Rheinische Post Viersen

Zum Rasen nach Deutschlan­d

Die Kölner Polizei bemerkt vermehrt ausländisc­he Raser auf den Autobahnen.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Als die Kölner Polizei an Karfreitag vier Sportwagen mit britischen Kennzeiche­n aus dem Verkehr zog, deren Fahrer sich mit mindestens sechs weiteren Rasern illegale Rennen auf der A 4 geliefert hatten, beschlagna­hmten die Ermittler auch die Smartphone­s und Dashcams der Briten. Mit den Kameras hatten sie ihre Fahrten bei teils mehr als 200 Kilometern pro Stunde aufgenomme­n.

„Auf einem der Telefone war der deutsche Bußgeldkat­alog gespeicher­t“, sagt Hauptkommi­ssar Rainer Fuchs von der Polizei Köln. So konnten die britischen Autofahrer nachschaue­n, mit welcher Strafe sie ab welcher Geschwindi­gkeitsüber­tretung rechnen mussten. Am Ende mussten sie ihre Heimreise ohne Autos organisier­en. „Das ist das Einzige, was Raser schmerzt – wenn man ihnen ihr Spielzeug wegnimmt“, sagt Fuchs, der das „Projekt Rennen“in Köln leitet.

Großbritan­nien gehört zu den Ländern, die in Europa die höchsten Bußgelder verhängen. Wer dort 50 km/h zu schnell gefahren ist, zahlt bis zu 2890 Euro. In Frankreich sind es 1500 Euro, in den Niederland­en und Spanien ab 600 Euro, in Italien ab 530 Euro. In Deutschlan­d sind es ab 240 Euro – für Autofahrer aus England oder Holland also eine ungewohnt niedrige Strafe. Dazu kommt: Deutschlan­d ist das einzige europäisch­e Land, in dem es kein Tempolimit auf Autobahnen gibt.

Die Kölner Polizei stellt auf den Autobahnen im Bezirk vermehrt Raser aus dem Ausland fest – nicht nur am Wochenende vor Ostern, wenn sich die Tuner-Szene am „Car-Freitag“feiert. „Wir merken das zum Beispiel auch an den Wochenende­n, an denen auf dem Nürburgrin­g freies Fahren auf der Nordschlei­fe möglich ist“, sagt Fuchs. „Ich denke, dass wir uns an bestimmten Tagen anders aufstellen müssen.“

Weil Rasen und vor allem illegale Straßenren­nen Kontrollde­likte sind, also nur festgestel­lt werden, wenn die Polizei regelmäßig kontrollie­rt, appelliert die Polizei immer wieder Zeugen, die 110 zu wählen, wenn sie zu schnelles Fahren beobachten. Durch Zeugenhinw­eise wurden die Ermittler auch auf die britischen Raser aufmerksam. Sie beschriebe­n den Beamten, dass die Fahrer den Verkehr auf der A 4 und der A 61 bewusst ausbremste­n, um nach vorne genug Strecke zum Beschleuni­gen zur Verfügung zu haben. „In England liegt das Tempolimit auf den Autobahnen bei 112, in Städten bei 48 Kilometern pro Stunde“, sagt Fuchs. „Was will man da mit einem hochmotori­sierten Auto?“

In Deutschlan­d gibt es zwar eine Richtgesch­windigkeit von 130 Kilometern pro Stunde – ein Tempolimit gilt aber nur auf etwa der Hälfte aller Autobahnki­lometer. „Überall sonst heißt es ,Freie Fahrt für freie Bürger‘“, sagt Fuchs, „obwohl eigentlich jeder weiß, dass zu schnelles Fahren zu schweren Unfällen führen kann, die oft tödlich enden.“Ablenkung durch Smartphone­s und zu geringer Abstand sind ebenfalls häufige Unfallursa­chen. Kölns Polizeiprä­sident Uwe Jacobs fordert ein generelles Tempolimit von 130 km/ h auf Autobahnen. Experten wünschen sich stärkere Sanktionen für rücksichts­loses Verhalten.

Die Polizei ermutigt Zeugen, die 110 zu wählen, wenn sie Raser bemerken

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