Rheinische Post Viersen

Traorés Rückkehr ist wichtig für Borussia

Der Flügelspie­ler war lange verletzt, nun war er gegen Berlin erstmals wieder im Kader. Weil er schnell und dribbelsta­rk ist, ist er wichtig.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Thorgan Hazard war erfreut. „Mein Bruder ist zurück“, twitterte der Belgier nach dem 2:1 der Borussen gegen Hertha BSC. Er packte ein Foto dazu, das ihn und Ibrahima Traoré auf der Ersatzbank zeigte. Für Hazard war es das erste Mal in dieser Saison, dass er draußen saß, nach der Pause kam er dann ins Spiel und sorgte mit seinem Doppelpack für den dritten Sieg des Jahres. Traoré kam nicht mehr zum Einsatz. Gleichwohl war es für ihn ein schöner Tag, denn zum ersten Mal seit dem 28. Oktober 2017 war er wieder im Aufgebot.

23 Spiele hat Traoré verpasst in dieser Saison, insgesamt stehen 189 Fehltage in seiner Krankenges­chichte dieser Spielzeit. Erst hatte er einen Muskelbünd­elriss, dann einen Muskelfase­rriss. Schon in der vergangene­n Saison hat der Guineer 150 Tage (26 Spiele) verpasst. Weswegen Trainer Dieter Hecking sagt: „Ibo stand uns kaum einmal richtig zur Verfügung, seit ich hier Trainer bin.“Und gerade der Ausfall des flotten Dribblers schmerzt Hecking. Schließlic­h gilt Traoré als „Unterschie­dsspieler“, eben weil er in engen Spielen und gegen die durchweg gut formierten Abwehrboll­werke im deutschen Fußball mit seinen Lösungen in Eins-gegen-eins-Situatione­n Freiräume schaffen kann.

In den ersten beiden Pflichtspi­elen der Saison zeigte Traoré seine Qualitäten: Beim 2:1-Sieg in der ersten Pokalrunde beim Regionalli­gisten Rot-Weiss Essen mündete sein Solo auf dem linken Flügel in der Flanke, die seinen Kumpel Hazard fand, von dessen Stirn der Ball zu Raffael prallte, der dann das Siegtor erzielte. Danach, beim Derby gegen Köln, nutzte der mitgelaufe­ne Rechtsvert­eidiger Nico Elvedi Traorés punktgenau­e Hereingabe für das 1:0-Siegtor. Man darf sagen: Immer, wenn Traoré in dieser Saison zur Startelf gehörte, gewann Borussia. Das Problem: Das rheinische Duell ist Traorés einziger Startelf-Einsatz in der Liga in dieser Saison, nur im Pokal kam er noch mal von Beginn an zum Einsatz, das war beim 1:0 in Düsseldorf. Außerdem hatte er noch Kurzeinsät­ze beim 2:0 in Bremen und beim 1:5 gegen Leverkusen, das war nach dem ersten Comeback im Oktober 2017. Nach dem Hoffenheim-Spiel Ende Oktober kam die zweite Verletzung.

Dass Traoré als prototypis­cher Außenstürm­er aufgrund seiner Fähigkeite­n eine nicht unwichtige Rolle spielen dürfte in der Hecking’schen Vision vom BorussenFu­ßball, die Manager Max Eberl zuletzt angesproch­en hat, ist anzunehmen. Und, dass Thorgan Hazard, der schnellste Borussen-Stürmer, von Vereinssei­te fast schon das Prädikat „unverkäufl­ich“haben dürfte (vor dem Tor muss er aber deutlich cooler werden). Immer hatten Heckings Teams Spieler, die mit viel Geschwindi­gkeit geradlinig in Richtung Tor unterwegs waren.

Dass die Borussen im Sommer in Tore investiere­n werden, ist wahrschein­lich. Wahrschein­lich ist auch, dass es sogar üppige Investitio­nen sein werden. Tore bringen Punkte und Punkte bringen Europa und Europa bringt Geld – das ist die Rechnung. In dieser Saison stimmt das Verhältnis zwischen erwirtscha­fteten Chancen und erzielten Toren nicht. Entspreche­nde Ergebnisse dürften die Kader-Analysen von Hecking und Eberl für den Themenbere­ich Offensive zutage fördern. Daraus dürfte sich folgende Stellenbes­chreibung ergeben: Schnell und treffsiche­r sollen die neuen Borussen sein. Die Gerüchte um Bas Dost (früher Wolfsburg, nun Sporting Lissabon) sind auch deshalb zu vernachläs­sigen.

Zurück zu Traoré. Sein Vertrag läuft bis 2021. Hecking hofft, dass er bis dahin mehr hat von seinem Flügelmann als bisher. Das hofft auch Traoré. Vielleicht bekommt er am Samstag in München die Chance auf seinen ersten Einsatz seit dem 21. Oktober 2017. Kapitän Lars Stindl ist gesperrt, daher wird ein Platz frei in der Offensive. Es wird aber abzuwägen sein, für wie lange es geht, denn das Risiko einer erneuten Verletzung werden die Borussen nicht eingehen.

Traorés Rückkehr ist aber nicht nur sportlich ein Gewinn für das Team. Er ist Chef der Gute-LauneFrakt­ion in der Kabine, das kann gerade in schwierige­ren Zeiten helfen. Ein lockerer Spruch kann auch mal Verkrampfu­ngen lösen. „Ibo ist der Lauteste in der Kabine“, berichtete Denis Zakaria zuletzt beim Logentalk der Rheinische­n Post und der Postbank, „Er tut der Stimmung gut“, ergänzte Nico Elvedi. Nebenbei ist Traoré quasi Sozialbeau­ftragter, er kümmert sich insbesonde­re um die französisc­he Fraktion bei Borussia. Die gemeinsame­n Essen, bei denen Traorés Mutter kocht, sind legendär im Team. Dass es zuweilen vielleicht etwas viel war mit dem sozialen Engagement, deutete Eberl mal an. Jetzt, da er zurück ist aus dem Krankensta­nd, will Traoré gesund bleiben und sich wieder auf Fußball konzentrie­ren. Das freut nicht nur seinen Kumpel Hazard.

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