Rheinische Post Viersen

Scharfe Kritik an Rettungswa­chen-Konzept

Die Bürgermeis­ter und Beigeordne­ten von Viersen, Nettetal, Willich und Kempen betrachten die von einem Gutachten empfohlene Neuglieder­ung des Rettungsdi­enstes im Kreis mit Sorge. Die Bandbreite reicht von Skepsis bis Ablehnung

- VON HERIBERT BRINKMANN, MARC SCHÜTZ, ANDREAS REINERS UND MARTIN RÖSE

KREIS VIERSEN Die Ideen zu einer kompletten Neuglieder­ung des Rettungsdi­enstes im Kreis Viersen stoßen in vielen Städten und Gemeinden auf Widerstand und Unverständ­nis. Neben der Stadt Viersen sehen auch Willich, Nettetal und Kempen die Pläne mit großer Skepsis. Der Kreis Viersen dringt auf Änderungen, damit in Dülken und St. Tönis die vorgeschri­ebenen Rettungsze­iten eingehalte­n werden. Ein Gutachter schlägt vor, drei Rettungswa­chen an neuen Standorten zu errichten, vier zusätzlich­e Fahrzeuge anzuschaff­en und die Gemeindegr­enzen aufzuheben.

„Das vom Gutachter vorgeschla­gene Soll-Konzept zur künftigen Ausrichtun­g des Rettungsdi­enstes im Kreisgebie­t ist nicht mit den Qualitätsa­nforderung­en der Stadt Viersen in Einklang zu bringen“, erklärte gestern Viersens Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD). Das Konzept sieht für Viersen vor, dass neben der bestehende­n Rettungswa­che an der Gerberstra­ße eine zweite Rettungswa­che in Mackenstei­n errichtet wird. „Die Stadt Viersen wird in wenigen Wochen die vorläufige zweite Viersener Rettungswa­che an der Sternstraß­e in Betrieb nehmen“, erklärte die Bürgermeis­terin. „Dann kann die für Dülken geforderte Hilfsfrist von acht Minuten eingehalte­n werden.“Der Standort habe zudem einen weiteren Vorteil: Wegen seiner Nähe zur Autobahnau­ffahrt werde künftig auch Süchteln innerhalb einer Hilfsfrist von acht Minuten zu erreichen sein. Süchteln zählt als ländliches Gebiet; dort ist eine Frist von zwölf Minuten vorgeschri­eben, bis zu der die Retter in 90 Prozent der Einsätze vor Ort sein müssen.

Eine Rettungswa­che Mackenstei­n würde zudem die Planungen der Stadt Viersen für den Neubau einer Rettungswa­che am Standort Ransberg zunichtema­chen, kritisiert­e die Bürgermeis­terin. „Der Standort Ransberg wurde gewählt, weil der Rettungsdi­enst von dort Dülken, Süchteln und Teilbereic­he Alt-Vier- sens deutlich schneller erreichen könnte.“

Kritik kommt auch aus der Stadt Willich, die nach den Plänen des Gutachters die Rettungswa­che in Anrath aufgeben müsste: „Diese Ankündigun­g hat uns in Schrecken versetzt“, sagte Bürgermeis­ter Josef Heyes (CDU). Noch nicht einmal vor einem Jahr wurde die neue 2,4 Millionen Euro teure Feuer- und Rettungswa­che in Anrath eröffnet. „Diese haben wir in Abstimmung mit dem Kreis und den Krankenkas­sen errichtet.“

Die Gemeinde Schwalmtal, deren Rettungswa­che nach Dülken wandern soll, fordern eine erneute Überprüfun­g der Angaben im Gutachten. „In Verantwort­ung für den Erhalt einer optimalen Notfallver­sorgung in der gesamten Gemeinde Schwalmtal erachten Rat und Verwaltung es als geboten, auch vorhandene Standortmö­glichkeite­n für eine Rettungswa­che innerhalb des Ortsteils Waldniel nochmals zu überprüfen“, erklärte Bürgermeis­ter Michael Pesch (CDU).

Reserviert äußerte sich auch Nettetals Bürgermeis­ter Christian Wagner (CDU) zu den Vorschläge­n: „Während die Zusammenfü­hrung unserer beiden Standorte sicher zu diskutiere­n ist, begegnet ein völlig neuer Standort in Breyell-Gier vie- Josef Heyes (CDU) Bürgermeis­ter Willich len Fragen. So haben wir in Abstimmung mit den Krankenkas­sen erst 2012 in Kaldenkirc­hen investiert, und zudem ist Gier nach erstem Anschein wegen der Bahntrasse und den zwangsläuf­igen Wartezeite­n am Übergang Breyell eher schwierig.“

Der Erste Beigeordne­te der Stadt Kempen, Hans Ferber, warnte ausdrückli­ch davor, aus den Vorschläge­n des Gutachters endgültige Beschlüsse herauszule­sen. Die Stadt Kempen soll laut Konzept nicht mehr für die Versorgung mit Rettungswa­gen und -personal in der Stadt Tönisvorst und dem Grefrather Ortsteil Oedt zuständig sein.

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RP-ARCHIV: BUSCH Die Rettungswa­che am Nettetaler Krankenhau­s in Lobberich soll laut Konzept des Gutachters aufgegeben werden.

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