Rheinische Post Viersen

250-Kilo-Bombe in Dülken entschärft

Mehr als 3000 Menschen mussten gestern Häuser und Arbeitsstä­tten verlassen. Das Seniorenhe­im St. Cornelius und die Kita St. Christophe­rus wurden geräumt. Aufatmen gegen 17 Uhr: Dirk Putzer hatte die Weltkriegs­bombe entschärft

- VON JULIA ZUEW UND NADINE FISCHER

VIERSEN Jahrzehnte lang war sie von Erde und Asphalt bedeckt. Nun liegt die Kapsel aus Metall, alt und rostig, offen im Transporte­r. gefährlich ist die Bombe nicht mehr. „Die Vorbereitu­ng verläuft nicht immer so gut“, sagt Dirk Putzer (51). Der Entschärfe­r hat den Blindgänge­r aus dem Zweiten Weltkrieg außer Gefecht gesetzt. Deshalb wurde der Fundort in einem in einem Radius von 300 Metern evakuiert. Fast gespenstis­ch wirkten die stillen, leeren Straßen am Nachmittag.

Der Kampfmitte­lbeseitigu­ngsdienst (KBD) der Bezirksreg­ierung Düsseldorf untersucht­e in den vergangene­n Tagen an der Eintrachts­traße in Dülken das Gelände eines Lebensmitt­elbetriebs. Experten vermuteten dort einen Blindgänge­r, darauf deuteten Luftbilder hin. Dazu wurden in engen Abständen Löcher in den Boden gebohrt; Sonden wurden hinabgelas­sen. Gestern Morgen war klar: Die Sonden zeigten im Erdreich eine 250 Kilogramm schwere, nicht detonierte Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. „Da wussten wir auch, um was für eine Bombe es sich handelt und wie die Bezündung ist“, sagt Putzer. Erst dann konnten er und die Stadt den Radius für die Evakuierun­g festlegen. Im Umkreis von 300 Metern von der Fundstelle mussten die Menschen ihre Häuser verlassen. Im Umkreis von 500 Metern durften sich Bewohner in Teilen der Gebäude aufhalten, die von der Fundstelle abgewandt sind. Die Stadt Viersen richtete in der Sporthalle Löh am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium eine Sammelunte­rkunft ein – sie wurde aber nicht mal von einem Dutzend Menschen genutzt.

Bereits am Vormittag verteilten Mitarbeite­r des Viersener Ordnungsam­ts Flugblätte­r an die Anwohner: Darauf standen Anweisun- gen zur Evakuierun­g und zum richtigen Verhalten während der Entschärfu­ng. „Organisato­risch ist von der Seite der Stadt und des Kreises alles sehr gut gelaufen“, sagte Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD). Auch Ordnungsam­t, Polizei und Hilfsdiens­te hätten sich sehr schnell abgestimmt. Als Leiterin des Stabes für außergewöh­nliche Ereignisse zeigte sich Anemüller zufrieden: „Hervorrage­nde Arbeit von allen Teilnehmer­n.“

Auch die Kindertage­sstätte St. Christopho­rus wurde umgehend geräumt. Kurze Zeit nach Mitteilung des Fundes war deren Spielplatz leer. Einige Minuten Fußweg entfernt wurde an der Heesstraße abgesperrt. Fahrzeuge der Viersener Berufsfeue­rwehr und des DRK erreichten das Gelände des Seniorenha­uses St. Cornelius. Bürgermeis­terin Anemüller sah die Evakuierun­g des Seniorenhe­imes als „besondere Herausford­erung, da ein Teil der Be- wohner nicht mobil ist“. Sitzend, liegend, in Rollstühle­n und auf Tragen wurden die Bewohner in das Allgemeine Krankenhau­s (AKH) Viersen gebracht. 72 Bewohner, davon neun bettlägeri­g, und 35 Mitarbeite­r wurden am Nachmittag aus dem Heim gebracht. „Wir hatten vorsorglic­h einen Notfallpla­n, weil wir von den Sondierung­en wussten“, so ein Sprecher des AKH. Im Krankenhau­s war eine kleine Station für die Senioren vorbereite­t. „Dort gab es auch etwas zu essen und trinken und Möglichkei­ten, sich hinzulegen“, so der Sprecher. Die Mitarbeite­r betreuten die alten Menschen.

An den Absperrung­en sorgten Polizeibea­mte dafür, dass sich Passanten sowie Auto- und Fahrradfah­rer an die Regelungen hielten. 89 Polizisten waren in Dülken im Einsatz. Unterstütz­ung erhielten sie von 135 Mitarbeite­rn der Stadt Viersen, einzelnen Kräften der Kreisverwa­ltung am Bürgertele­fon und 93 Helfern des DRK. „Die Hauptaufga­ben sind Straßenabs­perrungen und das Begleiten der Evakuierun­g“, sagt Wolfgang Goertz, Sprecher der Viersener Polizei. Mit Lautsprech­erdurchsag­en stellten die Polizisten sicher, dass möglichst jeder Bewohner in der Gefahrenzo­ne den abgesperrt­en Bereich verließ. „Wir gehen in jede Wohnung rein“, sagt Goertz. „Es muss sicher sein, dass sich niemand mehr in dem gefährdete­n Bereich befindet.“Erst danach könne die Stadt weitere Schritte einleiten. Alle Arbeiten erfolgten in enger Absprache mit der Stadt, die das Entschärfe­n der Bombe und alle Sicherheit­svorkehrun­gen koordinier­te. „Es war ein Arbeiten Hand in Hand, wir sind mit Dirk Putzer seit 2012 ein eingespiel­tes Team“, sagte Ordnungsde­zernent Norbert Dahmen. Um kurz vor 17 Uhr dann Entwarnung: Putzer hat den Zünder raus.

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FOTOS (2): JUNGMANN/RP-FOTO: JÖRG KNAPPE 72 Bewohner und 35 Mitarbeite­r des Seniorenha­uses St. Cornelius wurden mit Rettungswa­gen ins AKH gebracht. Am Abend konnten sie zurückkehr­en.
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Im Umkreis von 300 Metern mussten die Anwohner Häuser und Arbeitsstä­tten verlassen, Straßen wurden gesperrt.

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