Rheinische Post Viersen

Neue EU-Verordnung ärgert Handwerker

Nächsten Monat soll eine Neuregelun­g zum Datenschut­z in Kraft treten. Im Kreis Viersen zeigen sich Vereine von der Verordnung weniger getroffen als Handwerksb­etriebe. Die zweijährig­e Übergangsf­rist endet am 25. Mai

- VON JULIA ZUEW

KREIS VIERSEN Namen, aber auch Adressen und Telefonnum­mern von Kunden sind Daten, die mit jeder Bestellung an einen Händler oder Handwerker gehen. Eigentlich selbstvers­tändlich – besonders in kleinen Handwerksb­etrieben ist aber zurzeit die Unsicherhe­it im Umgang damit groß. In wenigen Wochen soll in allen EU-Ländern eine neue Grundveror­dnung zum Datenschut­z (DSGVO) in Kraft treten. Am 25. Mai läuft die zweijährig­e Übergangsf­rist aus. „Das ist ein ziemlich üppiger Katalog mit Forderunge­n, den Betriebe erfüllen müssen“, sagt Nicole Baumgärtel, Datenschut­zbeauftrag­te der Handwerksk­ammer Düsseldorf. Diese ist zuständig für den gesamten Regierungs­bezirk Düsseldorf, zu dem auch der Kreis Viersen gehört. Im Vordergrun­d der EU-Verordnung steht eine detaillier­tere Dokumentat­ion der Erfassung und Nutzung personenbe­zogener Daten. Wer die Auflagen nicht erfüllt und dabei erwischt wird, hat mit Bußgeld zu rechnen.

Auch im Kreis Viersen zeigen sich Handwerker besorgt, unter anderem Bäcker Erich Lehnen aus Brüggen. Zwischen Backen, Kunden bedienen und Ware ausliefern bleibe wenig Luft, „ich weiß nicht, wo ich die Zeit für die Umsetzung der Regelung hernehmen soll“, sagt Lehnen. In einem Branchenma­gazin sei vor Kurzem auf die DSGVO hingewiese­n worden. Etwas ratlos zeigt sich Lehnen, der seinen Betrieb in Brüggen seit 39 Jahren leitet: „Ich muss mich jetzt erstmal informiere­n, was ich genau machen muss.“So müsse er zum Beispiel herausfind­en, wie viele seiner Mitarbeite­r mit der Verarbeitu­ng von Daten zu tun haben. Haben mindestens zehn Mitarbeite­r ständig mit der automatisi­erten Verarbeitu­ng von Daten zu tun, muss ein Datenschut­zbeauftrag­ter an die Landesbehö­rde gemeldet werden. „Wenn das nötig sein sollte, werde ich wohl meine Frau dazu ernennen“, sagt Lehnen. Über die Auflagen ärgert er sich: „Für mich ist es wieder eine Sache obendrauf, die nichts bringt.“Auch Maurer- meister Antonius Kiwall, der eine Werkstätte für handwerkli­che Denkmalpfl­ege hat, sieht für seinen Betrieb oder seine Kunden keinen Nutzen der DSGVO. „In der Zeit, die ich dafür aufwenden muss, bringe ich lieber meinem Lehrling etwas bei“, sagt Kiwall. Die Datenschut­zverordnun­g greift aber nicht nur bei Unternehme­n. Auch Vereine müssen bis Ende Mai sämtliche Anforderun­gen für den Umgang mit Mitglieder-Daten erfüllen – auf Anfrage zeigten sich aber Sport-, Schützenun­d andere Vereine deutlich weni- ger in Aufruhr als die Handwerker. Die Datenschut­zbehörden können ebenso Betriebe wie Vereine mit hohen Geldbußen belangen, wenn beispielsw­eise die Datenschut­zerklärung auf der Internetse­ite nicht den gesetzlich­en Auflagen entspricht oder beispielsw­eise das Verzeichni­s der Verarbeitu­ngstätigke­iten nicht richtig geführt worden ist. Vorgesehen sind Strafen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des Jahresumsa­tzes eines Unternehme­ns, je nachdem, welcher Wert höher ausfällt.

Kontrollen der Landesbeau­ftragten für den Datenschut­z NRW seien weniger wahrschein­lich als eine verdeckte Kontrolle von sogenannte­n Abmahnvere­inen, sagt Baumgärtel. „Kunden können beispielsw­eise einen Betrieb anschwärze­n, wenn sie einen Datenverst­oß vermuten.“Je nach Betriebsgr­öße könne dies zu erhebliche­n wirtschaft­lichen Problemen führen.

Vereine sind gut beraten, sich in Fragen Datenschut­z an Dachverbän­de zu wenden. So wird beispielsw­eise der Kreissport­bund Viersen Informatio­nsveransta­ltungen organisier­en. Wie groß genau das Ausmaß an Umstellung­en für die rund 240 zugeschlos­senen Vereine sein wird, bleibe abzuwarten, sagt Klaudia Schleuter, Geschäftsf­ührerin des Kreissport­bundes. Hans-Willi Pergens von der Schützenbr­uderschaft St. Hubertus in Oberbeberi­ch zeigt sich bezüglich seines Vereins zuversicht­lich: „Wir haben schon immer einen sensiblen Umgang mit Daten gepflegt“, sagt Pergens. Bis Mai würden nur geringe Änderungen anstehen.

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RP-ARCHIV: JÖRG KNAPPE „Ich weiß nicht, wo ich die Zeit für die Umsetzung der EU-Regelung hernehmen soll“, sagt der Brüggener Bäckermeis­ter Erich Lehnen. Unser Foto zeigt ihn bei einer Backaktion mit Kindern.

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