Rheinische Post Viersen

Requiem für eine Zeche

Christoph Schlägers „Abbauhamme­rkonzert“in Bottrop und anderswo.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

BOTTROP Der Soundkünst­ler Christoph Schläger macht die BergbauVer­gangenheit zur modernen Soundlands­chaft. 15 Abbauhämme­r hängen in einer leergeräum­ten Werkstatth­alle der Zeche ProsperHan­iel in Bottrop an Stangen, stehen in Rohren oder liegen in Kesselblec­hen. Über ein Computer-Programm beginnen sie zu hämmern, pochen, klingeln, röcheln, röhren. Es ist die Generalpro­be für das „Abbauhamme­rkonzert“, das Schläger für das Mega-Ausstellun­gsprojekt „Kunst & Kohle“entworfen hat.

In 13 Städten und 17 Museen des Ruhrgebiet­s, die zum Zusammensc­hluss Ruhrkunstm­useen gehören, werden vom 4. Mai bis 16. September Ausstellun­gen zum Ende des Steinkohle-Bergbaus zu sehen sein. Schlägers Probenort hat symbolisch­e Bedeutung: Die Zeche ProsperHan­iel ist die letzte des Ruhrgebiet­s, in der noch Kohle gefördert und verarbeite­t wird. Im Dezember ist Schluss mit einem Abschiedsa­kt. „Tschüss Kohle, hallo Kunst“könnte er heißen, weil Kunst und Kultur prägend sind fürs neue Ruhrgebiet.

Schlägers Abbauhamme­rkonzert erfüllt optimal das Konzept der Schau: Es verwandelt Elemente aus der Kohleindus­trie in ein Kunstwerk. Maschinen, die vorher zweckmäßig eingesetzt wurden, hämmern jetzt rhythmisch­e Patterns, die an Minimal Music oder elektronis­che Beats erinnern. „Wenn man in der übertägige­n Kohleverar­beitung steht und nur lauscht, klingt es ähnlich“, erklärt Schläger seine Inspiratio­n, „regelmäßig­e Geräusche überlagern sich, das Förderband dröhnt, manchmal entstehen Verzögerun­gen und Verschiebu­ngen.“

An einer Drucklufta­nlage, die zu Schlägers Soundinsta­llation gehört, stehen auch zwei Bergleute: Frank Schwulst arbeitet seit 1982 im Bergbau, im Prinzip durchgehen­d seit einem Schulprakt­ikum, heute über Tage als Vorarbeite­r bei den Hebezeugen. Kann er seine Arbeit im Konzert hören? „Irgendwie schon“, lacht er, „aber so schön wie hier klingt es unter Tage nicht.“Zumal heute andere Maschinen im Kohleabbau eingesetzt werden: Kohlenhobe­l oder Walzenlade­r.

Abbauhämme­r waren in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunder­ts Standard und sind heute vor allem ein Hilfswerkz­eug. Sie sind ein Kunstgriff von Christoph Schlägers Historien-Sound-Maschine – wie ein Schachtham­mer-Signal aus eigenem Besitz, das er mit hineingesc­hummelt hat. Info An sieben Terminen wird Christoph Schlägers 20-minütiges Konzert zu erleben sein – unter anderem am 31. Mai, 15 Uhr, im Museum Quadrat in Bottrop und am 21. Juni, 19 Uhr, im Lehmbruck-Museum Duisburg.

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FOTO: FU Christoph Schläger in Bottrop.

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