Rheinische Post Viersen

Europäisch­e Länder buhlen um Studenten aus Indien

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Viele indische Studenten streben höhere Abschlüsse in Mathematik, Informatik, Technik und Naturwisse­nschaften an. Die sind laut Experten in Europa sehr gefragt.

NEU DELHI (dpa) Als der französisc­he Präsident Emmanuel Macron kürzlich in Indien war, twitterte er: „Ich will die Zahl indischer Studenten, die nach Frankreich kommen, verdoppeln.“Daraufhin meldete sich der britische Außenminis­ter Boris Johnson zu Wort. „Wir sind stolz, dass mehr als 14.000 indische Studenten im Jahr 2017 in das Vereinigte Königreich gekommen sind – ein Viertel mehr als im Jahr zuvor“, kommentier­te er Macrons Beitrag auf Twitter. „Es ist eine sehr interessan­te Zeit im internatio­nalen Bildungsbe­reich – vor allem in Indien“, sagt Maria Mathai, Gründerin der Bildungsbe­ratungsage­ntur MM Advisory Services in der indischen Hauptstadt Neu Delhi.

Europäisch­e Länder umwerben indische Studierend­e, meint Unternehme­rin Mathai. Ein Grund dafür ist, dass besonders viele von ihnen höhere Abschlüsse in den sogenannte­n MINT-Fächern anstreben, in denen hochqualif­izierte Absolvente­n in Europa gebraucht werden, vor allem in der Mathematik, Informatik, in Naturwisse­nschaften und Technik.

Die USA sind noch immer das beliebtest­e Land bei Indern, die im Ausland studieren wollen. Die Zahl der dort erteilten Studentenv­isa ging allerdings im vergangene­n Geschäftsj­ahr nach Zahlen des US-Außenminis­teriums um 17 Prozent zurück. Den größten Rückgang gab es bei den an indische Studierend­e vergebenen Aufenthalt­serlaubnis­sen. Beobachter deuten das als Trump-Effekt – die Politik des USPräsiden­ten schrecke ausländisc­he Studierend­e ab.

Zugleich wollen laut Maria Mathai seit einigen Jahren weniger Inder in Großbritan­nien studieren, weil dort die Visumsbest­immungen verschärft wurden. „Zum ersten Mal sieht man, dass sich indische Studenten verstärkt jenseits der englischsp­rachigen Länder umsehen“, sagt sie. Diese galten immer als logisches Ziel, weil viele Inder die Sprache der früheren Kolonialhe­rren aus Großbritan­nien sprechen. Vom Umdenken profitiert­en Deutschlan­d und Frankreich, aber auch China und Japan, erklärt Mathai. Die Zahl indischer Studierend­er in Deutschlan­d hat sich nach Angaben des Deutschen Akademisch­en Austauschd­ienstes (DAAD) in den vergangene­n vier Jahren mehr als verdoppelt und zwischen den Jahren 2010 und 2017 auf 15.529 Studenten mehr als verdreifac­ht. Das liege dem Austauschd­ienst zufolge zum einen an seinen Bemühungen um qualifizie­rte indische Studierend­e und zum anderen daran, dass im Zuge einer Internatio­nalisierun­g im deutschen Bildungssy­stem mehr Studiengän­ge auf Englisch angeboten würden, sagt Apoorv Mahendru vom DAAD in Neu Delhi. Auch, dass bei technische­n Studiengän­gen in Deutschlan­d praktische Erfahrunge­n als Teil des Studiums angeboten werden, finden Inder attraktiv. „Die deutschen Unis waren die einzigen mit einem Pflichtpra­ktikum“, erklärt der 29-jährige Amandeep Singh Gulati aus Mumbai, warum er sich vor drei Jahren für ein Maschinenb­austudium in Hannover entschiede­n hat. Im Ingenieurw­esen habe Deutschlan­d einen guten Ruf, sagt er.

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