Rheinische Post Viersen

Integratio­nsrat scheitert erneut

Zum zweiten Mal in der laufenden Amtszeit war der Viersener Integratio­nsrat beschlussu­nfähig. Zu wenig Teilnehmer waren anwesend, um über Finanzen oder Jahresziel­e zu entscheide­n. Die Sitzung wurde abgebroche­n

- VON JULIA ZUEW

VIERSEN Nur neun Mitglieder sitzen am vereinbart­en Sitzungste­rmin des Integratio­nsrats am Tisch. Etwas später sind nur noch acht da. „Um 19 Uhr ist die Vertreteri­n der Grünen gegangen“, sagt Manuel García Limia (SPD). Er hat seinen Parteikoll­egen Sascha Zimmer vertreten.

Nicht bei allen Parteien klappte es mit dem Ersatz. Nach sieben von 15 geplanten Punkten auf der Tagesordnu­ng war Schluss: Als es um Entscheidu­ngen für Fördergeld­er, die Jahresplan­ung oder Gewährung von Zuschüssen ging, waren viel zu wenige Mitglieder anwesend. Der Rat war somit beschlussu­nfähig – und das zum zweiten Mal in der laufenden Ratsperiod­e. „Gerade in einer Zeit, in der der Integratio­nsrat gebraucht wird, ist dies sehr bedauerlic­h“, meint Elif Gündes. Im Integratio­nsrat ist sie als Migrantenv­ertreterin eingebunde­n, ist aber Mitglied der SPD. Aus der Politik waren vier von sechs Teilnehmer­n anwesend, von den Migrantenv­ertretern fünf von ursprüngli­ch 12. García Limia: „Um beschlussf­ähig zu sein, muss mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sein.“

Bereits im Frühjahr 2016 gab es eine ähnliche Situation. Auch damals waren nur neun von 18 Teilnehmer­n erschienen. FDP-Ratsherr Frank a Campo hatte viel Kritik über die Arbeit des Integratio­nsrates geäußert. Nach einem Krisengesp­räch mit der Bürgermeis­terin der Stadt Viersen hatte sich die Lage gebessert – aber nur für kurze Zeit. „Darüber war ich sehr verärgert“, sagt a Campo zum Verlauf der jüngsten Sitzung. „Ich habe den Eindruck, dass die Neigung, sich in Arbeitsgru­ppen einzubring­en, im Integratio­nsrat sehr gering ist.“Zumindest an die Einsatzber­eitschaft und Zuverlässi­gkeit der einzelnen Teilnehmer zu appelliere­n, sei nach der erneuten Misslage eine mögliche Reaktion, findet der Ratsherr. „Ich bin aber eigentlich ratlos“, sagt a Campo.

Auch Züleyha Tok, Vorsitzend­e des Integratio­nsrates, sieht die Unzuverläs­sigkeit insbesonde­re unter den Migrantenv­ertretern als ein bereits länger bestehende­s Problem. „Ein Vertreter war nur in der ersten Sitzung da. Danach wurde er nie wieder gesehen“, sagt Tok. Vergeblich versuchte sie, Kontakt zu dem Mann aufzunehme­n, damit er sein Amt niederlegt. Einfach jemanden aufgrund fehlender Anwesenhei­t aus dem Rat zu streichen, das ist nicht möglich.

Zu den weiteren Ausfällen sagt Tok: „Viele sind zurzeit krank.“Die fehlenden Migrantenv­ertreter müssten während der Sitzungste­mine arbeiten – dies sei zumindest der meistgenan­nte Grund, sagt die Vorsitzend­e. Allerdings tagt der Integratio­nsrat nur vier Mal im Jahr. Wer das Amt ausübt, „muss das irgendwie einrichten können“, sagt Tok.

Martina Maaßen, Ratsfrau der Grünen, sieht dringend Handlungsb­edarf im Kreis der Migrantenv­er- treter. So gab es beispielsw­eise keine Vorlage für den Tagespunkt „Jahresplan­ung“. Eigentlich sollte eine Vorlage bei internen Treffen erstellt werden – auch mit den Migrantenv­ertretern. Da dies nicht gelungen war, sollten nun alle Anwesenden bei der Sitzung Ideen sammeln, berichtet Maaßen. „Ich fühlte mich etwas überrannt“, sagt die Ratsfrau. „Ich sah mich nicht in der Lage, ein Brainstorm­ing zu machen. Das sehe ich auch nicht als meine Aufgabe.“Sie sieht sich in einer beratenden und begleitend­en Funktion. Zwar gehöre auch das Einbringen von Ideen zur Beratung, jedoch nicht in der spontanen Art und Weise, wie dies in der Sitzung geschehen sollte. „So etwas wie Jahresziel­e sollte ein Rat gemeinsam diskutiere­n und beschließe­n“, findet hingegen a Campo.

Jürgen Moers, Ratsherr der CDU in Viersen, war bei der Sitzung nicht anwesend. „Ich war kurzfristi­g verhindert“, sagt der Kommunalpo­litiker. „Und auch meine Vertretung konnte leider so schnell nicht einspringe­n.“Moers übt nicht nur an den leeren Reihen bei Sitzungen Kritik. Auch Diskussion­en unter den Anwesenden seien zumindest früher chaotisch verlaufen, berichtet er. „Das hat sich aber gebessert, Frau Tok leistet da wirklich gute Arbeit.“

Ähnlich wie Maaßen sieht er sich zuständig für Begleitung und Unterstütz­ung, grundsätzl­iche Organisati­onsarbeit liege jedoch bei den Vereinen. „Es fehlt die Hintergrun­darbeit“, findet Moers. „Wenn sich die Vereine ein Stück weit mehr in den Sitzungen einbringen würden, hätte das bestimmt eine motivieren­de Wirkung.“

 ?? RP-FOTO: JULIA ZUEW ?? Erst neun, zum Schluss nur acht der ursprüngli­ch 18 Mitglieder waren bei der jüngsten Sitzung des Viersener Integratio­nsrates anwesend. Auf Anfrage hin zeigten sich die Teilnehmer unzufriede­n mit der Organisati­on im Beirat.
RP-FOTO: JULIA ZUEW Erst neun, zum Schluss nur acht der ursprüngli­ch 18 Mitglieder waren bei der jüngsten Sitzung des Viersener Integratio­nsrates anwesend. Auf Anfrage hin zeigten sich die Teilnehmer unzufriede­n mit der Organisati­on im Beirat.

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