen Klinik – sei sie auch „genügend aufmerksam und konzentrie­rt“gewesen.

Das Mädchen wäre ohne seinen leiblichen Vater aufgewachs­en und mit seiner Mutter oft umgezogen, was mit einigen Schulwechs­eln verbunden war. Von den Klassenkam­eraden sei es teilweise ausgegrenz­t worden, was bei ihm Antriebslo­sigkeit und Depression­en zur Folge hatte.

Als dann der Beschuldig­te in die Familie gekommen sei, habe sie zunächst ein gutes Verhältnis zu ihm unterhalte­n. Der Mann habe sich um die Kleine gekümmert, beispielsw­eise mit ihr Ausflüge unternomme­n. Als die sexuellen Übergriffe begonnen hätten, wäre dem Mädchen wegen mangelnder Aufklärung erst nicht klar gewesen, was der Stiefvater da genau mit ihm anstellte.

Die sexuellen Handlungen an sich, die er laut ihrer Aussage über die Jahre an ihr vornahm, habe sie „sehr differenzi­ert und detaillier­t“beschriebe­n. Und das sowohl was die Abläufe, die Örtlichkei­ten als auch die Situatione­n beträfe. Von daher gehe die Sachverstä­ndige davon aus, dass es sich um „wahre Erlebnissc­hilderunge­n und keine Fantasie-Erzeugniss­e“handeln würde. Die Tatsache, dass sich die Handlungen immer mehr intensivie­rt hätten, wäre typisch für einen Missbrauch, der sich über einen längeren Zeitraum hinziehe. Mit zunehmende­m Alter habe die Bereitscha­ft der mutmaßlich Geschädigt­en „mitzumache­n“nachgelass­en. Sie habe sich aber trotzdem nicht geweigert, unter anderem deshalb, weil der Stiefvater sie unter Druck gesetzt und ihr ein „Schweigege­bot“auferlegt habe.

Der Prozess wird voraussich­tlich am Freitag, 16. März, 9 Uhr, fortgesetz­t.

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