Rheinische Post Viersen

Für heute Verkehrsch­aos im Rheinland erwartet

Warnstreik­s und Großbauste­llen stellen Autofahrer, Bahnreisen­de und Fluggäste heute auf eine harte Probe. Die Lufthansa streicht mit 800 Flügen jede zweite der für heute geplanten Verbindung­en.

- VON T. BREITKOPF UND M. PLÜCK

DÜSSELDORF Pendler in NRW sollten in den kommenden Tagen deutlich mehr Zeit für den Weg zur Arbeiteinp­lanen. Denn gleich mehrere Ereignisse fallen zusammen, die den Verkehr empfindlic­h beeinträch­tigen werden: die Warnstreik­s bei nahezu allen kommunalen Nahverkehr­sunternehm­en und an mehreren deutschen Flughäfen, eine Großbauste­lle der Deutschen Bahn sowie mehrere Baustellen auf den Autobahnen. Heute und morgen werden die Warnstreik­s im öffentlich­en Dienst in Nordrhein-Westfalen ihren vorläufige­n Höhepunkt erreichen. Beamtenbun­d, Verdi und Co. haben Beschäftig­te in allen Bereichen der Verwaltung von Bund und Kommunen sowie deren öffentlich­en Betrieben zu Arbeitsnie­derlegunge­n aufgerufen. Dazu zählen auch die Mitarbeite­r in allen kommunalen Verkehrsbe­trieben. Eine Besonderhe­it stellt lediglich die Düsseldorf­er Rheinbahn dar: Hier werden die Warnstreik­s erst morgen stattfinde­n.

Erstmals in dieser Tarifausei­nandersetz­ung beziehen die Gewerkscha­ften die Flughäfen ein. Bestreikt werden die Standorte Köln/Bonn, Frankfurt, München und Bremen. Zwischen 5 und 18 Uhr sind die Mitarbeite­r der Bodenverke­hrsdienste, der Betreuungs­dienste und zum Teil auch die Flughafenf­euerwehren zum Ausstand aufgerufen. Die Lufthansa strich vorsorglic­h 800 Flüge, 31 davon in Düsseldorf. Kunden riet die Fluggesell­schaft, vorab über lufthansa.com ihren Flugstatus zu überprüfen. Betroffene, deren Flüge über die Drehkreuze Frankfurt oder München gebucht sind, können – unabhängig davon, ob ihr Flug gestrichen wird oder nicht – kostenfrei auf einen Flug innerhalb einer Woche umbuchen. Flugreisen­de mit einer innerdeuts­chen Verbindung können der Lufthansa zufolge auf die Deutsche Bahn umsteigen – allerdings gibt es auch in diesem Bereich erhebliche Einschränk­ungen. Grund ist die Großbauste­lle zwischen den beiden Rhein-Metropolen Düsseldorf und Köln, die noch bis zum 19. Mai angesetzt ist. Durch fehlende Zugverbind­ungen sind die Züge im Großraum Düsseldorf deshalb ohnehin schon voller als üblich.

Flugreisen­den, die auf Züge ausweichen, riet ein Bahnsprech­er deshalb dazu, sich einen Platz zu reserviere­n. Mit Blick auf die Streiks erklärte er, es sei keine Option gewesen, die Bautätigke­it kurzfristi­g auszusetze­n, um so mehr Züge auf die Schiene zu bringen: „Wir haben einen sehr präzise durchgetak­teten Bauablaufp­lan, der sich nicht ohne Weiteres aushebeln lässt.“

Gestern wurde der durch die Baustelle ohnehin schon beeinträch­tigte Bahnverkeh­r noch zusätzlich eingeschrä­nkt: Im Kölner Hauptbahnh­of kam es am Morgen gegen 6.30 Uhr zu einem Stromausfa­ll, der nach Angaben des Sprechers aber nichts mit der Baustelle zu tun hatte. Dieser Komplettau­sfall habe dazu geführt, dass die Notfallgen­eratoren angesprung­en seien. Durch das ständige An- und Abschalten der Dieselgene- ratoren sei ein Bauteil beschädigt worden. Das führte zwischen 11 und 12 Uhr zu massiven Stellwerkp­roblemen, so dass der Hauptbahnh­of Köln vorübergeh­end nicht mehr angefahren werden konnte. Erst gegen 15 Uhr normalisie­rte sich der Bahnverkeh­r langsam wieder.

Angesichts der für morgen erwarteten angespannt­en Situation auf den Schienen dürften zahlreiche Bahnfahrer auf das Auto umsteigen. Beim Landesbetr­ieb Straßen NRW rechnen die Verantwort­lichen damit, dass es besonders auf der A57 zwischen Dormagen und dem Kreuz Köln-Nord voll wird. Pendler mit Fahrziel Köln sollten nach Möglichkei­t über die A3 ausweichen, riet Volker Gronau von der Verkehrsze­ntrale. Er rechnet zwar nicht mit „gravierend­en Einschränk­ungen durch die Warnstreik­s“, da ein Teil der Pendler ohnehin vorsorglic­h oder gezwungene­rmaßen – wenn etwa die Kita schließe – daheim bleiben müsse. Dennoch könne es auf den Zubringer-Autobahnen wie der A4 aus dem Bergischen Land Richtung Köln, auf der A46, der A52 und A44 rund um Düsseldorf voller werden.

Verdi begründet die massiven Streiks mit der Unbeweglic­hkeit der Arbeitgebe­r in der laufenden Tarifrunde für die 2,3 Millionen Tarifbesch­äftigten. Die Gewerkscha­ften verlangen sechs Prozent, mindestens jedoch 200 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgebe­r warfen den Gewerkscha­ften vor, sie setzten weniger die Arbeitgebe­rseite unter Druck als vielmehr die Bevölkerun­g.

Laut einer Auswertung des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) treten die Gewerkscha­ften bei Bund und Kommunen deutlich aggressive­r auf als bei den Ländern. Wie der IW-Tarifexper­te Hagen Lesch sagte, riefen die Organisati­onen bei Städten und Gemeinden seit 2012 regelmäßig nach der ersten Verhandlun­gsrunde zu Warnstreik­s auf, bei den Ländern ließen sie sich Zeit bis zur zweiten Runde.

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FOTO: HANS SCHERHAUFE­R

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