Ein Gladbacher mit Symbolwert
Jonas Hofmann war in München auffällig – im Guten wie im Schlechten. Der Trainer hält große Stücke auf ihn.
MÖNCHENGLADBACH München war seine achte Chance in dieser Saison. Nicht vor dem gegnerischen Tor, sondern um sich von Beginn an zu zeigen. 65 Minuten durfte Jonas Hofmann das tun. Als er vom Platz ging und Platz machte für Vincenzo Grifo, stand es 1:3 aus Gladbacher Sicht. Von der Bank aus musste er dabei zusehen, wie aus dem 1:3 gegen die Bayern noch ein 1:5 wurde. Als Borussia 1986 zuletzt so hoch verlor gegen den Rekordmeister, wurde er an jenem Tag erst zum Rekordmeister durch den neunten Titelgewinn.
„Ohne jeglichen Grund haben wir das Fußballspielen eingestellt und sind nicht mehr vorne draufgegangen“, sagte Hofmann nachher genauso ratlos wie seine Kollegen. Dabei konnten, wenn überhaupt, ja nur diejenigen eine echte Erklärung liefern, die nach zwölf Minuten in die passive Dauerrolle geschlüpft waren – kollektives Nebensichstehen. Wie so oft hatte Hofmanns Auftritt Symbolwert, im Guten wie im Schlechten. Er war es, der Josip Drmic auf die Reise zum zwischenzeitlichen 1:0 für Borussia schickte. Er war es, der mit einem derart missglückten Befreiungsschlag das 1:2 mit einleitete, über dessen Entstehung Max Eberl ganz besonders fluchte.
Es ist nicht Hofmanns Saison, womit er – gerade auf der Flügelposition – kein Einzelfall in Gladbach ist. Aber seit seinem Wechsel in der Winterpause 2015/2016 hat es auch keine richtige Zeit gegeben, die ihm gehörte. Lars Stindl und Thorgan Hazard wurden mit ihren Minuten ohne Torerfolg konfrontiert, länger als Hofmann warten von allen Gladbachern, die schon einmal in der Bundesliga getroffen haben, nur Tony Jantschke und Tobias Strobl länger. Vor 2491 Spielminuten war Hofmann für Borussia Dortmund in der Liga erfolgreich – es war der Tag, an dem Lucien Favre in Gladbach seinen Rücktritt erklärte. „Ich habe tatsächlich Videos zu Hause mit Toren, die ich gemacht habe. Ich schaue mir die Tore an, um ein gutes Gefühl zu bekommen, um Kraft zu schöpfen“, sagte Hofmann Anfang Februar. „Dummerweise ist das Video nicht allzu lang.“
In Trainer Hecking hat der 25-Jährige dennoch einen großen Fürsprecher. Vergangene Woche bescheinigte er Hofmann im Interview mit unserer Redaktion „herausragende Qualitäten“. Doch was muss passieren, damit er die auf den Rasen bringt? „Ich versuche, ihm den Druck zu nehmen“, erklärte Hecking. „Wenn ich sehe, mit welchem Tempo der in die Tiefe geht – manchmal verpuffen die Aktionen, weil der Mitspieler den Laufweg gar nicht sieht.“So aber ist Hofmann wohl einer der Borussen mit dem größten ungenutzten Potenzial.
Bei seinen beiden Startelf-Einsätzen in der Hinrunde – in Leipzig und Hoffenheim – verletzte sich Hofmann jeweils. In der Rückrunde bekam er seine ersten Chancen in Stuttgart und gegen Dortmund, bei- de Male verlor Gladbach 0:1, gegen den BVB immerhin nach einer guten Leistung. Es folgte der 1:0-Sieg gegen Hannover, das 2:2 gegen Bremen, danach saß Hofmann erst einmal auf der Bank. In Leverkusen hätte es die Kombination mit Drmic beinahe schon einmal gegeben, dort vergab der Schweizer noch eine gute Chance. Gegen Hoffenheim mimte Hofmann ausnahmsweise einen Achter im 3-1-4-2, wieder war alles dabei, wodurch sich sowohl Kritiker als auch Befürworter des gebürtigen Heidelbergers bestätigt fühlen durften.