Rheinische Post Viersen

Baumaßnahm­e sorgt für Kopfschütt­eln

Auf Wunsch des Netzwerks für behinderte Menschen wurde in Leuth ein Bordstein abgesenkt. Doch für Rollstuhlf­ahrer ist der Gehweg zu schmal: Eine Straßenlat­erne und eine Hausecke versperren die Durchfahrt

- VON BIANCA TREFFER

NETTETAL Als Franz Krause in der vorletzten Märzwoche Straßenbau­arbeiten in der Nähe seines Hauses entdeckte, war er neugierig, was an der Ecke Hampoel/Austalsweg in Leuth geschehen würde. Zwei Tage lang war ein Tiefbauunt­ernehmen dort mit dem Bagger bei der Arbeit. Das Ergebnis nun: Der Bordstein ist abgesenkt, statt der üblichen Gehwegplat­ten wurde ein taktiles Leitsystem eingebaut. Krause wunderte sich. Denn die Ecke Hampoel/Austalsweg ist eher ruhig. An anderen, stärker befahrenen Straßen in dem kleinen Dorf wären solche Hilfen inseinen Augen dringender nötig.

Doch er sollte sich noch mehr wundern. „Meine Frau ist mit dem Rollator unterwegs. Da bekommt man ein Auge für Abmessunge­n, ob man irgendwo durchpasst oder nicht“, sagt der Leuther. So fiel ihm auf, dass die Laterne, die unmittelba­r hinter der Absenkung steht, sich recht nah an der Hauswand befindet. Zumal der Bürgerstei­g dort schmaler zuläuft und auch zwischen Laterne und Fahrbahn nicht zu nutzen ist, wenn man sich mit einem Hilfsmitte­l fortbewegt.

Krause griff zum Zollstock und stellte fest: Knapp 70 Zentimeter liegen zwischen Hauswand und Laterne. Viel zu eng, um dort mit einem Rollstuhl durchzufah­ren. Hinzu kommt, dass kurz dahinter die Ecke des Hauses weit in den Bürgerstei­g hineinragt – und diesen dadurch erheblich verengt. Wer hier mit dem Rollstuhl unterwegs ist, stürzt unweigerli­ch in Richtung Straße ab. „Ich frage mich, was diese Absenkung soll“, sagt Krause. „Sollen die Laterne entfernt und das Haus abgerissen werden, damit Rollstuhlf­ahrer diese Absenkung sinnvoll nutzen können? Diese Umbaumaßna­hme an dieser Stelle bringt doch überhaupt nichts. Hier sind Steuergeld­er verschwend­et worden.“

Mit seiner Meinung steht Krause nicht allein da. Auch Nachbarn und weitere Anwohner schütteln den Kopf über die Baumaßnahm­e. Bei der Stadt Nettetal lässt indes das Tiefbauamt verlauten, dass die Maßnahme auf Wunsch des Netzwerks für behinderte Menschen umgesetzt wurde. „Wir wollen nach und nach neuralgisc­he Punkte in Nettetal entspreche­nd umändern“, heißt es vom Tiefbauamt. Dafür ar- beite man mit dem Netzwerk zusammen. Im vorliegend­en Fall habe die Stadt für die Arbeiten eine Fremdfirma beauftragt. Mitarbeite­r des Tiefbauamt­s seien aber vor Ort gewesen – die Engstelle sei niemandem aufgefalle­n. Und die Laterne solle versetzt werden.

Für eine Versetzung der Laterne wären die Stadtwerke Nettetal zuständig. Diese haben dafür aber bislang keinen Auftrag von der Stadt erhalten, wie sich auf Nachfrage unserer Redaktion herausstel­lte. Auch die Tatsache, dass die Hausecke so weit in den Bürgerstei­g hineinragt und er dadurch so schmal wird, sieht man im Tiefbauamt locker: Das könne irgendwann einmal geändert werden, wenn der Kreis Viersen die Straße umbaue. Doch auch dazu gibt es bislang keine Pläne.

„Wir waren mit dem Nettebetri­eb, dem Sozialamt, der ehrenamtli­chen Behinderte­nbeauftrag­ten und einem Rollstuhlf­ahrer vor Ort und haben uns alles angesehen“, sagt die Sachgebiet­sleiterin des Sozialamts der Stadt. „Irgendwo müssen wir anfangen, Barrieren abzubauen, und wir haben uns für diese Stelle entschiede­n. Hier macht es Sinn.“Dass es in diesem Fall Barrieren gibt, die eine Nutzung des abgesenkte­n Bordsteins für Rollstuhlf­ahrer erschweren, scheint dabei niemandem aufgefalle­n zu sein.

Die ehrenamtli­che Behinderte­nbeauftrag­te der Stadt, Dagmar Tohang, war für ein Gespräch nicht zu erreichen. Sie besuchte aber am Montag mit fünf städtische­n Mitarbeite­rn die Ecke Hampoel/Austalsweg, um sich vor Ort ein Bild zu machen. „Die sechs Personen haben mit Zollstöcke­n hin und her gemessen und sind dann zu der Auffassung gekommen, dass dort kein Rollstuhlf­ahrer fahren kann“, berichtet Krause, der die Aktion mit Kopfschütt­eln verfolgte.

 ?? RP-FOTO: KNAPPE ?? An der Ecke Hampoel/Austalsweg wurde der Bordstein abgesenkt, damit der Gehweg für Rollstuhlf­ahrer besser nutzbar ist. Allerdings ist durch Hausecke und Laterne der Gehweg sehr schmal. Franz Krause hat nachgemess­en.
RP-FOTO: KNAPPE An der Ecke Hampoel/Austalsweg wurde der Bordstein abgesenkt, damit der Gehweg für Rollstuhlf­ahrer besser nutzbar ist. Allerdings ist durch Hausecke und Laterne der Gehweg sehr schmal. Franz Krause hat nachgemess­en.

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