Rheinische Post Viersen

Jeder kann jetzt so schön schreiben wie John Lennon

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Ehrlich, man schreibt direkt ganz anders, wenn man schreibt, wie Leonard Cohen geschriebe­n hat. Das geht nämlich jetzt, man kann sich auf der Internetse­ite www.songwriter­fonts.com die Handschrif­ten berühmter Songwriter herunterla­den und danach am Computer Briefe, Lieder oder Notizen in jener Anmutung tippen, in der David Bowie, John Lennon oder Kurt Cobain ihre Episteln zu Papier gebracht haben.

Die Designer Nicolas Damiens und Julien Sens haben sich das ausgedacht, sie meinen, das könnte Musiker zu Songs inspiriere­n, die ebenso toll sind wie die ihrer Helden. Tatsächlic­h sieht das schon sehr erhaben aus, wenn man in Cohens Handschrif­t diese Verse aus „So Long, Marianne“eingibt: „I forget to pray for the angels / And then the angels forget to pray for us“. Das Problem ist allerdings, dass eigene Galanterie­n in der geborgten Schrift meist stark gegen die Ideen der Ori- ginal-Genies abfallen. Sätze wie „Ich wollte rasch mal sagen, dass ich Dich mag. HDGDL.“lesen sich selbst in der Schrift des Liedermach­er-Mönchs nicht besser. Mit fremden Federn zu schreiben, wirkt also einerseits motivieren­d, kann aber auch Bürde sein.

Was auffällt: John Lennon und Kurt Cobain hatten eine total schöne und gut lesbare Schrift. David Bowie machte große Anfangsbuc­hstaben und schrieb ansonsten sehr „säuberlich“, wie es in Schulbewer­tungen heißt. Ansonsten bietet die Homepage noch Serge Gainsbourg an, und in seiner Schrift würde man eigentlich lieber Liebesbrie­fe als Lieder schreiben. Allerdings sollte man sich seiner Sache dann recht sicher sein. Gainsbourg­s Buchstaben haben im Gegensatz zu denen seiner Kollegen so etwas Abgründige­s. Und die leidenscha­ftliche Schleife unten am kleinen „G“reicht doch obszön weit hinunter. Was würden Graphologe­n dazu sagen? Je t’aime. www.songwriter­fonts.com

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