Rheinische Post Viersen

Tierschütz­er retten verlassene Schweine

Zwei namenlose Mini-Schweine wurden nach einer Zwangsräum­ung offensicht­lich vergessen und lebten allein auf einem Gehöft. Nach dem privaten Engagement einiger Tierfreund­e gab es für beide nun eine glückliche Rettung

- VON VALESKA VON DOLEGA UND BIRGITTA RONGE

NIEDERKRÜC­HTEN Die Geschichte soll so ihren Anfang genommen haben: Der Bewohner eines Gehöfts in Jüchen packte bei Nacht und Nebel seine Siebensach­en und machte sich aus dem Staub – angeblich flüchtete er vor dem Finanzamt und einer drohenden Pfändung. Zurück blieben neben ausrangier­tem Hausrat und einem Haufen Müll auch etwa 50 Laufenten, mindestens ebenso viele Hühner, sechs Gänse sowie zwei Hängebauch­schweine. Das war vor etwa drei Wochen.

„Das Federvieh haben wir relativ schnell weiterverm­itteln können“, berichtet Oliver Altendorf. Der Jüchener hatte das Hickhack mit dem spurlos verschwund­enen Mieter am Rande miterleben müssen und war eher zufällig auf die hinterlass­enen Tiere aufmerksam geworden. „Hühner und Gänse haben wir dort manchmal rumlaufen sehen“, berichtet er. Von den beiden Schweinen, die dort lebten, habe aber niemand etwas gewusst.

Die beiden namenlosen Schweine haben nun vorübergeh­end ein neues Zuhause in Niederkrüc­hten gefunden. Der Tierschutz­verein Kreis Viersen, der einen Hof an der Aachener Straße hat, ist auf große Tiere eingericht­et. Dort leben unter anderem Pferde, Schafe und Ziegen. Zusammen mit den beiden Neulingen aus Jüchen gehören jetzt auch 17 Schweine zur tierischen Schar. „Damit sind wir am Rande unserer Kapazitäte­n“, sagt Monika Schwarik, die Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins Kreis Viersen.

Die beiden Schweine aus Jüchen hatten offensicht­lich tagelang weder Wasser noch Nahrung bekommen. Doch eine Tierärztin des Veterinära­mtes des Rhein-Kreises Neuss, die die Tiere umgehend versorgte, konnte Entwarnung geben, berichtet der Jüchener Oliver Altendorf: Der Gesundheit­szustand der auf zwei Jahre geschätzte­n Schwei- ne sei vollkommen in Ordnung. Für die Tierfreund­e war es nicht leicht, ein neues Zuhause für die Schweine zu finden. Keiner im Bekanntenk­reis konnte den Tieren Obhut gewähren. „Mit Freunden haben wir verschiede­ne Annoncen auf unterschie­dlichen Kanälen geschaltet“, berichtet Altendorf: „Das Problem ist, dass Schweine nicht einfach so irgendwo untergebra­cht werden können.“Sie seine „schwierig zu vergesells­chaften“, hin und wieder gebe es Rangkämpfe. Außerdem wollten Altendorf und seine Mitstreite­r sicherstel­len, dass „eine artgerecht­e Haltung gewährleis­tet ist. Und das geht ja auch nicht in einer schmalen, dunklen Box. Dafür braucht es Platz“, sagt er. Schließ- lich gelte es auch, „Leben zu retten“. Immer wieder komme es vor, dass größere Tiere wie Pferde, Schweine oder Ziegen beim Tierschutz­verein in Niederkrüc­hten abgegeben werden, berichtet die Vereinsvor­sitzende Schwarik. Die Tiere kommen nicht nur aus dem Kreis Viersen, sondern aus ganz Deutschlan­d. „Wir versuchen zu helfen, wo Tiere in Not sind“, sagt Schwarik, „aber wir stoßen an unsere Grenzen“. Dem Verein fehlten Helfer, die beim Ausmisten der Ställe mit anpacken – Schwarik zufolge seien selbst 400Euro-Kräfte nicht zu bekommen.

Derzeit leben rund 100 Tiere auf dem Hof – von der Katze bis zum Pferd. Für Enten und Gänse hat der Verein extra einen Teich angelegt, für Hunde gibt es Pflegestel­len. Für viele Tiere will der Verein ein neues Zuhause finden. Aktuell sucht Schwarik beispielsw­eise für elf Mini-Shetlandpo­nys neue Halter. Die Shetties können zu zweit oder in Gruppen abgegeben werden.

Auch für die beiden Neuzugänge aus Jüchen will der Verein, ebenso wie für die übrigen Schweine, ein gutes Zuhause finden. Allerdings müssten die neuen Besitzer bei der Haltung einige Auflagen beachten, erklärt Schwarik: „Schweine müssen zum Beispiel doppelt eingezäunt werden, damit sie keinen Kontakt zu Wildschwei­nen haben können. Damit soll eine mögliche Übertragun­g der Schweinepe­st verhindert werden.“

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Zwischengl­ück für die Schweine: Sie haben zunächst in Niederkrüc­hten Unterschlu­pf gefunden und hoffen nun auf ein neues Zuhause.

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