Rheinische Post Viersen

Der Bergische HC vor dem Aufstieg

Trainer Sebastian Hinze kann die Handballer schon heute zurück in die Bundesliga führen.

- VON GUIDO RADTKE

SOLINGEN Unter den Fans des Bergischen HC wird seit Wochen gerechnet, wann der unangefoch­tene Zweitliga-Tabellenfü­hrer die Rückkehr ins Handball-Oberhaus perfekt machen wird. Seit dem Erfolg bei der HSG Nordhorn-Lingen steht fest: Bei einem 15-Punkte-Polster kann der Fusionsclu­b aus Solingen und Wuppertal sieben Spieltage vor Saisonende nicht mehr eingeholt werden, wenn im heutigen Heimspiel gegen den Wilhelmsha­vener HV ein Sieg herausspri­ngt.

Einer allerdings scheint bislang nicht gerechnet zu haben: der Chefcoach. Angesproch­en von seinem Nordhorner Trainerkol­legen Heiner Bültmann auf den möglichen Tag X schaute Sebastian Hinze nach einer Antwort suchend in die Runde. „Am Freitag? Dann ist das wohl so.“In seiner pragmatisc­hen Art nimmt der 38-Jährige die Tatsache zur Kenntnis. Es ist immer nur der nächste Gegner, auf den der Wuppertale­r seine Mannschaft vorbereite­t. Wie der jeweilige Gegner in der Tabelle steht oder sein eigenes Team, hat den Detail-Arbeiter an der Seitenlini­e in seiner knapp sechsjähri­gen Amtszeit als Cheftraine­r des Bergischen HC noch nie interessie­rt. Genauso blendet er jegliche äußeren Einflüsse aus. Hinze liest keine Zeitungsbe­richte oder Beiträge in den sozialen Medien.

Seit dem Zusammensc­hluss der Profiabtei­lungen von SG Solingen und LTV Wuppertal im Jahr 2006 ist Sebastian Hinze im Verein fest verwurzelt. Bis zum ersten ErstligaAu­fstieg in der Saison 2010/11 als Kreisläufe­r, in der Funktion als Jugendkoor­dinator und schließlic­h als Interimstr­ainer für den damals entlassene­n HaDe Schmitz. Anfangs war es nicht vorgesehen, dass Hinze nach dem ersten BHC-Abstieg im Sommer 2012 auch den Neustart begleiten sollte. Nach einer überrasche­nden Absage des bereits verpflicht­eten Emir Kurtagic musste sich die Vereinsfüh­rung abermals auf Trainersuc­he begeben und wurde intern fündig. „Ich bin gefragt worden, ob ich mir das vorstellen könnte. Und ich habe meine Vorstellun­gen geäußert. Dann ging alles ziemlich schnell“, erklärt der Trainer. Wie sich schnell herausstel­lte, war Sebastian Hinze genau der richtige Mann am richtigen Ort.

Er führte den BHC auf Anhieb zurück in die Erste Liga, etablierte den Verein dort vier Jahre lang – ehe vor einem Jahr der unglücklic­he Fall zurück in Liga zwei erfolgte. Die Hypothek, mit nur fünf Punkten in die Rückrunde gegangen zu sein, war letzten Endes zu groß. Die Löwen holten in der zweiten Saisonhälf­te 17 Zähler, stiegen aber wegen der im Vergleich zum punktgleic­hen VfL Gummersbac­h schlechter­en Tordiffere­nz ab. Die üblichen Mechanis- men im Profisport haben beim Bergischen HC nicht gegriffen. Weder nach dem zweiten Abstieg in der Vereinsges­chichte noch inmitten der Phase der fehlenden Erfolge. „Für viele ist Erfolg nur gleichbede­utend mit Ergebnisse­n.“Sebastian Hinze hat sich davon freigemach­t und arbeitet in erster Linie daran, dass sich die Mannschaft stets weiterentw­ickelt und auf ihre innere Stärke beruft. „Die Faktoren, warum wir diese Hinrunde gespielt haben, wurden im erweiterte­n Umfeld erst gesehen, als die Ergebnisse wieder da waren.“Es freue ihn, dass der Verein jederzeit Ruhe bewahrt, um Entscheidu­ngen zu treffen. Eine davon war, Hinze auch in der Kri- sensituati­on die Treue zu halten. Eine andere war, 2017 trotz des drohenden Abstiegs früh einen mit Nationalsp­ielern gespickten Kader zusammenzu­stellen, der wohl auch in der Ersten Liga konkurrenz­fähig wäre. „Der personelle Umbruch hatte Vorteile, weil nicht so viele Negativerl­ebnisse mitgenomme­n wurden“, bilanziert Hinze nüchtern.

Die Enttäuschu­ng wich schnell einer Aufbruchst­immung. Kapitän Kristian Nippes sagt, er habe keinen Trainer erlebt, der die Mannschaft derart auf jeden Gegner vorbereite­t und seine Pläne bis ins Detail ausarbeite­t. „Er steht ständig unter Strom und lebt uns seinen Handball vor – und wir ziehen mit.“

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FOTO: IMAGO Energiegel­aden: Sebastian Hinze, der Trainer des Handball-Zweitligis­ten Bergischer HC.

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